Insolvenz: Muss ein Gläubiger eine Forderung anmelden? Wann, wie und bei wem? FAQ-Forderungsanmeldung

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Ihr Schuldner hat Insolvenz beantragt? Dann haben Sie als Gläubiger viele Fragen. Egal ob Ihr Kunde, Lieferant, Mieter oder sonstiger Vertragspartner Insolvenz beantragt: Sie müssen mit einem erheblichen Forderungsausfall und zusätzlichem Aufwand rechnen. In meinen mehr als zwölf Berufsjahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass Gläubiger immer wieder dieselben Probleme und Fragen haben. Die wichtigsten Fragen und Antworten habe ich für Sie nachfolgend in einfacher Sprache aufgeschrieben. Ich wünsche viel Erfolg und gutes Gelingen!

1. Muss ich als Gläubiger eine Forderung zur Insolvenztabelle anmelden?

Nein. Der Gläubiger muss nicht am Insolvenzverfahren teilnehmen und muss auch keine Forderung zur Insolvenztabelle anmelden (vgl. § 87 InsO).

2. Welche Folgen hat es für mich als Gläubiger, wenn ich keine Forderung anmelde?

Sie nehmen nicht an der Schlussverteilung des Regelinsolvenzverfahrens teil. Sie erhalten also keine Insolvenzquote. Ihre Forderung wird von der Restschuldbefreiung erfasst. Sie können Ihre Forderung also auch dann nicht mehr durchsetzen, wenn Sie nicht am Verfahren teilnehmen. Ihre Forderung droht auch zu verjähren, weil der Lauf der Verjährungsfrist ohne Anmeldung zur Insolvenztabelle nicht gehemmt wird. Kurz gesagt: Sie bekommen kein Geld. Eine Ausnahme besteht im Fall des Insolvenzplans (hierzu unten).

3. Bis wann muss ich als Gläubiger eine Forderung zur Insolvenztabelle anmelden?

Das Gesetz kennt keine Ausschlussfrist. Wollen Sie die Insolvenzquote bekommen, dann muss Ihre Forderungsanmeldung vor dem Schlusstermin angemeldet und geprüft sein. Eine Prüfung und Feststellung im Schlusstermin soll nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ausreichen, um die Quote zu bekommen. Wann der Schlusstermin ist, können Sie nicht beeinflussen. Warten Sie daher nicht zu lange, auch wenn einige Insolvenzverfahren 10 Jahre und mehr dauern. Manchmal geht es sehr schnell. Gerade wenn ein Insolvenzplan umgesetzt wird, dauert das Verfahren manchmal nur drei Monate. Dann gibt es aber eine Besonderheit. Siehe Frage 7.

Eine Forderungsanmeldung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, z.B. beim vorläufigen Insolvenzverwalter, reicht nicht.

4. Gilt die Frist im Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens?

Nein. Siehe Frage 3.

5. Wie und bei wem muss ich die Forderung anmelden?

Sie müssen die Forderung beim Insolvenzverwalter oder beim Sachwalter anmelden. Das hängt von der Verfahrensart ab. Die Person steht mit Kontaktdaten im Gerichtsbeschluss. In der Regel erhalten Sie auch ein Formular zugesendet; vorausgesetzt der Schuldner hat Sie als Gläubiger nicht vergessen. Sie müssen für die Anmeldung kein Formular benutzen. Sie müssen die Anmeldung schriftlich machen. Ein Fax, Telegramm und eine E-Mail mit qualifizierter Signatur oder die Anmeldung durch einen Anwalt durch das besondere elektronische Anwaltspostfach ist möglich. Der Insolvenzverwalter kann auch die Möglichkeit der Anmeldung durch ein Gläubigerinformationssystem gesondert zulassen.

Sie können einen Rechtsanwalt mit der Forderungsanmeldung beauftragen.

Achtung: Die Anmeldung beim Schuldner oder Insolvenzgericht ist unwirksam.

Was in die Forderungsanmeldung muss, ist umstritten. Nennen Sie den Grund der Forderung, zum Beispiel „Kaufvertrag vom 09.04.2020“ oder „Mietvertrag vom 09.04.2020 und hieraus offene Mieten Mai bis August 2020“ sowie den Betrag in Euro. Beachten Sie die Risiken einer Forderungsanmeldung und Handlungsempfehlungen auf meiner Website unter www.insolvenzanfechtung-buchalik.de.

Ich empfehle vor jeder Forderungsanmeldung eine Anfechtungsprüfung (!)

6. Wie lange kann ich als Gläubiger eine Forderung geltend machen, die nicht zur Insolvenztabelle angemeldet ist?

Sie können die Forderung während des Insolvenzverfahrens nicht geltend machen. Nach Aufhebung des Verfahrens können Sie die Forderung wieder geltend machen, es sei denn, die juristische Person ist erloschen oder die natürliche Person hat die Restschuldbefreiung erhalten. Achtung! Ohne Anmeldung im Insolvenzverfahren läuft die Verjährungsfrist weiter. Meist sind dies drei Jahre. Ihre Forderung ist dann sehr schnell verjährt. Beachten Sie im Fall des Insolvenzplans die besondere Verjährungsfrist des § 259b InsO. Hierzu Frage 7.

7. Kann ich im Fall eines Insolvenzplans mit Quote auch die Quote verlangen, obwohl ich nicht am Insolvenzverfahren teilgenommen, also keine Insolvenzforderung angemeldet habe?

Ja. Diese Besonderheit gilt nur im Fall des Insolvenzplans. Zudem müssen Sie die allgemeine Verjährungsfrist bei unterlassener Anmeldung beachten (hierzu Frage 6) sowie die besondere auf ein Jahr verkürzte Frist des § 259b Abs. 1 InsO.

8. Sind Ausschlussklauseln im Insolvenzplan wirksam?

Nein. Sie können auch dann die im Insolvenzplan festgelegte Insolvenzquote verlangen, wenn Sie nicht am Insolvenzverfahren teilgenommen haben. Der Bundesgerichtshof hat dies in zwei Grundsatzentscheidungen sowohl für die Unternehmensinsolvenz (BGH, Beschl. v. 07.05.2015, Az. IX ZB 75/14) wie auch die Privatinsolvenz (BGH, Beschl. v. 03.12.2015, Az. IX ZA 32/14) ausdrücklich festgestellt. Eine wichtige Ausnahme gilt für zur Insolvenztabelle angemeldete, aber bestrittene Forderungen (hierzu Frage 9).

9. Wie geht es nach der Forderungsanmeldung weiter?

Der Insolvenzverwalter oder Sachwalter prüft Ihre Forderungsanmeldung. Eigentlich ist das nur eine Vorprüfung, weil die Forderungen im Gerichtstermin („Prüfungstermin“) durch den Rechtspfleger geprüft werden. In der Praxis ist die Prüfung durch den Verwalter aber die entscheidende. Akzeptiert der Verwalter Ihre Forderungsanmeldung, dann hören Sie nichts. Merke: Keine Nachrichten sind gute Nachrichten. Nur wenn die Forderung ganz oder teilweise bestritten wird, erhalten Sie Post vom Gericht mit dem sogenannten Tabellenauszug, einem Blatt, das die Verfahrensdaten und Ihre Daten enthält.

10. Was tun, wenn meine Forderung bestritten wird?

Beauftragen Sie mich. Ich kann beim Verwalter kurz nachhören, woran es liegt. Häufig ist das Bestreiten nur vorläufig, es fehlt noch eine Unterlage oder der Verwalter hatte noch keine Zeit für eine sorgfältige Prüfung. Nur in seltenen Fällen bestreitet der Schuldner oder ein konkurrierender Gläubiger Ihre Forderung. Dann können wir über eine Forderungsfeststellungsklage gegen den Bestreitenden nachdenken.

Dr. Olaf Hiebert

Rechtsanwalt & Fachanwalt für Insolvenzrecht

Lehrbeauftragter der HSPV NRW 

Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwaltsgesellschaft mbH



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