Insolvenzanfechtung: Wie verhalte ich mich, wenn der Insolvenzverwalter zur Zahlung auffordert?

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Was ist der typische Inhalt eines Anfechtungsschreibens?

Üblicherweise fordert der Insolvenzverwalter oder die Insolvenzverwalterin Sie als Gläubigerin oder Gläubiger unter dem Hinweis, dass Sie von dem Insolvenzschuldner vor der Stellung des Insolvenzantrags eine anfechtbare Leistung erhalten haben, zur Rückzahlung an die Insolvenzmasse innerhalb einer Frist von zwei bis vier Wochen auf. Am häufigsten wird die Insolvenzanfechtung dabei auf die §§ 130, 131, 133 und 134 der Insolvenzordnung (InsO) gestützt. Wurde das Insolvenzverfahren vor dem 05.04.2017 eröffnet, wird von Ihnen gegebenenfalls auch noch die Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlangt. Das kann bei diesen älteren Verfahren dazu führen, dass Zinsen seit dem Jahr 2015 geltend gemacht werden.

Was ist der Zweck der Insolvenzanfechtung?

Durch die Anfechtung soll die gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger schon für einen früheren Zeitpunkt als den der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sichergestellt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll die Insolvenzanfechtung ermöglichen, bestimmte Vermögensverschiebungen, durch die die Insolvenzmasse verkürzt wurde, rückgängig zu machen, um dadurch den Bestand des haftenden Schuldnervermögens wiederherzustellen. Allerdings fallen unter diese Vermögensverschiebungen theoretisch zunächst alle Zahlungen, die der spätere Insolvenzschuldner im Vorfeld der Insolvenz an seine Gläubiger – häufig Lieferanten und Dienstleister – geleistet hat. Die von der Anfechtung Betroffenen empfinden dies meist als äußerst ungerecht, da sie etwas zurückzahlen sollen, für das sie eine Lieferung oder Leistung an den Insolvenzschuldner erbracht haben. Erschwerend kommt hinzu, dass Zahlungen nach der Vorschrift des § 133 InsO aus einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren vor der Insolvenzantragstellung zurückgefordert werden können. Ist es schon ärgerlich genug, dass man als Gläubiger mit seinen Forderungen meist vollständig ausfällt oder nur eine geringe Quotenzahlung aus dem Insolvenzverfahren erhält, kann es existenzbedrohend werden, wenn man zusätzlich noch zur Rückzahlung vermeintlich anfechtbar erlangter Beträge aufgefordert wird.

Warum macht der Insolvenzverwalter Ansprüche aus Insolvenzanfechtung geltend?

Zum einen ist er dazu verpflichtet, zum anderen erhöhen die Rückzahlungen der Anfechtungsgegner die Masse. Je höher die Insolvenzmasse, desto höher die Vergütung, die der Insolvenzverwalter erhält. Wurde die Eigenverwaltung angeordnet, ist der Sachwalter verpflichtet, Forderungen aus Insolvenzanfechtung durchzusetzen.

Was sind meine Rechte, wenn ich aus Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen werde?

Zunächst einmal ist niemand verpflichtet zu zahlen, nur weil der Insolvenzverwalter der Ansicht ist, dass er einen Anfechtungsanspruch geltend machen kann. Keinesfalls brauchen Sie deswegen ohne genaue Überprüfung der Berechtigung der Insolvenzanfechtung eine Zahlung innerhalb der von dem Insolvenzverwalter gesetzten Frist zu leisten. Bei Insolvenzverfahren, die nach dem 05.04.2017 eröffnet worden sind, kann der Insolvenzverwalter mit seinem ersten Schreiben auch noch keine Verzugszinsen einfordern. 

Wie verhalte ich mich, wenn ich vom Insolvenzverwalter zur Rückzahlung aufgefordert werde?

Diese Aufforderung werden Sie immer schriftlich und niemals mündlich erhalten. Es ist dringend davon abzuraten, auf das Schreiben ohne vorherige Prüfung durch einen Experten zu antworten. Leider ist es immer wieder zu beobachten, dass die von Insolvenzanfechtung Betroffenen auf das Schreiben reagieren, indem sie selbst zu den darin enthaltenen Ausführungen des Insolvenzverwalters Stellung nehmen. Dabei besteht das erhebliche Risiko, sich um Kopf und Kragen zu reden und dem Insolvenzverwalter wertvolle Hinweise zu liefern, die er dann später bei der gerichtlichen Durchsetzung der Insolvenzanfechtungsforderung gegen Sie verwenden kann. Daher empfiehlt es sich, schon das erste Anfechtungsschreiben einem Rechtsanwalt mit der notwendigen Expertise vorzulegen. Von diesem können Sie sich dann auch gleichzeitig eine Einschätzung geben lassen, was Sie die Verteidigung gegen die Inanspruchnahme voraussichtlich kosten wird.

Welcher Rechtsanwalt ist für die Abwehr der Insolvenzanfechtung geeignet?

Das Insolvenzanfechtungsrecht ist eine sehr spezielle Materie, die profunde Kenntnisse der Mechanik eines Insolvenzverfahrens und eine mehrjährige Befassung mit diesem Rechtsgebiet voraussetzt. Entscheidend für die erfolgreiche Anfechtungsabwehr sind aber nicht nur die entsprechenden Rechtskenntnisse, sondern auch das Verständnis der Strategien und Vorgehensweisen von Insolvenzverwaltern bei der Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen. Anwälte, die nur gelegentlich mit Insolvenzanfechtung befasst sind und ihre Schwerpunkte in anderen Rechtsgebieten haben, sind daher weniger geeignet. Empfehlenswert ist daher die Vertretung durch Anwälte, die zur Führung des Titels „Fachanwalt für Insolvenzrecht“ qualifiziert sind und möglichst in einer Insolvenzverwalterkanzlei arbeiten oder über Erfahrungen aus der Arbeit in einer solchen Kanzlei verfügen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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