Kindesunterhalt: Ein Überblick

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Im Herzen eines jeden Kindes liegt das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit – Bedürfnisse, die weit über die Liebe hinausgehen und tief in den alltäglichen Lebensgrundlagen verankert sind. Die Berechnung des Kindesunterhalts ist mehr als eine formale Pflicht; sie ist eine Brücke zur Erfüllung dieser grundlegenden Bedürfnisse, indem sie sicherstellt, dass jedes Kind die Unterstützung erhält, die es verdient, um in einer Welt voller Möglichkeiten zu wachsen und zu gedeihen.

Daher basiert die Berechnung des Kindesunterhalts auf den Bedürfnissen des Kindes und dem Einkommen der unterhaltspflichtigen Elternteile. Der Kindesunterhalt ist gesetzlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, insbesondere in den §§ 1601 ff. BGB. Die Düsseldorfer Tabelle spielt eine zentrale Rolle bei der Berechnung des Unterhaltsbetrags.




I. Gründe für die Berechnung des Kindesunterhaltes

Die Berechnung des Kindesunterhalts dient dazu, die Interessen des Kindes zu schützen und zu fördern, indem sie eine angemessene, faire und rechtlich abgesicherte Unterstützung sicherstellt.

  • Sicherstellung des Kindeswohls

Die Hauptfunktion des Kindesunterhalts ist es, das Wohl des Kindes zu sichern. Kinder haben das Recht auf eine angemessene Versorgung, die ihre physischen, emotionalen und sozialen Bedürfnisse umfasst. Durch die Berechnung des Kindesunterhalts wird sichergestellt, dass das Kind Zugang zu Bildung, Gesundheitsfürsorge, Unterkunft, Nahrung und anderen notwendigen Lebensbedingungen hat.

  • Gerechtigkeit und Fairness

Die Berechnung des Kindesunterhalts dient dazu, eine gerechte und faire Verteilung der finanziellen Lasten zwischen den Elternteilen zu gewährleisten. Dabei werden das Einkommen und die finanziellen Möglichkeiten jedes Elternteils berücksichtigt, um sicherzustellen, dass beide Elternteile nach ihren Möglichkeiten zum Unterhalt des Kindes beitragen.

  • Rechtliche Klarheit und Verbindlichkeit

Eine formelle Berechnung und Festsetzung des Kindesunterhalts schaffen rechtliche Klarheit und Verbindlichkeit für beide Elternteile. Sie verhindert Missverständnisse und Konflikte, indem sie genau festlegt, wie viel Unterhalt gezahlt werden muss. Dies trägt zur Stabilität und Sicherheit der finanziellen Unterstützung für das Kind bei.

  • Anpassung an Lebensumstände

Die Berechnung ermöglicht eine flexible Anpassung des Unterhaltsbetrags an Veränderungen in den Lebensumständen, wie zum Beispiel Änderungen im Einkommen der Eltern, Veränderungen im Bedarf des Kindes oder in der Familienstruktur. So kann der Unterhalt regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden, um den aktuellen Bedürfnissen des Kindes gerecht zu werden.

  • Vorbeugung gegen Unter- oder Überzahlung

Eine genaue Berechnung hilft, sowohl Unterzahlung, die das Wohl des Kindes gefährden könnte, als auch Überzahlung, die einen unangemessenen finanziellen Druck auf den zahlenden Elternteil legen würde, zu vermeiden.




II. Arten des zu leistenden Unterhaltes 

Es ist zu unterscheiden zwischen Barunterhalt und Naturalunterhalt. Der Unterschied liegt hauptsächlich in der Art und Weise, wie der Unterhalt geleistet wird. Beide Formen sind darauf ausgerichtet, die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten zu decken.

1. Barunterhalt

Barunterhalt bezeichnet die Unterhaltsleistung in Form von Geld. Der unterhaltspflichtige Elternteil überweist einen festgelegten Geldbetrag an den Elternteil, bei dem das Kind lebt, oder direkt an den Unterhaltsberechtigten (im Falle von volljährigen Kindern). Der Betrag soll dazu dienen, sämtliche Lebenshaltungskosten des Kindes zu decken, wie Wohnen, Nahrung, Kleidung, Bildung, medizinische Versorgung und Freizeitaktivitäten.

2. Naturalunterhalt

Naturalunterhalt hingegen umfasst die direkte Versorgung und Betreuung des Unterhaltsberechtigten. Für ein Kind, das bei einem seiner Elternteile lebt, erbringt dieser Elternteil seinen Unterhaltsbeitrag in Form von Pflege, Erziehung, Bereitstellung von Wohnraum, Nahrung, Kleidung und direkter Betreuung. Dies gilt als Naturalunterhalt, da die Leistungen nicht monetär, sondern durch direkte Sach- und Dienstleistungen erbracht werden.

3. Unterschiede und Anwendungsbereiche

  • Anwendungsbereich

Barunterhalt wird typischerweise vom nicht betreuenden Elternteil geleistet, d.h. der Elternteil, der nicht den Hauptteil der täglichen Betreuung und Versorgung des Kindes übernimmt. Naturalunterhalt wird hingegen vom betreuenden Elternteil erbracht, bei dem das Kind lebt.

  • Flexibilität und Kontrolle

Beim Barunterhalt hat der empfangende Elternteil oder der volljährige Unterhaltsberechtigte die Kontrolle darüber, wie das Geld ausgegeben wird, um den Bedarf des Kindes zu decken. Beim Naturalunterhalt liegt die Verantwortung für die direkte Versorgung beim leistenden Elternteil.

  • Rechtliche Festlegung

Der Umfang des Barunterhalts kann rechtlich festgelegt und eingefordert werden, basierend auf dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und den Bedürfnissen des Kindes. Naturalunterhalt wird weniger quantitativ festgelegt, da er in der direkten Betreuung und Versorgung besteht.

Barunterhalt und Naturalunterhalt ergänzen sich in der Versorgung des Unterhaltsberechtigten, wobei der Barunterhalt eine monetäre Leistung und der Naturalunterhalt eine Sachleistung darstellt. Beide Formen des Unterhalts sind essenziell, um die materiellen und immateriellen Bedürfnisse des Kindes oder des Unterhaltsberechtigten zu erfüllen.




III. Kindesunterhalt für minderjährige Kinder

1. Grundprinzipien

  • Bedürftigkeit des Kindes

Der Anspruch auf Unterhalt besteht, weil das Kind nicht in der Lage ist, für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.

  • Leistungsfähigkeit der Eltern

Die Höhe des Unterhalts hängt von der finanziellen Leistungsfähigkeit der unterhaltspflichtigen Eltern ab. Es gilt der Grundsatz: "Ein Elternteil muss seinem Kind den Unterhalt zukommen lassen, der seiner Lebensstellung entspricht."

  • Berechnung des Unterhalts

(i) Ermittlung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen

Das Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils ist Ausgangspunkt der Berechnung. Hierbei werden fast alle Einkunftsarten berücksichtigt, einschließlich Gehalt, Mieteinnahmen und Kapitalerträge. Bestimmte Pauschalen und Freibeträge, wie z.B. berufsbedingte Aufwendungen, werden abgezogen.

(ii) Anwendung der Düsseldorfer Tabelle

Die Düsseldorfer Tabelle enthält Einkommensgruppen und den entsprechenden Unterhaltsbetrag, der nach dem Alter des Kindes und der Einkommensgruppe des Unterhaltspflichtigen gestaffelt ist. Die Tabelle berücksichtigt sowohl das Alter des Kindes als auch die Anzahl der zu unterhaltenden Kinder, was zu einer Anpassung des Unterhalts führt.

(iii) Berücksichtigung des Kindergeldes

Das Kindergeld wird bei alleiniger Unterhaltsleistung durch einen Elternteil zur Hälfte auf den Unterhaltsbetrag angerechnet. Das heißt, dass der unterhaltspflichtige Elternteil das halbe Kindergeld ( 125 EUR)  vom Unterhaltsbetrag abziehen kann.

(iv) Sonder- und Mehrbedarf

Über den regulären Unterhalt hinaus kann ein Bedarf für besondere Umstände geltend gemacht werden, wie z.B. Kosten für Krankheit, Schulbedarf oder besondere Freizeitaktivitäten.

(v) Besonderheiten

  • Selbstbehalt

Der unterhaltspflichtige Elternteil muss nicht so viel zahlen, dass seine eigene Existenz gefährdet wäre. Für ihn gilt ein Selbstbehalt, der seinen notwendigen Eigenbedarf deckt.

  • Wechselmodell

Bei einem paritätischen Wechselmodell, bei dem das Kind zu gleichen Teilen bei beiden Elternteilen lebt, kann die Unterhaltspflicht anders berechnet werden. Hier werden oft beide Einkommen herangezogen, und es findet ein Ausgleich statt.

  • Anpassung

Der Unterhalt kann angepasst werden, wenn sich die finanziellen Verhältnisse der Eltern oder die Bedürfnisse des Kindes ändern.




IV. Kindesunterhalt für volljährige Kinder

Volljährige Kinder haben ebenfalls einen Anspruch auf Unterhalt, wenn sie sich in einer allgemeinen Schulausbildung befinden, studieren oder eine Ausbildung machen und noch nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Der Anspruch besteht somit bis zum Abschluss der ersten Ausbildung oder des ersten Studiums.

Im Gegensatz zu minderjährigen Kindern wird der Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder gegenüber beiden Elternteilen grundsätzlich als Barunterhalt geltend gemacht. Dies bedeutet, dass auch der Elternteil, bei dem das Kind wohnt, barunterhaltspflichtig sein kann, sofern er leistungsfähig ist. Lebt das volljährige Kind nicht mehr im Haushalt der Eltern, erhöht sich der Unterhaltsbedarf in der Regel, da nun auch Kosten für Wohnraum und Lebensführung anfallen.

Die Düsseldorfer Tabelle findet auch hier Anwendung, allerdings sind die Unterhaltssätze für volljährige Kinder in der Regel höher angesetzt als für Minderjährige. Für die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs wird zunächst das Einkommen beider Elternteile herangezogen. Von diesem Einkommen werden bestimmte Beträge (z.B. berufsbedingte Aufwendungen, Schuldenrückzahlungen) abgezogen, um das bereinigte Nettoeinkommen zu ermitteln. Anhand dieses bereinigten Einkommens und der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen wird dann der Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet.

Es ist wichtig zu beachten, dass volljährige Kinder auch eigenes Einkommen, wie z.B. BAföG, Ausbildungsvergütung oder Einkünfte aus einer Nebentätigkeit, auf ihren Unterhaltsanspruch zu gewissen Teilen anrechnen müssen.




Dieser Beitrag kann eine auf den persönlichen Lebenssachverhalt angepasste anwaltliche Beratung nicht ersetzen. Er dient der generellen Information und dem Einstieg in das Thema Kindesunterhalt.

Wenn Sie Fragen oder Beratungsbedarf zum Thema Kindesunterhalt haben, können Sie sich gerne mit mir unter 0228-97274553 oder unter info@kanzlei-kuschel.de in Verbindung setzen.


Jacqueline Kuschel

Rechtsanwältin


Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/geld-banknoten-kinderspielzeug-7729796/

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