Italien – Vertragshändler und Handelsvertreter in der Corona-Krise: zwei praktische Fälle

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Folgende zwei praktische interessante Fälle wurden von mir kürzlich geprüft:

Kann ein deutscher Produzent, der einen italienischen Vertragshändler beliefert, die von diesem geleisteten Anzahlungen einbehalten und Schadensersatz verlangen, wenn Letzterer durch die Corona-Krise und die daraus folgenden Konsequenzen gezwungen wurde, seine Verkaufsstelle zu schließen und die Bestellungen zu stornieren?

Vorab sei erwähnt, dass die italienische Regierung während der laufenden Corona-Krise die Ausübung von Einzelhandelstätigkeiten, mit Ausnahme des Verkaufs von Lebensmitteln und Grundbedarfsgütern, vorerst befristet bis 3. April 2020 verboten bzw. eingestellt hat. Viele Einzelhändler wurden daher gezwungen, ihre Geschäfte vorübergehend zu schließen.

Vorab muss der Inhalt des Vertriebsvertrages und das anwendbare Recht geprüft werden. Sofern auf das Vertragsverhältnis italienisches Recht Anwendung findet und keine besonderen Vertragsklauseln vorgesehen sind, kann der Rechtsfall u. U. unter die s.g. nachträgliche Unmöglichkeit (impossibilità sopravvenuta) fallen: Wenn der Händler für einen bestimmten Zeitraum aus einem unvorhersehbaren Grund, der sich seiner Kontrolle entzieht, die Ware nicht weiterverkaufen kann, kann er sich von seinen Kaufverpflichtungen gegenüber dem Hersteller befreien. Je nach den Umständen kann dies auch die Stornierung bereits übermittelter Bestellungen rechtfertigen.

Tritt ein unvorhersehbarer Grund für die nachträgliche Unmöglichkeit ein, gilt der Kaufvertrag von Rechts wegen als aufgelöst und der Hersteller hat die erhaltenen Anzahlungen zurückzuerstatten, ohne die Möglichkeit, Schadenersatz zu fordern.

Hat ein deutscher Handelsvertreter, der den Verkauf von Produkten eines italienischen Unternehmens in Deutschland vermittelt, Anspruch auf Provisionen, wenn das ital. Unternehmen aufgrund des während der Corona-Krise ausgesprochenen Verbots der ital. Regierung seine Produktion einstellen muss und die Kunden nicht beliefern kann?

Nach italienischem Recht und in Ermangelung einer besonderen Vertragsklauseln kann das Unternehmen, wenn es nachweist, dass es aus unvorhersehbaren und unvermeidbaren Gründen gezwungen war, die Produktion für einen bestimmten Zeitraum einzustellen, die Lieferungen verzögern, ohne dass Strafen anfallen oder Schadenersatz verlangt werden kann. In diesem Fall hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provisionen, sofern die Lieferung zu einem späteren als dem ursprünglichen Zeitpunkt erfolgt.

Wenn die Verzögerung jedoch andauert, sind die Kunden möglicherweise nicht mehr an einer Lieferung interessiert und die Bestellungen können storniert werden. So kann dies z. B. in der Textil- und Bekleidungsindustrie, die besonders saisonbedingt produziert und verkauft, der Fall sein. Sofern der Handelsvertretervertrag nichts anderes vorsieht, hat der Handelsvertreter in diesem Fall keinen Anspruch auf Provisionen, wenn Aufträge aus Gründen nicht ausgeführt werden können, die der Auftraggeber nicht zu vertreten hat.


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