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Kreuzfahrt mit Hindernissen

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Eine Kreuzfahrt ist bekanntermaßen sehr teuer – dementsprechend hoch sind auch die Erwartungen der Schiffspassagiere. Der Aufenthalt auf See sowie die Landgänge müssen unvergesslich und perfekt sein. Umso größer ist die Enttäuschung, wenn vor, während oder kurz nach der Schifffahrt etwas schiefläuft. Wird etwa das Fahrzeug, das während der Seereise in einem Parkhaus abgestellt wurde, nach der Rückkehr beschädigt aufgefunden oder ein Landgang wegen schlechten Wetters komplett abgesagt, stellt sich die Frage, welche Ansprüche der unzufriedene Reisegast gegen das Kreuzfahrtunternehmen hat.

Parkplatzvermittlung oder Verwahrungsvertrag?

Vor dem Antritt seiner Kreuzfahrt stellte ein Reisegast seinen Pkw in einem Parkhaus in der Nähe des Hafens ab. Den Parkservice hatte er zuvor über das Kreuzfahrtunternehmen für 90 Euro gebucht, die als „Parking“ vom Bordkonto abgezogen wurden. Nach der Kreuzfahrt wurden dem Passagier die Autoschlüssel von Mitarbeitern des Kreuzfahrtunternehmens überreicht.

Kurz darauf fielen dem Urlauber diverse tiefe Kratzer im Lack des Kfz auf, die er für über 1900 Euro beseitigen ließ. Diesen Betrag verlangte er vom Kreuzfahrtunternehmen ersetzt. Das jedoch verweigerte jede Zahlung – immerhin habe es den Parkplatz nur vermittelt. Der Mietvertrag sei dagegen zwischen dem Parkhausbetreiber und dem Reisegast geschlossen worden. Nun klagte der Kreuzfahrtgast die Reparaturkosten vom Unternehmen ein.

Kreuzfahrtunternehmen muss zahlen

Das Amtsgericht (AG) München wies darauf hin, dass das Kreuzfahrtunternehmen Schadenersatz leisten muss – schließlich hatte es mit dem Urlauber einen Verwahrungsvertrag geschlossen. Es war daher verpflichtet, das Fahrzeug ordnungsgemäß abzustellen und für die Dauer der Parkplatznutzung vor Schaden zu bewahren. Hiergegen hat es zweifelsfrei verstoßen, weil der Pkw zerkratzt zurückgegeben wurde.

Dass das Unternehmen lediglich die Parkplatzreservierung und -vermittlung übernommen hat, war für den Reisenden schließlich nicht ersichtlich. So wurde unter anderem die Parkgebühr vom Bordkonto abgebucht und die Rückgabe des Autoschlüssels erfolgte durch Mitarbeiter des Unternehmens. Der Urlauber durfte deshalb davon ausgehen, einen Verwahrvertrag mit dem Unternehmen geschlossen zu haben. Etwas anderes ergab sich auch nicht aus dessen Reisekatalog oder Internetauftritt (AG München, Urteil v. 19.03.2015, Az.: 122 C 21221/14, n. rkr.).

Schlechtes Wetter verhindert Landgang

Zwei Urlauber hatten unter anderem eine 19-tägige Kreuzfahrt für 16.420 Euro gebucht. Danach sollten die Passagiere – abzüglich jeweils eines Ein- und Ausschiffungstags – sechs Entspannungstage auf hoher See verbringen und an den übrigen elf Tagen Ausflüge an Land machen. Aufgrund schlechten Wetters musste der Kapitän jedoch vier Landgänge in Grönland absagen und die Route ändern. Insgesamt verbrachten die Passagiere so zehn Tage auf See und nur sieben Tage mit Ausflügen an Land.

Nach ihrer Heimkehr wollten die Urlauber deshalb den Reisepreis mindern. Der Reiseveranstalter verwies die beiden daraufhin auf eine Vertragsklausel, wonach die Reiseroute je nach Wetterlage auch kurzfristig geändert werden könne, und lehnte eine Teilrückzahlung des Reisepreises ab. Die Urlauber wollten den Gesamtreisepreis in Höhe von 16.420 Euro dennoch um 25 Prozent mindern und zogen vor Gericht.

Änderung der Reiseroute ist erheblicher Mangel

Das AG Frankfurt am Main gab den Schiffsgästen zu einem großen Teil Recht. Sie durften gemäß der §§ 651d, 651c I BGB i. V. m. 638 III, IV 1 BGB den Reisepreis mindern. Obwohl vertraglich vereinbart worden war, dass die Passagiere sechs Tage auf See und elf Tage an Land verbringen sollten, war die Route nämlich beträchtlich verändert worden: Die ursprünglich von Ausflügen an Land geprägte Kreuzfahrt beinhaltete nach der Routenänderung mehr Seetage. Das wiederum war eine deutliche Abweichung vom Reisevertrag und stellte somit einen erheblichen Reisemangel dar.

An diesem Ergebnis änderte auch die Vertragsklausel nichts, wonach sich der Reiseveranstalter kurzfristige Änderungen der Reiseroute vorbehielt. Diese Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) war nämlich gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. Ein Änderungsvorbehalt ist nach dieser Vorschrift nur möglich, wenn die beabsichtigte Änderung für den Vertragspartner auch zumutbar ist – was vorliegend aber nicht der Fall war. Denn der Reiseveranstalter hatte sich ein pauschales Änderungsrecht vorbehalten. Er konnte also jederzeit – auch ohne das Vorliegen eines triftigen Grundes und ohne Berücksichtigung der Zumutbarkeit für den Passagier – die Route ändern.

Allerdings durften die Reisenden nicht den Gesamtreisepreis mindern. Denn nur an vier Tagen ist mangelhaft geleistet worden. Damit durfte auch nur der jeweilige Reisepreis für diese Tage – sog. Tagesreisepreis – gemindert werden. Das Gericht erachtete eine Minderung von 50 Prozent für jeden der vier „verdorbenen“ Urlaubstage für ausreichend. Eine hundertprozentige Minderung kam dagegen nicht infrage, denn mit Ausnahme der abgesagten Landgänge sind die übrigen Leistungen – z. B. Versorgung mit einer Unterkunft und Nahrung – mangelfrei erbracht worden.

(AG Frankfurt am Main, Urteil v. 30.07.2015, Az.: 31 C 511/15 (83))

(VOI)

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