Kündigung bei Insolvenz - Was nun?

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Kann der Arbeitgeber seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht mehr erfüllen oder droht Zahlungsunfähigkeit, spricht man von der Insolvenz. Viele Beschäftigte treibt wegen der andauernden Corona-Pandemie die Frage um, was passiert, wenn der Arbeitgeber Insolvenz beantragen muss. Dies ist nachvollziehbar, denn die Restriktionen im öffentlichen Leben gefährden die Zahlungsfähigkeit vieler Kleinunternehmer. Gerade die Gastronomie-, Frisör- und Tourismusbranchen sind besonders stark betroffen.

In diesem Rechtstipp gehen wir der Frage auf den Grund, ob die Insolvenz ein Kündigungsgrund darstellen kann, wer im Insolvenzverfahren zum Ausspruch einer Kündigung befugt ist und wie die betroffenen Arbeitnehmer ihre Rechte durchsetzen können.


1. Insolvenz des Arbeitgebers - Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag? 

Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, bleibt dies zunächst ohne direkte Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag. § 108 der Insolvenzordnung nämlich ordnet an, dass die Arbeitsverhältnisse fortbestehen. Das bedeutet für die Beschäftigten zunächst einmal, dass sie weiterhin dazu verpflichtet sind, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Im Gegenzug entstehen hierfür auch Lohnansprüche. Auch der gesetzliche Kündigungsschutz besteht fort!

Übrigens: Droht dem Betrieb die Insolvenz und Lohnzahlungen bleiben aus, bedeutet das nicht, dass Sie ohne Weiteres dazu berechtigt sind, Ihre Arbeit zu verweigern! Fordern Sie Ihren Arbeitgeber zunächst schriftlich zur Leistung auf. Sie sollten nur in Ausnahmefällen und nach Ablauf eines Zeitraums von mehreren Monaten erwägen, die Arbeit einzustellen.


2. Darf der vorläufige Insolvenzverwalter Kündigungen aussprechen?

Prinzipiell hat der vorläufige Insolvenzverwalter keine Befugnis, Kündigungen auszusprechen! Denn sein Aufgabenschwerpunkt liegt in der Sicherung der Vermögensmasse des Betriebes. Er prüft in diesem Sinne zunächst nur, ob ein Insolvenzverfahren durchgeführt werden kann.

Anders hingegen sieht es aus, wenn das Insolvenzgericht einen sog. „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt hat. Die Insolvenzordnung stattet diesen mit weitergehenden Befugnissen aus, zu denen auch die Kompetenz zum Ausspruch von Kündigungen gehört. Aufschluss hierüber liefert grundsätzlich der Beschluss des Insolvenzgerichts.


3. Kündigung vom Insolvenzverwalter erhalten - Was ist zu beachten?

Im Unterschied zum vorläufigen ist der eigentliche Insolvenzverwalter berechtigt Kündigungen auszusprechen.

Wichtig: Die Insolvenz ist als solche kein Kündigungsgrund! Auch im Insolvenzverfahren gilt die Systematik des Kündigungsschutzgesetzes, wonach eine Kündigung nur in Betracht kommt, wenn sie auf personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen fußt.

Von Bedeutung ist im Falle der Insolvenz insbesondere die Kündigung aus betrieblichen Gründen. Hierbei muss im Rahmen der Kündigung beachtet werden, dass

  • der Beschäftigungsbedarf für den Betroffenen entfallen ist
  • es keine andere vergleichbar geeignete Beschäftigungsmöglichkeit gibt und dass
  • eine ordnungsgemäße Sozialauswahl stattgefunden hat.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Kündigung unwirksam. In diesen Fällen kann es ratsam sein, eine Kündigungsschutzklage zu erheben! Sprechen Sie uns hierzu jederzeit gerne an.


4. Welche Kündigungsfristen gelten bei Insolvenz?

Während der allgemeine und besondere Kündigungsschutz auch im Insolvenzverfahren anwendbar bleibt, gelten zur Steigerung der Flexibilität kürzere Kündigungsfristen! Ziel des Insolvenzverfahrens ist nämlich zunächst, das Unternehmen durch gezielte Umstrukturierungsmaßnahmen zu sanieren. Dementsprechend kann der Insolvenzverwalter die Beschäftigten mit einer Frist von höchstens drei Monaten kündigen. Das gilt übrigens auch für arbeitgeberseitig unkündbare Arbeitsverhältnisse!


5. Kündigungsschutzklage im Insolvenzverfahren - Geht das?

Wer gegen eine Kündigung bei Insolvenz des Arbeitgebers vorgehen möchte, kann selbstverständlich Kündigungsschutzklage erheben. Adressat der Klage ist dann übrigens der Insolvenzverwalter. Wie auch im regulären Geschäftsbetrieb ist die knappe 3-Wochen-Frist zur Klageerhebung zu beachten, die mit Zugang der Kündigung zu laufen beginnt!

Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


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