Keine Eigenbedarfskündigung ohne ernsthafte Nutzungsabsicht!

  • 2 Minuten Lesezeit

In einer Entscheidung vom 11.10.2016 (Az. VIII ZR 300/15) hat sich der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige achte Senat beim BGH wieder einmal mit dem Thema Eigenbedarfskündigung beschäftigen müssen. In dieser Entscheidung ging es darum, was einem passiert, wenn die vom Vermieter benannte Eigenbedarfsperson gar nicht die Absicht hat, in die Wohnung zu ziehen. Die Entscheidung ist vor allen Dingen für Mieter interessant, die nach ihrem Auszug merken, dass die Eigenbedarfsperson gar nicht in die Wohnung einzieht und diese leer bleibt oder ein Dritter einzieht. Mieter haben dann unter Umständen ein Recht Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs.

So war es in dem vom BGH zu entscheidenden Fall: Nach dem Auszug der Mieterin blieb die Wohnung leer. Der Vermieter hatte zunächst die von der Mieterin bewohnte Einzimmerwohnung im April 2011 zum ein 30.01.2012 wegen dringenden Eigenbedarfs gekündigt. In der Kündigung hatte der Vermieter behauptet, seine pflegebedürftige Mutter, die damals allein in ihrem Einfamilienhaus lebte, aufnehmen zu wollen. Im Räumungsprozess einigten sich die Parteien vergleichsweise auf eine Räumung bis zum 30.08.2012 gegen Zahlung von 1000 €. Seit dem fristgerechten Auszug der Mieterin stand dann die Wohnung leer. Die Mutter des Vermieters zog nicht ein. Vielmehr verstarb sie am 07.11.2014, also mehr als zwei Jahre nach Räumung der Wohnung. Die Mieterin verlangte sodann Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs.

Die Bundesrichter verneinten im vorliegenden Fall den Eigenbedarf, wenn die vom Vermieter benannte Eigenbedarfsperson gar nicht die Absicht hat, in die Wohnung einzuziehen. Eine sogenannte Vorratskündigung, der ein gegenwärtig noch nicht absehbarer Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson zugrunde liegt, reicht für den Eigenbedarf noch nicht aus. Vielmehr muss sich der Nutzungswunsch soweit verdichtet haben, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht. Die Bundesrichter hoben abermals hervor, dass der Eigenbedarf bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestehen muss. Dabei kommt dem zeitlichen Ablauf für die weitere Beurteilung eine wesentliche Bedeutung zu. So auch im vorliegenden Fall, die Wohnung stand mehr als zwei Jahre leer. Es ist daher davon auszugehen, bzw. es liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen ist, wenn der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat umsetzt. Im vorliegenden Fall war es offenbar auch so, dass die Mutter des Vermieters zuvor geäußert hatte, zu keinem Zeitpunkt in die betreffende Wohnung ziehen zu wollen.

Praxishinweis: Die Sach- und Rechtslage wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn sich nach Ablauf der Kündigungsfrist und Auszug des Mieters die Lebensumstände der vom Vermieter benannten Eigenbedarfsperson derart ändern, dass der Eigenbedarf entfällt. Dies könnte der Fall sein, wenn die Eigenbedarfsperson nach Auszug des Mieters zunächst beginnt, die streitbefangene Wohnung zu renovieren. Während der Renovierungszeit ergibt sich jedoch, dass der Eigenbedarfsberechtigte aus beruflichen Gründen wegziehen muss, sagen wir z. B. von Frankfurt nach Hamburg. Dann kann er die gekündigte Wohnung natürlich nicht mehr selbst nutzen, sodass eine Weitervermietung an einen Dritten unschädlich wäre.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Kai Motzkus

Beiträge zum Thema