Häufige Konflikte im Wohnungseigentumsrecht in Spanien: Die Verletzung des Gemeinschaftseigentums

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Aufgrund der einsitigen, von einzelnen Eigentümern vorgenommenen Änderungen an Gemeinschaftselementen, d.h. ohne jegliche Genehmigung der Eigentümergemeinschaft, kommt es häufig zu Konflikten. In diesem Zusammenhang hatte der Oberste Gerichtshof Spaniens in einem aktuellen Fall (Tribunal Supremo, Sección 1ª, Urteil vom 17. Oktober 2023), noch einmal Gelegenheit aufzuzeigen, was erlaubt und was verboten ist, sowie wo die Grenzen verlaufen. 


Entscheidung der ersten Instanz

 
Im Ausgangsfall strebte ein Eigentümer an, einen Geschäftsraum in eine Garage zu verwandeln. Zu diesem Zweck musste er Veränderungen an der Fassade vornehmen. Es galt einen Zugang zu schaffen, der breit genug für die Installation eines entsprechenden Garagentors sei. Die hierfür erforderlichen Mauerdurchbrüche betrafen selbstverständlich die Fassade des Gemeinschaftsgebäudes, denn eine Zufahrt in das Innere des Gebäudes bedurfte einer Anpassung der viel zu engen Eingangstüren des ursprünglichen Ladenlokals. Der die Maßnahmen durchführende Eigentümer leitete seine Arbeiten ein, ohne sich zuvor eine Genehmigung durch die Eigentümergemeinschaft erteilen zu lassen. 


Die Gemeinschaft, vertreten durch ihren Präsidenten, reichte daraufhin Klage ein, um eine vorläufige Einstellung der Arbeiten zu erzielen. Der Klage wurde stattgegeben und der betroffene Eigentümer zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt. 


Bestätigung durch das zweitinstanzliche Gericht (Audiencia Provincial)


Der betroffene Eigentümer ging gegen die Entscheidung, vor der Audiencia Provincial von Cádiz, in Berufung. Die Entscheidung des Gerichts erster Instanz wurde allerdings vom Berufungsgericht bestätigt. Dieses betonte, wie wichtig es sei, dass ein Eigentümer für solcherlei Vorhaben zunächst die Genehmigung der Eigentümergemeinschaft einholt, denn um Änderungen an den Gemeinschaftselementen vornehmen zu dürfen, sei zuvor ein positiver Beschluss der Eigentümerversammlung erforderlich. Dies leuchte einerseits bereits dadurch ein, dass einzelne Eigentümer nicht einfach über Gemeinschaftseigentum verfügen dürften, sei andererseits aber auch unabdingbar, wenn die Struktur und Ästhetik eines Gebäudes aufrecht erhalten werden sollen, was regelmäßig immer der Fall sei. 


Die Entscheidung des Tribunal Supremo


Der betroffene Eigentümer argumentierte vor dem Obersten Gerichtshof erneut, dass er seiner Auffassung nach berechtigt sei, die Arbeiten durchzuführen, ohne eine Genehmigung der Gemeinschaft einholen zu müssen, und stützte sich dabei auf folgende drei Hauptargumente: 
Erstens auf eine Auslegung des Gesetzes, wonach solche Änderungen zulässig seien, wenn sie die Sicherheit oder die Struktur des Gebäudes nicht beeinträchtigten; zweitens die Tatsache, dass er für sein Vorhaben zuvor eine behördliche Genehmigung (Baugenehmigung) erhalten hatte; und drittens, dass er der Überzeugung sei, dass die von ihm beabsichtigten Änderungen nur eine unwesentliche Beeinträchtigung bzw. Veränderung der Fassade bedeute würden. 
Der Oberste Gerichtshof wies die Kassationsbeschwerden des Eigentümers allerdings zurück, und bestätigte die herrschende Doktrin, welche den Standpunkt vertritt, dass die Zustimmung der Gemeinschaft für Änderungen an den gemeinschaftlichen Elementen grundsätzlich immer erforderlich sei. 


Bedeutung des Urteils 


Dieser Fall zeigt erneut, wie wichtig es ist, sich eine Genehmigung durch die Eigentümerversammlung erteilen zu lassen, wenn Baumaßnahmen das gemeinschaftliche Eigentum betreffen.  Der Oberste Gerichtshof Spaniens verdeutlicht mit diesem Urteil erneut, dass die kollektiven Interessen vor individuellen Handlungen geschützt werden müssen, da diese das Zusammenleben und Gemeinwohl gefährden können. Jeder Eigentümer, der vergleichbare Maßnahmen ergreifen möchte, sollte sich eingehend beraten lassen. Häufig gibt es Gründe, die eine erleichterte Umsetzung derartiger Veränderungen ermöglichen, oder es liegen Voraussetzungen vor, welche die Heranziehung von Ausnahmetatbeständen rechtfertigen. Vermeiden sollte man ein vollkommen unkoordiniertes Vorgehen. Veränderungen, die gegebenenfalls legal hätten durchführbar sein können, fallen sonst verhärteten Fronten und der offenen Konfrontation zum Opfer. Richtigerweise sollte daher in einem ersten Schritt geprüft werden, was genehmigungsfähig ist, und dann eine entsprechende Erlaubnis bei der Eigentümergemeinschaft erbeten werden. Sollte die Eigentümerversammlung eine Genehmigung unberechtigterweise versagen, können derartige Beschlüsse sehr oft erfolgreich angefochten und später die benötigte Erlaubnis erhalten werden.


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Foto(s): Maria del Cuerpo, Abogada, europäische Anwältin (Spanien)


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