Insolvenzverwalter der Vivono Wohnbaugenossenschaft fordert Mitglieder zur Zahlung auf

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Zwei Jahre nach der GENO Wohnbaugenossenschaft folgt nun auch die Vivono Wohnungsgenossenschaft eG in die Insolvenz. Gänzlich neu sind die Probleme des Unternehmens nicht, auch in diesem Fall versucht die Insolvenzverwalterin Birgitt Breiter die noch rückständigen Zahlungen auf die Geschäftsanteile von den Mitgliedern einzufordern.

Wie kam es zur Insolvenz?

Als die Vivono Wohnbaugenossenschaft ihre Mitglieder bereits 2018 nicht mehr von sich überzeugen konnte, hatte das viele Kündigungen der Genossen zur Folge. Hierdurch war die Vivono letztendlich nicht mehr in der Lage, die Abfindungen für ihre ehemaligen Genossen aufzubringen und rutschte somit zu Beginn des Jahres 2020 in die Insolvenz.

Mitglieder, die nicht rechtzeitig vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam gekündigt haben, werden nun von der Insolvenzverwalterin zur Zahlung der noch nicht vollständig geleisteten Einlagen aufgefordert.

Im Jahr 2021 gingen die ersten Mahnbescheide den Genossen zu, die ersten Klagen folgen nun in 2022.

Die Vivono eG unterscheidet sich in nur wenigen Gesichtspunkten von der GENO Wohnbaugenossenschaft, erklärt Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow von FÜRSTENOW Anwaltskanzlei. Im Gegensatz zu der GENO Wohnbaugenossenschaft, deren Zweck es war, neue Mitglieder zu werben, die später mit Zahlungen auf die Übernommenen Anteile - jedenfalls in der Theorie - eine Immobilie erwerben sollten, verfolgte die Vivono eG einen anderen Zweck.

Die Vivono eG hatte eine rein vermittelnde Aufgabe. Die Mitglieder der Vivono nahmen selbst einen Kredit auf, um ihr Bauvorhaben in die Realität umzusetzen und erhielten einen so gesehenen Rabatt auf den Preis. Sie bauten ihre Immobilie mit einem eigens aufgenommenen Kredit bei der Bank, und ließen sich somit auch in das Grundbuch eintragen und waren sofort und unmittelbar Eigentümer der Immobilie. 

Bei der GENO hingegen bauten die Genossen die Immobilie nicht selbst, das sollte die Genossenschaft für sie übernehmen. Die Genossen zahlten im Gegenzug lediglich auf ihre übernommenen Anteile, die später von der Gesamtsumme der Immobilie abgezogen werden sollten. Im Ergebnis erlangten die Genossen das Eigentum an der Immobilie erst mit der Zahlung der vollständigen Summe, in den meisten Fällen erst nach vielen Jahren. Die Genossen schlossen mit der Gesellschaft Stundungsvereinbarungen bezüglich der übernommenen Anteile ab.

Die Forderung der Insolvenzverwalterin

Beim Beitritt in die Vivono eG schlossen die Mitglieder Ratenzahlungsvereinbarungen über ihre Anteile ab. Die Anteile bestanden aus einem Pflichtanteil und weiteren Anteilen, die zusätzlich freiwillig von den Genossen übernommen werden konnten. Um nicht die gesamte Summe sofort zu begleichen, schlossen sie Ratenzahlungsvereinbarungen bezüglich ihrer Anteile ab. Die Mitglieder zahlten sie in monatlichen Raten.

Sollte es so ausgelegt werden, dass die Stundungsvereinbarungen aufgrund der weiteren freiwillig übernommenen Anteile unwirksam sind, hätte es einen Verstoß gegen §15 Abs.2 GenG zur Folge, und somit wären alle übernommenen Anteile sofort rückständig und fällig.

Die Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Vivono eG verlangt nunmehr von den Mitgliedern die noch rückständigen Zahlungen auf die Geschäftsanteile unter Verweis auf einen solchen Verstoß gegen §15 Abs.2 GenG.

Sie bezieht sich dabei auf ein Urteil, in dem die Stundungsvereinbarungen zwischen einer Genossenschaft und seinem Genossen für unwirksam erklärt wurden. Aufgrund des Verstoßes gegen §15b Abs. 2 GenG, der besagt, ein weiterer Anteil kann erst dann übernommen werden, wenn alle vorigen Anteile, bis auf den letzten voll eingezahlt sind, ist die Stundungsvereinbarung unwirksam. Die Übernahme weiterer Anteile, die vom Vorstand zugelassen wurde, hat sowohl die Nichtigkeit der gesamten Vereinbarung als auch die Nichtigkeit des Beitritts des Gesellschafters zur Gesellschaft zur Folge. Aus der Unwirksamkeit ergibt sich die Anwendung der sogenannten fehlerhaften Gesellschaft und die sofortige Fälligkeit der restlichen Summe in voller Höhe.

Dieses Urteil des LG Hamburg wird von der Insolvenzverwalterin Breiter als Begründung für die Forderung genannt. Ähnliche Ansichten aus diesem Urteil fanden sich auch bereits im Insolvenzverfahren zur Geno Wohnbaugenossenschaft eG.

Wurden tatsächlich alle Anteile sofort bei Vertragsschluss übernommen?

Rechtsanwalt Fürstenow ist hingegen der Auffassung, dass nicht alle Anteile sofort bei Vertragsschluss übernommen wurden und nachträglich in Raten abzuzahlen wären, sondern, dass ein neuer Teil erst nach einem vorher vollständig abbezahlten Teil, übernommen werden sollte. Somit würde in diesen Fällen gar nicht erst ein Verstoß gegen §15 Abs. Abs. 2 GenG in Frage kommen.

Weiter ist Rechtsanwalt Fürstenow der Ansicht, dass aufgrund der Insolvenz der Genossenschaft keine weiteren Geschäftsanteile übernommen werden können. Es liegt kein lebendiger Betrieb mehr vor, die Genossen würden durch weitere Zahlungen nur weiter belastet werden und würden im Gegenzug keine Leistungen mehr von der Vivono eG erhalten, da dieswe dazu nicht mehr im Stande ist. Der Sinn und Zweck einer Genossenschaft sollte laut dem Genossenschaftsgesetz die Belangen der Mitglieder fördern, in jeglichen Hinsichten. Der einzige Zweck, der aber hier von der Insolvenzverwalterin verfolgt wird und von ihr auch verfolgt werden muss, ist lediglich die Mehrung der Insolvenzmasse zugunsten der Insolvenzgläubiger im Insolvenzverfahren.

Weiter wird durch die Insolvenz der Genossenschaft dem Beteiligungserwerb, der durch die Satzung vorgeschrieben ist, die Grundlage entzogen. Denn es liegt nach einer Insolvenz einer Genossenschaft kein lebendiger Geschäftsbetrieb mehr vor. Das hat zur Folge, dass eine bis dahin bestehende Zahlungspflicht nicht mehr begründet wäre. Unterstützt wird diese Rechtsauffassung von einer letztinstanzlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einem Urteil von 2003, dass aussagt, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einer Genossenschaft, eine Zweckänderung eintritt.

Was sollten Mitglieder der Vivono eG, die Post von der Insolvenzverwalterin oder vom Mahngericht erhalten haben, tun?

Die Betroffenen, die eine Zahlungsaufforderung der Insolvenzverwalterin erhalten haben und aufgefordert wurden die noch ausstehenden Raten zu begleichen, sollten diese Forderungen auf keinen Fall ignorieren, sondern prüfen lassen, ob die Forderung auch werthaltig und durchsetzbar ist. Dasselbe gilt auch im Falle eines vom Mahngericht zugestellten Mahnbescheides.

Sie können sich gerne an FÜRSTENOW Anwaltskanzlei, Rechtsanwalt Fürstenow, wenden, um Ihren Fall prüfen und sich gegebenenfalls vertreten zu lassen.

Der Rechtsrat wurde von der Mitarbeiterin der FÜRSTENOW Anwaltskanzlei, Frau Hetman, erstellt.



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