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Haftbefehl wegen Verzögerung aufgehoben

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Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

[image]Wenn es um Haftsachen geht, ist die Justiz dazu verpflichtet, die Verfahren möglichst zeitnah durchzuführen. Hier gilt das sogenannte Beschleunigungsgebot, das unnötige Verzögerungen verbietet. Das Beschleunigungsgebot für Haftsachen basiert auf Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz (GG), der die Freiheit der Person garantiert. Haft- und Untersuchungshaftverfahren sind danach mit der größtmöglichen Beschleunigung durchzuführen, bestätigt das Bundesverfassungsgericht immer wieder. Nicht nur das GG, sondern auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) stellt diesen Grundsatz auf. Dabei spielt auch die Dauer der Haft eine große Rolle. Je länger sie andauert, umso stärker ist der Freiheitsanspruch des Häftlings zu berücksichtigen. Kommt es in dem Verfahren zu unnötigen Verzögerungen, kann es sogar zu einer Aufhebung des Haftbefehls kommen.

Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr

Welche Folgen das haben kann, veranschaulicht der Fall eines Untersuchungshäftlings, dessen Verfahren sich in verschiedenen Phasen verzögert hatte. Nachdem er am 12. Oktober 2011 wegen des Tatverdachts des räuberischen Diebstahls und des Diebstahls wegen Wiederholungsgefahr festgenommen worden war, befand er sich ununterbrochen in Untersuchungshaft. Am 20. März des Folgejahres wies das Landgericht eine Beschwerde gegen den Haftbefehl des Angeklagten zurück, in erster Linie wegen der bestehenden Fluchtgefahr. Die dagegen eingelegten Rechtsmittel hatten Erfolg. Das Oberlandesgericht Naumburg hob den Haftbefehl gegen den Angeklagten auf.

Verzögerungen der Verfahren

Die Richter hatten in den verschiedenen Haftverfahren erhebliche Verzögerungen festgestellt, für die keine sachlichen Gründe ersichtlich waren. Obwohl die Staatsanwaltschaft schon am 27. Juli den Erlass des Haftbefehls beantragt und das Amtsgericht den Haftbefehl am 12. August 2011 erlassen hatte, erhob sie erst am 10. November 2011 Anklage - also einen Monat nach der Festnahme. Auch beim Amtsgericht kam es zu Verzögerungen. Obwohl es bereits am 5. Dezember die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden hatte, wurde der erste Verhandlungstag ohne ersichtlichen Grund erst auf den 14. März 2012 und die Folgetermine auf den 4. und 24. April anberaumt. Bis zu dem Beschluss des OLG war der Angeklagte also sechs Monate in Untersuchungshaft.

Beschleunigung bei Untersuchungshaft

Diese grundlosen Verzögerungen des Verfahrens werden nach Ansicht des 1. Strafsenates nicht dem Beschleunigungsgebot gerecht. Denn die Justiz wird dadurch zu einer effizienten Verfahrensplanung und zur Durchführung der Hauptverhandlung verpflichtet. Untersuchungshaftverfahren müssen von ihnen so zügig wie möglich durchgeführt werden. Das war wegen dem verzögerten Handeln der Staatsanwaltschaft einerseits und des Amtsgerichts nicht erfolgt. Erschwerend kam hinzu, dass bereits bei Beantragung des Haftbefehls eine mögliche Drogenabhängigkeit des Angeklagten bekannt war, da er bereits mehrfach wegen des Erwerbs von Drogen strafrechtlich in Erscheinung getreten war und zudem die Tat auch dem Bereich der Beschaffungskriminalität zuzuordnen sein könnte. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte eine Begutachtung des Angeklagten stattfinden müssen. Wegen der Verfahrensverzögerung lehnten die Naumburger Richter eine Verlängerung der Untersuchungshaft um weitere sechs Monate ab.

(OLG Naumburg, Beschluss v. 12.04.2012, Az.: 1 Ws 142/12)

(WEL)

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