Jetzt trennen oder erst 2024? Welche Vorteile gibt es?

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In welchen Monaten sich die meisten Menschen scheiden lassen, kommt letztlich auch darauf an, wann sie einen Termin bei Gericht dafür erhalten. Die meisten Trennungen verheirateter Paare finden jedoch um den Jahreswechsel herum statt. Bei rein emotional gelagerten Scheidungen kochen an Weihnachten vielleicht lang unterdrückte Konflikte hoch, während in rationalen Überlegungen steuerliche Aspekte eine Rolle spielen. Wichtig in jedem Fall: Ob Sie sich nun jetzt trennen oder erst im Jahr 2024, entscheiden Sie, aber vergessen Sie nicht, den Zeitpunkt der Trennung auch beweisen zu können. Sonst waren im Zweifel die Bemühungen umsonst.

Warum ist die Steuerklasse ein Faktor für den Zeitpunkt der Trennung?

Die Steuerklasse entscheidet, in welcher Höhe Sie Einkommensteuern zahlen. Insoweit kommt es darauf an, gerade auch im Hinblick auf die Trennung die bestmögliche Steuerklassenkombination zu nutzen.

Welche Steuerklasse haben Verheiratete?

Sind Sie verheiratet, sind Sie in die Steuerklassenkombination III / V oder IV / IV eingestuft. Welche Steuerklassenkombination die passende ist, hängt von Ihrem Einkommen ab. Bei unterschiedlichen Einkommensverhältnissen ist der besserverdienende Partner jedenfalls meist in die Steuerklasse III eingeordnet. Nach der Trennung müssen Sie Ihre Steuerklassen neu ausrichten.

Wann muss man bei einer Trennung die Steuerklasse wechseln?

Spätestens nach dem Jahr, in dem Sie sich getrennt haben, sind Sie verpflichtet, die Steuerklassen zu wechseln. Leben Sie getrennt, werden Sie im Jahr nach Ihrer Trennung beide in die Steuerklasse I eingeordnet. Haben Sie Kinder, kann der Partner, bei dem die Kinder wohnen und gemeldet sind, die steuerbegünstigte Steuerklasse II erhalten.

Den Steuerklassenwechsel können Sie jederzeit nach der Trennung umsetzen. Ob Sie dadurch Vorteile haben, hängt von Ihrem Einkommen ab. Sofern Sie in der Ehe in die Steuerklassen IV / IV eingestuft waren, brauchen Sie sich nicht unbedingt direkt um einen Wechsel zu kümmern, da jeder Partner auf sein Einkommen diejenigen Steuern zahlt, die er auf jeden Fall zahlen muss. Es reicht, den Wechsel zum Folgejahr zu vollziehen.

Anders sieht es bei der Steuerklassenkombination III / V aus. In diesem Fall zahlt der Ehepartner mit der Steuerklasse V besonders viel Steuern. Für diesen Ehepartner kann sich der Steuerklassenwechsel zumindest in die Steuerklasse II auch innerhalb des Trennungsjahres lohnen.

Wichtig ist, dass der Wechsel der Steuerklasse nicht erst nach der Scheidung, sondern spätestens bereits nach dem Jahr durchzuführen ist, in dem sich von Ihrem Ehepartner getrennt haben. Unterlassen Sie den Wechsel, müssen Sie damit rechnen, dass das Finanzamt Nachzahlungen fordert.

Welchen Vorteil bietet das Ehegatten-Splitting?

Ein wichtiger Vorteil, der die Trennung ins Jahr 2024 verschieben sollte, ist das Ehegatten-Splitting. Sind Sie verheiratet und leben zusammen, profitieren Sie durch die gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer und werden nach dem Splittingtarif des Einkommensteuerrechts besteuert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Sie Kinder haben. Der Splittingtarif führt dazu, dass Sie weniger Einkommensteuern zahlen, als wenn Sie nicht verheiratet wären oder getrennt steuerlich veranlagt würden. Dieser Splittingtarif ist umso vorteilhafter, je unterschiedlicher Sie verdienen. Sobald sich die Höhe Ihrer Einkommen annähert, verringert sich zusehends der Splittingvorteil. Ihr Ziel sollte also darin bestehen, solange wie möglich den Splittingtarif zu nutzen.

Beispiel: Mit 1 Tag Zusammensein in 2024 steuerlich noch 1 Jahr profitieren

Sie haben sich im August 2023 getrennt. Dann werden Sie für das Jahr 2023 noch problemlos gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die gemeinsame Veranlagung bleibt auch möglich, wenn Sie sich am 31.12.2023 trennen. Sollten Sie sich darauf verständigen, Ihre Trennung in das Jahr 2024 zu retten und leben zumindest für kurze Zeit in 2024 noch zusammen, profitieren Sie auch für das Jahr 2024 von der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung und damit vom Ehegattensplitting. Im Prinzip reicht es aus, wenn Sie nur einen einzigen Tag im Jahr 2024 noch zusammenleben. Besser ist, wenn Sie es vielleicht einige Tage länger miteinander aushalten.

Spielt die Erhöhung der Beträge der Düsseldorfer Tabelle 2024 eine Rolle?

Ab dem Zeitpunkt der Trennung hätten Sie Anspruch auf Trennungsunterhalt sowie für Ihr Kind Anspruch auf Kindesunterhalt und ersatzweise Anspruch auf Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt. Die Regelsätze für den Kindesunterhalt werden nach den Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle festgelegt, diese wird alle ein bis zwei Jahre aktualisiert. Für 2024 steht eine Erhöhung im Raum.

Dass zum 1.1.2024 voraussichtlich der Kindesunterhalt erhöht wird, sollte Sie jedoch nicht von einer Trennung abhalten. Wenn Sie sich jetzt trennen, hätten Sie für Ihr Kind Anspruch auf den aktuellen Tabellenunterhalt 2023 und ab 1.1.2024 Anspruch auf den höheren Tabellenunterhalt. Sind Sie der Unterhaltszahler, ergeben sich ebenfalls keine Vorteile, da Sie keinen Unterhaltstitel bekommen würden, der die aktuelle Summe statisch festschreibt, nur um dann mühsam 2024 wieder abgeändert werden müsste.

Zugewinn- und Versorgungsausgleich - 2024 oder 2025 scheiden lassen?

Sich trennen ist das eine, sich scheiden lassen, etwas anderes. Der Zeitpunkt, an dem der Scheidungsantrag beim Familiengericht gestellt wird, hat oft strategische Bedeutung. Dabei geht es meist um die Stichtage für die Berechnung des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs.

Stichtag für die Berechnung des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag eines Ehepartners dem anderen durch das Familiengericht förmlich zugestellt wird. Dabei spielt das Interesse des Ehepartners eine Rolle.

Wenn Sie ausgleichsberechtigt sind

Sind Sie derjenige, der vom Versorgungsausgleich oder Zugewinnausgleich profitiert, sollten Sie die Trennung vielleicht ins Jahr 2024 aufzuschieben. Mit dem Aufschub ins Jahr 2024 schieben Sie auch den Stichtag für den Versorgungsausgleich oder den Zugewinnausgleich hinaus. Bezieht der Partner beispielsweise Weihnachtsgeld, von dem Rentenversicherungsbeiträge abgeführt werden, erhöhen sich die Rentenanwartschaften des Partners auf eine spätere Altersrente. Dadurch profitieren Sie auch vom Versorgungsausgleich.

Geht es um den Zugewinnausgleich, profitieren Sie als ausgleichsberechtigter Partner, wenn der Partner in absehbarer Zeit wesentliche Vermögenszuwächse erzielt. Sind Ihre Vermögenszuwächse geringer, werden Sie am Vermögenszuwachs des Partners durch den Zugewinnausgleich beteiligt. Auch insoweit könnte es sich gebieten, die Trennung ins Jahr 2024 aufzuschieben.

Sie sind ausgleichspflichtig

Sind Sie umgekehrt derjenige, der versorgungsausgleichs- oder zugewinnausgleichspflichtig ist, werden Sie eher daran interessiert sein, die Scheidung bereits früher einzureichen und den ausgleichsberechtigten Partner von Ihren zusätzlich erworbenen Rentenanwartschaften oder Vermögenszuwächsen auszuschließen.

Alles in allem – wenn Sie etwas dringend benötigen, dann…

Es nutzt vielen Paaren, offiziell wenigstens 1 Tag im Jahr noch miteinander verbracht zu haben. Wer so lang nicht warten kann, soll es halten wie mit dem besten Zeitpunkt für den Autokauf: Der ist dann, wenn man das Auto oder jeden anderen Gegenstand eben braucht. Lesen Sie diesen Text also im kommenden Juni erst und Ihre Ehe ist eine Belastung für Kinder und Partner, denken Sie nicht so sehr an steuerliche Ersparnisse oder ein Mehr an Zugewinn.

Da Sie für Ihre Scheidung ohnehin anwaltlich vertreten sein müssen, kann es empfehlenswert sein, sich bereits jetzt frühzeitig zu informieren und anwaltlich beraten zu lassen. Wir helfen Ihnen gern mit einer kostenlosen Ersteinschätzung zu Ihrer individuellen Situation!

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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