Streit um die Instandhaltung vom Gemeinschaftselementen in spanischen Eigentümergemeinschaften

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Innerhalb spanischer Eigentümergemeinschaften ist die Instandhaltung der Gemeinschaftselemente eine ständige Quelle von Rechtsstreitigkeiten. Ein besonders anschaulicher Fall ist der eines Eigentümers aus der Stadt Getxo (Baskenland), der gegen seine Eigentümergemeinschaft bis vor den Obersten Gerichtshof Spaniens (Urteil des Tribunal Supremo vom 23. Januar 2024) zog.


Anlass für den Rechtsstreit gab die Bitte des Eigentümers ihm die Kosten für die Reparatur einer Terrasse zu erstatten, welche zum Dach des Gebäudes gehörte aber deren Nutzung ausschließlich seiner Wohnung zugeordnet war. Die Komplexität des Falles und seine Bedeutung liegen in der Auslegung der Verpflichtungen der Gemeinschaft in Bezug auf die Instandhaltung von Gebäudeteilen, die der privaten Nutzung zugewiesen sind, bei denen es sich aber im Grunde um Gemeinschaftselemente handelt. Dieser Fall wird somit zu einem Maßstab für eine sorgfältige Abgrenzung der wechselseitigen Pflichten, da er sich mit den teilweise feinsten Grenzen befasst, die das Privateigentum von den kollektiven Verantwortlichkeiten bei der Immobilienverwaltung trennen.


Das erstinstanzliche Urteil


Der Konflikt zwischen dem Eigentümer und seiner Eigentümergemeinschaft begann, als ersterer wegen eines Wasserschadens auf seiner Terrasse beschloss, die notwendigen Reparaturen auf eigene Kosten durchzuführen, und anschließend von der Gemeinschaft die Erstattung dieser Kosten verlangte. Obwohl die Terrasse ausschließlich dem Kläger zur Verfügung stand, sei sie Teil des Daches des Gebäudes und damit ein gemeinsames Element im Sinne des spanischen Wohnungseigentumsrechtes (Ley de Propiedad Horizontal), argumentierte der Eigentümer.


Die vom Eigentümer eingereichte Klage stützte sich auf das Argument, dass die Eigentümergemeinschaft für die Instandhaltung und Behebung der Schäden verantwortlich sei, da die Undichtigkeiten auf einen Mangel in der Gemeinschaftsstruktur des Gebäudes zurückzuführen seien. Das Gericht erster Instanz wies die Klage jedoch ab. Die Entscheidung begründete dies mit ihrer Auslegung des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes, in welchem zwischen den Zuständigkeiten für die Instandhaltung der gemeinschaftlichen Elemente und denjenigen der Sondereigentumselemente unterschieden werde.


In dem Urteil wurde argumentiert, dass die Terrasse zwar Teil des Daches des Gebäudes sei und daher ihrem Wesen nach zu den gemeinschaftlichen Elementen gehört, dass aber die Verantwortung für die Instandhaltung der Elemente, die einer ausschließlichen Nutzung Einzelner zugewiesen sind, dem jeweils begünstigten Eigentümer obliegt. Nach dieser Auslegung war der Kläger für die Kosten der Reparatur selbst verantwortlich, da diese unmittelbar mit seinem Sondereigentum bzw. seiner Sondernutzung zusammenhingen.


Entscheidung der Audiencia Provincial 


Gegen die Entscheidung des Gerichts erster Instanz legte der Eigentümer Berufung ein und beantragte die Überprüfung und Aufhebung des Urteils. Die Audiencia Provincial, die mit der Prüfung des Falles betraut war, bestätigte jedoch die ursprüngliche Entscheidung. In ihrer Begründung führte die Audiencia eine weitere rechtliche Analyse durch und bekräftigte, dass das spanische Wohnungseigentumsgesetz die Verpflichtungen der Eigentümer hinsichtlich der Instandhaltung der unterschiedlichen Elemente eindeutig festlegt. Weiterhin wurde hervorgehoben, dass in diesem konkreten Fall die einschlägige Neubauerklärung der Liegenschaft die Dachflächen den jeweiligen Sondereigentumselementen als Anhänge zuwies, und damit eine eindeutige Zweck- und Gebrauchszuordnung vorgenommen hätte.


In diesem Urteil wurde ebenso die Bedeutung der Autonomie der Eigentümergemeinschaft bei der Festlegung der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten durch ihre Satzung oder durch Beschlüsse der Versammlung hervorgehoben. So wäre bereits in einer Eigentümerversammlung über den Vortrag des Klägers abgestimmt worden, bevor er die Maßnahmen ergriff, und ein Beschluss zustande gekommen, der bestimmte, dass dieser Eigentümer die damit verbundenen Kosten zu tragen habe, ohne dass der jetzige Kläger den besagten Beschluss angefochten hätte.


Das spanische Landgericht argumentierte außerdem, dass ohne den Nachweis einer vorherigen Vereinbarung, die diese Verantwortung der Gemeinschaft zuweist, oder eines Mangels, der von den gemeinschaftlichen Elementen ausgeht und den Umfang der ausschließlichen Nutzung der Terrasse überschreitet, die Klage keine Rechtsgrundlage hat.


Die Kehrtwende des Obersten Gerichtshofs Spaniens (Tribunal Supremo)


Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs markierte hingegen einen bedeutenden Wendepunkt. Bei der Überprüfung der vom Eigentümer eingelegten Kassationsbeschwerde wertete das Gericht nicht nur die zuvor berücksichtigten Beweise und Argumente aus, sondern befasste sich auch mit der Auslegung des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes, insbesondere im Hinblick auf die Haftung für die Gemeinschaftselemente und die ausschließliche Nutzung an Elemente die typischerweise im zum Gemeinschaftseigentum zählen.


Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile der Vorinstanzen auf und stützte seine Entscheidung auf eine breitere Auslegung der Pflichten der Eigentümergemeinschaft. Er erkannte an, dass die Terrasse zwar zur ausschließlichen Nutzung durch den Eigentümer bestimmt war, die notwendigen Reparaturen jedoch auf Mängel in der Gemeinschaftsstruktur des Gebäudes zurückzuführen waren, so dass die Verantwortung für die Instandhaltung nicht allein dem betroffenen Eigentümer auferlegt werden konnte.


Dieses Urteil unterstreicht, wie wichtig es ist, bei der Feststellung der Haftung und Verantwortlichkeiten die Ursache und die Art des Schadens zu berücksichtigen. Der Gerichtshof argumentierte, dass die Eigentümergemeinschaft verpflichtet ist, die Instandhaltung aller gemeinschaftlichen Elemente, einschließlich derjenigen, die durch einzelne Eigentümer ausschließlich genutzt werden, zu gewährleisten, wenn der Schaden die gemeinschaftliche Struktur des Gebäudes betrifft oder von ihr herrührt.


Diese Entscheidung zeigt weiterhin die Notwendigkeit einer detaillierten, auf den spezifischen Einzelfall ausgerichteten Gesetzesauslegung, die dennoch auch allgemeine Gerechtigkeits- und abstrakte Fairnessgesichtspunkte berücksichtigt. Schließlich lagen in diesem Fall Schäden am Asphaltgewebe der Dachdämmung vor, und damit Beeinträchtigungen die von der Nutzung der Terrasse vollkommen unabhängig waren, und lediglich die eigentliche Dachfunktion betrafen. Es musste deshalb - so das Gericht - sicherstellt werden, dass die Lasten der Instandhaltung der gemeinschaftlichen Elemente nicht in ungerechter Weise auf Einzelpersonen abgewälzt werden.


Auswirkungen


Das abschließende Urteil des Obersten Gerichtshofs hat wichtige Auswirkungen auf die Verwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften und die Auslegung der Instandhaltungspflichten. Das Urteil unterstreicht, dass Gemeinschaften nicht nur den Wortlaut, sondern auch den Geist des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes berücksichtigen müssen, um eine gerechte Verwaltung von Gemeinschafts- und Sondereigentumselementen zu fördern.


Für Hausverwalter verdeutlicht dieses Urteil, dass jeder Schadensfall eine individuelle Einordnung erfahren muss, und dass die abstrakte Unterscheidung nach Sondereigentum, Gemeinschaftseigentum und einer Sondernutzung unterworfenen Gemeinschaftselementen nicht immer geeignet ist eine zweifelsfreie Zuordnung der Verantwortlichkeiten zu gewährleisten.


Es unterstreicht auch die Bedeutung einer wirksamen Kommunikation innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaften, um Konflikte zu vermeiden und die Instandhaltung der gemeinschaftlichen und im Einzeleigentum stehenden oder mit Sondernutzungsrechten ausgestatteten Elementen proaktiv zu planen. Im Idealfall sollten derartige Meinungsverschiedenheiten vor Umsetzung der Instandhaltungsmaßnahmen aufgelöst werden, denn im vorliegenden Fall musste die Gemeinschaft an den klagenden Eigentümer letztlich über 11.000 Euro für die durch diesen durchgeführten Maßnahmen zahlen, ohne Einfluss auf die Durchführung gehabt zu haben, und ohne dass eine gegebenenfalls empfehlenswerte, sämtliche Terrassen umfassende und damit proportional günstigere und zukunftssichere Umsetzung hätte erfolgen können.


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Foto(s): Hessler & del Cuerpo SCP


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