Hohe Hürden für den Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung

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Hohe Hürden für den Arbeitgeber bei einer auf unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen gestützten betriebsbedingten Kündigung

Wie allgemein bekannt, sind die seitens des Arbeitgebers zu erfüllenden Voraussetzungen für den Nachweis einer bedingten Kündigung in der Regel nur schwer zu erfüllen. Bevor die rechtliche Prüfung mit einer Interessenabwägung zwischen Beendigung und Fortsetzung des Arbeitsvertrages und sodann einer Sozialauswahl einhergeht, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

Eine Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers im Betrieb voraussichtlich dauerhaft entfallen wird. Auf der Grundlage der betrieblichen Dispositionen des Arbeitgebers müssen im Tätigkeitsbericht des Gekündigten mehr Arbeitnehmer beschäftigt sein, als zur Erledigung der anfallenden Arbeiten benötigt werden. Dieser Überhang muss auf Dauer zu erwarten sein. Regelmäßig entsteht ein Überhang an Arbeitskräften nicht allein und unmittelbar durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktions- oder Umsatzrückgang etc.), sondern aufgrund einer – oftmals durch diese Entwicklungen veranlassten – Organisationsentscheidung des Arbeitgebers (vgl. BAG 23. Februar 2012 – 2 AZR 548/10 – Rn. 15). Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelfall darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, d. h. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen rechtlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11- Rn. 23; BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18; BAG, 13. Februar 2008 - 2, AZR 1041/06 - Rn. 16).

Wenn der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von einer unternehmerisch-organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers abhängt, braucht diese bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Dazu müssen – soweit die Kündigung ihren Grund in einer Änderung der betrieblichen Organisation hat – zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die fraglichen Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung – auf den es dafür unverzichtbar ankommt – nicht hinreichend sicher prognostizieren, dass es bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen würde (vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 512/13).

Sind die unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt, ist von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen, ob sich die beabsichtigten Maßnahmen bereits zu diesem Zeitpunkt konkret und greifbar abgezeichnet haben (vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 512/13). Solche greifbaren Formen liegen nur dann vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aufgrund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben (vgl. BAG, Urteil vom 12.04.2002, 2 AZR 256/01).

Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Es genügt, dass er berechtigterweise annehmen darf, die laufende Kündigungsfrist biete hierfür ausreichende Zeit (vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 512/13).

Fazit

Zusammenfassend muss hervorgehoben werden, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Sozialwidrigkeit der Kündigung immer der Zugang der Kündigungserklärung ist. Hierzu gehört auch die Prognose für die Zeit nach dem Entlassungstermin. Viele Arbeitgeber meinen, irgendwann nach Zugang der Kündigung die entsprechenden Maßnahmen umgesetzt zu haben und ihrer Obliegenheit nachgekommen zu sein, aber vergessen dabei, dass sich diese zum Zeitpunkt der Kündigung bereits konkret und greifbar abgezeichnet haben müssen.

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