Kost und Logis oder Barunterhalt bei volljährigen Kindern – wer hat das Wahlrecht?

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Diese Rechtsfrage ist in § 1612 Abs. 2 BGB geregelt:

„Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird.“

Das bedeutet, grundsätzlich haben die Eltern das Bestimmungsrecht. Diese gesetzliche Wertung berücksichtigt, dass die Eltern die Leistung erbringen. Bieten die Eltern ihrem meist volljährigen und in der Ausbildung befindlichen Kind den sogenannten Naturalunterhalt (Kost und Logis) an, sind sie darüber hinaus nur verpflichtet, Geldmittel für die sonstigen Bedürfnisse wie Kleidung etc. zur Verfügung zu stellen.

Darf der junge Erwachsene das Angebot der Eltern ausschlagen?

Grundsätzlich gilt, dass das Kind den Unterhaltsanspruch verliert, wenn es den angebotenen Naturalunterhalt nicht annimmt.

Eine Ausnahme besteht, wenn ein Zuhausewohnen für das Kind unzumutbar ist. Nach herrschender Rechtsprechung und juristischer Literatur reicht dafür nicht die Behauptung des unterhaltsberechtigten volljährigen Kindes, es möchte auf eigenen Beinen stehen, es verstehe sich mit den Eltern nicht gut etc. Eine Unzumutbarkeit des Zusammenlebens wird nur dann angenommen, wenn eine tiefgreifende Zerrüttung und Entfremdung zwischen Eltern und Kind eingetreten ist, die nicht alleine auf einem rücksichtslosen oder provozierenden Verhalten des Kindes beruht und sie nicht auf ständige, unangemessene Erziehungsmaßnahmen zurückzuführen ist.

Davon muss das Kind im Zweifel das Gericht überzeugen. In aller Regel bestätigen die Gerichte in diesen Fällen das Bestimmungsrecht der Eltern. Ein solches Verfahren aus den oben genannten Gründen zu führen kann ein Anwalt nicht mit gutem Gewissen empfehlen, da danach das Zerwürfnis erst richtig groß ist und das Kind sein Leben ohne Unterhalt bestreiten muss.

Es gibt aber andere Fälle, in denen das Kind ausnahmsweise vollen Barunterhalt einfordern kann:

* wenn das Platzangebot im Haus nicht ausreicht. Ein eigenes Zimmer reicht, ein abgeschlossener Wohnbereich mit eigenem Bad kann nicht verlangt werden.

* wenn die gewünschte Ausbildung bzw. das gewünschte Studium in der Nähe des Wohnorts der Eltern nicht möglich ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie Eltern nur verpflichtet sind, Unterhalt während einer Berufsausbildung zu leisten.

Rechtsanwältin Suzan Goldschmidt

24.06.2020


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