Kriegsverbrechen in Palästina melden

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Es gab und gibt sie wirklich, deutsche Opfer von Kriegsverbrechen in Palästina. Ein Beispiel wäre etwa ein deutscher Familienvater mit palästinensischen Wurzeln, der auf Besuch bei seiner Familie im Gazastreifen weilt: Er eilt Bewohnern des Nachbarhauses, das von einer israelischen Bombe getroffen wird, zu Hilfe und wird dabei durch einen erneuten Angriff oder durch einen herabfallenden Balken schwer verletzt.

Bisher stand deutschen Opfern der Weg zur Bundesanwaltschaft in Karlsruhe offen, die Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch verfolgt, wenn sie einen Bezug nach Deutschland haben. Dazu gehört nach der Webseite der Bundesanwaltschaft neben der Verfolgung der Täter auch die Sicherung von Beweisen und die Vernehmung von Opfern (Generalbundesanwalt).

Gibt man allerdings auf der Webseite der Bundesanwaltschaft das Wort "Gaza" ein, erzielt man lediglich einen einzigen Treffer, nämlich eine Pressemitteilung vom 14. Dezember 2023, die darauf hinweist, dass vier mutmaßliche Mitglieder der "terroristischen Organisation 'Hamas'" verhaftet wurden. 

Inzwischen haben sich die Chancen von Opfern von Kriegsverbrechen in den sogenannten "besetzten palästinensischen Gebieten", Gerechtigkeit zu erfahren, allerdings erheblich verbessert:

Bereits im Februar 2021 hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag entschieden, dass sich seine Zuständigkeit auch auf die von Israel seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiete, nämlich "Gaza und die Westbank, einschließlich Jerusalem", erstreckt.

Seit dem brutalen Angriff der Hamas und verbündeten Kämpfern auf israelisches Gebiet am 7. Oktober 2023  ist viel passiert:

Israels Luftangriffe und Bodentruppen sowie die vollständige Blockade durch Israel ("kein Strom, keine Nahrung, kein Wasser, kein Treibstoff, so der israelische Verteidigungsminister  der israelische Verteidigungsminister) haben auf dem winzigen, dicht besiedelten Küstenstreifen  (2,3 Millionen Einwohner auf einem Gebiet von 40 km Länge und 6-14 km Breite) zu mehr als 23.000 Toten, überwiegend Frauen und Kinder, geführt; fast 60.000 Menschen, der Großteil Kinder, wurden verwundet und teilweise auch verstümmelt. Mehr als 85 Prozent der Bevölkerung  ist obdachlos und die Infrastruktur, einschließlich der Krankenhäuser, Schulen, Abwasseranlagen und auch die Ackerflächen, sind zerstört oder schwer beschädigt. 

Angesichts der drohenden humanitären Katastrophe einschließlich drohender irreversibler Schädigungen von Kindern aufgrund von Kälte, Mangelernährung und fehlendem Zugang zu sauberem Wasser sowie dem Mangel an Hygiene und medizinischer Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen steht nun auch der gegenüber seiner südafrikanischen Vorgängerin wesentlich zurückhaltendere britische Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag einer Strafverfolgung von israelischen Tätern offen gegenüber.

Der internationale Strafgerichtshof hat nunmehr auf seiner Webseite unter Information for victims - State of Palestine einen Link eingerichtet, mit welchem jede Person oder Gruppe Informationen betreffend jegliche Kriegsverbrechen in den besetzten palästinensischen Gebieten einschließlich Gaza übermitteln kann https://otplink.icc-cpi.int/. Opfer von Gewalt betreffend die "palästinensische Situation", die den Tatbestand von Verbrechen nach dem Statut des internationalen Strafgerichtshofs erfüllen könnte, können außerdem bei dem Gerichtshof formalen Opferstatus beantragen, um später an einem Gerichtsverfahren gegen mögliche Täter teilzunehmen.

Zum Streit darüber, ob dem Staat Israel das Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der UN-Charta innerhalb der besetzten palästinensischen Gebiete einschließlich Gaza zusteht, finden Sie mehr auf meiner Webseite unter dem Titel  ICJ Advisory Opinion of 2004 haunts Israel – no right of self-defence in Gaza. Zu dem Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof wegen möglichen Völkermordes (genocide), das Südafrika nunmehr gegen Israel  eingeleitet hat, finden Sie mehr auf der Webseite des Internationalen Gerichtshofs.













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