Kindesunterhalt bei dem Wechselmodell­: Teil 2

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Ob und inwieweit die Eltern das paritätische Wechselmodell praktizieren, ist unterhaltsrechtlich bedeutsam. Durch die Wahl des Wechselmodells sind zum einen die Erwerbsobliegenheiten der Ehegatten, und zum anderen die sich daraus ergebende Barunterhaltspflicht gegenüber dem Kind und ihre Auswirkungen beim ehebezogenen Bedarf und der Bedürftigkeit betroffen. Dabei bietet das Gesetz keine Regelung zu dem Fall, dass beide Eltern gemeinschaftliche Kinder oder dasselbe Kind abwechselnd betreuen.

In diesem Teil wird darüber diskutiert, wie sich das paritätische Wechselmodell auf die Bedarfsbemessung des Kindes auswirkt.

Verfügen beide getrenntlebenden Ehegatten über Erwerbseinkünfte und teilen die Betreuung ihres minderjährigen Kindes untereinander auf, kann der Unterhaltsbedarf des Kindes, ausgerichtet an den Erwerbseinkünften beider Ehegatten, aus der Düsseldorfer Tabelle entnommen werden. Der Unterhaltsbedarf erhöht sich allerdings wegen der durch die Betreuung in zwei Haushalten um einen zu schätzenden Mehrbedarf (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 74; BGH NJW 2006, 2258, Rn. 17). Unter Mehrbedarf sind zusätzliche Aufwendungen z. B. Fahrkosten, Aufwendungen durch Vorhaltung doppelter Wohnräume, Spielsachen und Arbeitsmaterialien oder durch eine Fremdbetreuung in einem Hort zu verstehen.

Wie genau Eltern heranzuziehen sind, ist umstritten. In der Rechtsprechung findet man unterschiedliche Ansätze. Die Anteilshaftung greift aber nur bei paritätischer Betreuung – bei Volljährigen sind zwar auch beide Elternteile unterhaltspflichtig; dies soll aber hier nicht besprochen werden. Darüber hinaus geht es um Aufenthaltsparität, nicht die inhaltliche Parität.

Wenn z. B. eine Frau beim Wechselmodell – inhaltlich, nicht zeitlich – den Löwenanteil der Betreuung des gemeinsamen Kindes übernimmt, führt das nicht zur Minderung ihrer Barunterhaltspflicht.

Einerseits wird überzeugend ausgeführt, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes zwischen den Eltern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen aufzuteilen ist. Andererseits geht OLG Karlsruhe in seiner Entscheidung davon aus, dass bei Betreuung eines Kindes durch beide Elternteile die Barunterhaltsverpflichtung der beiden Eltern direkt aus dem sich aus ihrem jeweiligen Einkommen ergebenden hälftigen Tabellenunterhalt abzuleiten ist. Diese Berechnungsmethode entspricht aus der Sicht des Gerichts systematisch der Berechnung im klassischen Modellfall und vermeidet die Notwendigkeit der Wertbemessung des jeweils geleisteten Naturalunterhalts (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.12.2005 - 2 UF 10/05).

Weiterhin hat AG Freiburg einen kombinierten Ansatz gefunden, nämlich dass in einem Wechselmodell der Bedarf der Kinder durch beide Parteien im Rahmen des Naturalunterhalts überwiegend sichergestellt ist. Der ergänzende anteilige Barbedarf kann nur durch die Lebensverhältnisse geprägt sein, die durch das jeweilige Einkommen des Pflichtigen bestimmt werden. Daher ist für jeden Elternteil der Unterhaltsbedarf des Kindes nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen dieses Elternteils nach Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln (AG Freiburg, Urteil vom 28.10.2005 - 43 F 217/03).

Der Unterhaltsbarbedarf eines Kindes deckt zwar im Grundsatz nur die Bedürfnisse ab, die außerhalb der Betreuung liegen. Teilen die Eheleute die Betreuung des Kindes aber unter sich auf, erbringen sie dabei auch Naturalunterhalt, der den Barunterhaltsbedarf des Kindes mindert und Berücksichtigung finden muss.


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