Integrative Beschulung in der Oberschule ist doch möglich!

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Das Verwaltungsgericht Dresden hat mit Beschluss vom 27.07.2016 (Az.: 5 L 200/16) die Bildungsagentur im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, einen Schüler in der 5. Klasse einer Oberschule integrativ zu unterrichten. Bei dem Schüler besteht ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen. Er wurde bislang an der Grundschule integrativ beschult. Für die weitere Schullaufbahn ist nach Auffassung der Bildungsagentur jedoch eine weitere integrative Beschulung nicht mehr möglich.

Allein die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs führt zu einer Verpflichtung zum Besuch einer Förderschule. Diese Verpflichtung wurde dann auch mit Bescheid ausgesprochen. Unser Mandant sieht jedoch in der Verpflichtung zum Besuch einer Förderschule eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Kindern, die nicht unter einer Behinderung leiden. Auch verweist er auf die UN-Behindertenrechtskonvention, wonach die Verpflichtung besteht, ein inklusives Schulsystem vorzuhalten. Es ist für ihn nicht verständlich, weshalb eine integrative Beschulung im Freistaat Sachsen mit dem Besuch der Grundschule enden muss und nicht in der Oberschule fortgeführt werden kann.

Das Verwaltungsgericht Dresden hat nun ausdrücklich eine integrative Beschulung auch an der Oberschule für möglich erachtet. Die Unterscheidung zwischen Grundschule und Oberschule übernimmt das Gericht nicht. Es sieht in dieser Unterscheidung eine Ungleichbehandlung, die durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Insbesondere genügen keine haushaltspolitischen Erwägungen allgemeiner Art oder der Hinweis auf eine Beschränkung des Umfangs der Förderstunden in der Schulintegrationsverordnung für die Ablehnung eines behinderten Schülers an einer Oberschule. Personelle Schwierigkeiten lassen sich nach Angesicht des Gerichts jedenfalls so nicht begründen.

Auch der Hinweis der Bildungsagentur auf einen unverhältnismäßig hohen Vorbereitungsaufwand der Lehrer an einer Regelschule bei einer lernzieldifferenten Unterrichtung sowie auf einen nicht mehr vertretbaren Aufwand bei einer durchgängig an den Erfordernissen von Schülern mit dem Förderschwerpunkt Lernen orientierten Vermittlung der Lerninhalte und bei der Unterstützung dieser Schüler reicht dem Gericht nicht für eine konkrete Begründung. Das Gericht verlangt gerade, dass auch dazu Stellung genommen wird, wie derartige Schwierigkeiten auszuräumen sind, z. B. durch die Bereitstellung einer zusätzlichen pädagogischen Lehrkraft.

Die Schulverwaltung muss sich bewegen, eine integrative Beschulung ist auch an einer Oberschule rechtlich möglich.

RA Matthias Herberg

RA Matthias Herberg, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Tel. (0351) 80 71 8-56, herberg@dresdner-fachanwaelte.de

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