Grundlegendes zur betriebsbedingten Kündigung

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Leider steht in den kommenden Jahren eine nicht unerhebliche Kündigungswelle zu befürchten. Viele deutsche Großunternehmen planen für die nahe Zukunft einen Stellenabbau oder führen ihn sogar bereits durch.

Ein paar Zahlen aus der Wirtschaft verdeutlichen den Umfang der zu befürchtenden Kündigungswelle:

Bayer baut 4.500 Stellen ab, VW insgesamt 23.000, Opel 2.000, Audi 13.500 und Siemens 2.900 Stellen deutschlandweit. 

Sind diese Zahlen allein genommen schon besorgniserregend, so steht zusätzlich zu befürchten, dass diese Welle auch auf zahlreiche mittelständische Unternehmen – beispielsweise aus der Zulieferindustrie überschwappen wird.

Angesichts dieser Situation möchte ich einen kurzen Überblick zum Thema "Betriebsbedingte Kündigung" geben, also über solche, die in den Bereich der sog. ordentlichen Kündigungen einzustufen sind und weder verhaltens- noch personenbezogen sind, sondern sich ausschließlich auf Faktoren beziehen, die eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers – zumeist aus wirtschaftlichen Gründen – unmöglich erscheinen lassen.

Natürlich kann dies hier in der hier gebotenen Kürze nur einen generellen Überblick verschaffen und soll lediglich dazu dienen, dem Betroffenen erste Verhaltensregeln an die Hand zu geben, da diese Situation selbstverständlich Ängste auslöst, aber eben dennoch seitens des Gesetzgebers verbindliche Verhaltensregeln und vor allem Fristen vorschreibt, die wesentlichen Einfluss auf das gesamte Verfahren haben.

Wie bereits erwähnt, muss der Arbeitgeber zur Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung Gründe vortragen, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Vorausgesetzt wird allerdings, dass es sich nicht um einen sog. Kleinbetrieb handelt, also regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden, und die sechsmonatige Wartepflicht abgelaufen ist.

Im Falle einer solchen Kündigung muss der Arbeitgeber also plausibel vortragen, dass der betreffende Arbeitsplatz weggefallen ist und auch nicht etwa durch Mehrleistung der verbliebenen Arbeitnehmer über ihre bisherigen vertraglichen Pflichten hinaus "wegrationalisiert" werden soll.

Ferner muss der Arbeitgeber belegen, dass eine Weiterbeschäftigung des Betroffenen an einer anderen Position im Unternehmen ebenfalls nicht möglich ist.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass auch die sog. Sozialauswahl innerhalb der Belegschaft richtig getroffen wurde und somit also nicht unrechtmäßig zu Lasten des Gekündigten ausgefallen ist.

Bezüglich einer ordnungsgemäßen und damit wirksamen Sozialauswahl hat der Arbeitgeber die Schutzwürdigkeit des betroffenen Arbeitnehmers zu prüfen. Hierbei sind zum Beispiel die Dauer der Betriebszugehörigkeit, etwaige Unterhaltspflichten bzw. Behinderungen des Arbeitnehmers sowie sein Lebensalter zu beachten und mit den Daten übrigen Mitarbeiter zu vergleichen. Erst wenn der Arbeitgeber rechtmäßig zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betroffene weniger oder zumindest nicht stärker schutzwürdig ist als die verbleibenden Arbeitnehmer, kann die Kündigung überhaupt wirksam sein.

Genau an diesem Punkt kann in der Praxis häufig angesetzt werden, da Arbeitgeber in einer solchen Situation naturgemäß versuchen, sich eines ungeliebten Arbeitnehmers zu entledigen und nicht – wie gesetzlich gefordert – eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchführen.

Wie man an diesem Anforderungskatalog ersehen kann, ist die betriebsbedingte Kündigung insgesamt an einige unabdingbare Voraussetzungen gebunden, die einen Missbrauch seitens des Arbeitgebers weitestgehend ausschließen sollen, was in der Praxis auch regelmäßig der Fall ist.

Was kann jedoch der betriebsbedingt gekündigte Arbeitnehmer tun, wenn er dennoch betroffen ist?

Zunächst mal muss er bzw. sie tätig werden, und das sogar relativ schnell, da hier vom Gesetzgeber relativ enge Fristen gesetzt werden, die zudem auch nicht abdingbar sind.

Will sich der Betroffene gegen eine betriebsbedingte Kündigung – wie übrigens gegen alle Formen der ordentlichen Kündigung – wehren, so muss er unbedingt innerhalb von drei Wochen nach deren Erhalt eine sog. Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben, andernfalls sogar eine sachlich tatsächlich fehlerhafte Kündigung vollständig wirksam wird. Rechtsmittel dagegen sind also nach Ablauf der Frist grundsätzlich ausgeschlossen.

Angesichts der auch bei einem Rechtsanwalt noch notwendigen Bearbeitungszeit ist also sofortiges Handeln oberstes Gebot.

Der beauftragte Anwalt wird notfalls die Klage zunächst nur fristwahrend, d. h. vorerst ohne nähere Begründung, einreichen, um den Rechtsweg seines Mandanten offen zu halten und die Begründung im Laufe des Verfahrens nachreichen.

Des Weiteren wird er prüfen, ob der Kündigung tatsächlich eine nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung zugrunde liegt, die einer richterlichen Überprüfung standhält, auch wenn diese Beweggründe seitens des Gerichtes nur bedingt der Beurteilung zu unterziehen sind. Geprüft werden darf in diesem Zusammenhang lediglich, ob diese unsachlich oder unvernünftig sind.

Hilfreich kann selbstverständlich auch sein, die tatsächliche Situation des Unternehmens anhand etwaiger Stellenangebote oder anderer betrieblicher Faktoren zu eruieren. Entsprechende Informationen kann der Betroffene vielfach auch selbst im Internet zusammentragen.

Hinsichtlich der Sozialauswahl kann und wird der beauftragte Rechtsanwalt gerichtlich deren Rechtmäßigkeit bestreiten, was wiederum zur Folge hat, dass der Arbeitgeber dann seine Entscheidung nachvollziehbar begründen muss.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass betriebsbedingte Kündigungen in der Praxis häufig einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten, da sie in nicht seltenen Fällen dazu missbraucht werden, sich seitens des Arbeitgebers "unbequemer" Mitarbeiter zu entledigen, um danach den Arbeitsplatz mit einem anderen Arbeitnehmer neu zu besetzen.

Meist lohnt es sich daher, sich gegen eine solche Entscheidung zu erwehren und sei es auch nur, um im Wege einer gütlichen Einigung vor Gericht wenigstens eine entsprechende Abfindungszahlung zu erreichen, falls das Arbeitsverhältnis so zerrüttet ist, dass auch dem Arbeitnehmer eine Fortsetzung nicht mehr erstrebenswert erscheinen sollte.

Abschließend weise ich noch auf die Tatsache hin, dass für Arbeitnehmer der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung, die auch arbeitsrechtliche Streitigkeiten umfasst, immer sinnvoll ist, da im erstinstanzlichen Verfahren vor den Arbeitsgerichten grundsätzlich jede Partei ihre eigenen Kosten unabhängig vom Ausgang stets selbst zu tragen hat.

Ich hoffe, mit diesem kleinen Beitrag einen kleinen Leitfaden an die Hand gegeben zu haben und stehe für etwaige arbeitsrechtliche Streitigkeiten aller Art immer gerne zur Verfügung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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