Kündigung während der Kurzarbeit – was Sie beachten müssen

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Kurzarbeit schützt Sie grundsätzlich nicht vor einer Kündigung. Allerdings können Arbeitgeber einige Fehler machen. Was Arbeitnehmer beachten sollten, erfahren Sie hier.

1. Kann während Kurzarbeit gekündigt werden?   

2. Welche Kündigungsfrist hat der Arbeitgeber einzuhalten?

3. Welches Gehalt ist während der Kündigungsfrist zu zahlen?

4. Welche Besonderheiten sind bei einer Eigenkündigung in Kurzarbeit zu beachten?

5. Fazit

 

1. Kann während Kurzarbeit gekündigt werden

Eine Kündigung kann grundsätzlich auch während der Kurzarbeit ausgesprochen werden. Es besteht kein besonderer Kündigungsschutz. Ihr Arbeitgeber muss nur weiterhin den allgemeinen Kündigungsschutz beachten. Dieser steht Ihnen zu, wenn Sie mindestens 6 Monate bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind und in Ihrem Betrieb regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter arbeiten.

Der allgemeine Kündigungsschutz lässt nur bestimmte Kündigungsgründe zu. Möglich sind personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe. 

Gerade hinsichtlich der betriebsbedingten Kündigung ist während der Kurzarbeit eine Besonderheit zu beachten. Das hat folgenden Grund:

Der Arbeitgeber kann nur dann Kurzarbeitergeld beantragen, wenn er in diesem Moment davon ausgeht, dass lediglich ein vorübergehender Arbeitsmangel besteht. Das Kurzarbeitergeld ist dazu gedacht, kurzfristigen Arbeitsausfall zu kompensieren. Die Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung müssen hingegen darüber hinausgehen und darauf schließen lassen, dass die Stelle des Arbeitnehmers dauerhaft entfällt.

Beantragt ein Arbeitgeber zuerst Kurzarbeitergeld und kündigt er später betriebsbedingt, verhält er sich also in gewisser Weise widersprüchlich. Dieser Widerspruch kann sich allerdings auflösen, wenn zwischenzeitlich eine veränderte Sachlage eingetreten ist.

Mögliche Gründe für eine Veränderung können z.B. sein, dass seit dem Antrag auf Kurzarbeitergeld

  • Aufträge dauerhaft weggebrochen sind und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich wesentlich verschlechtert hat
  • Aufgaben nach dem Übergang in die Kurzarbeit zusammengelegt oder an externe Firmen vergeben wurde oder
  • der Betrieb durch den Arbeitgeber anderweitig umstrukturiert wurde, z.B. durch die Schließung einzelner Bereiche (nach Anmeldung der Kurzarbeit)

Zusammenfassend bedeutet dies, dass Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigung sich nicht ausschließen müssen. Zunächst kann der Arbeitgeber bei Beantragung des Kurzarbeitergeldes von einem nur vorübergehenden Arbeitsmangel ausgegangen sein. Kommen während der Kurzarbeit neue Gründe hinzu, welche auf einen dauerhaften Entfall schließen lassen, kann der Arbeitgeber einzelne Mitarbeiter kündigen. Diese veränderten Umstände muss er allerdings beweisen können, was in manchen Fällen nicht leicht fällt. 

Arbeitnehmer sollten daher eine Kündigung nicht klaglos hinnehmen. In der Regel lohnt sich eine Kündigungsschutzklage. Achtung: Diese Klage ist innerhalb von drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht einzureichen.  


2. Welche Kündigungsfrist hat der Arbeitgeber einzuhalten?

Die Kurzarbeit hat keine Auswirkung auf die Kündigungsfrist. Die Dauer der Frist hängt davon ab, wie lange das Arbeitsverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber schon besteht.

Sind Sie zum Beispiel bereits 2,5 Jahre bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt, läuft Ihr Arbeitsverhältnis nach den gesetzlichen Regelungen mindestens noch einen Monat weiter. Es endet erst, sobald nach Ablauf dieses Monats das nächste Monatsende erreicht ist. Anhand der Beschäftigungsdauer kann sich diese gesetzliche Kündigungsfrist auf bis zu 7 Monate erhöhen.

Grundsätzlich kann die Kündigungsfrist im Rahmen eines Tarifvertrages oder durch eine Betriebsvereinbarung abgeändert werden. Möglich ist zudem eine abweichende Reglung im Rahmen Ihres Arbeitsvertrages. In diesem Fall darf die Frist jedoch nicht kürzer sein als die gesetzliche Kündigungsfrist.

Achtung! Abweichend von den gesetzlichen Kündigungsfristen können andere Fristen bei Personen mit einem besonderen Kündigungsschutz (z.B. Schwerbehinderten) greifen.


3. Welches Gehalt ist während der Kündigungsfrist zu zahlen? 

In aller Regel haben Sie während der Kurzarbeit einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, das durch die Arbeitsagentur ausgezahlt wird. Diese Leistung soll den Betrieb entlasten und Arbeitsplätze sichern.

Das Problem: Für die Gewährung wird unter anderem vorausgesetzt, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Das ist nach einer Kündigung nicht mehr der Fall. Mit Erhalt des Kündigungsschreibens entfällt also auch der Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Dies bedeutet, dass Sie Ihr Gehalt innerhalb der oben aufgeführten Kündigungsfristen dann wieder von Ihrem Arbeitgeber erhalten.

Aber Vorsicht: Dies bedeutet nicht zwingend, dass Sie automatisch wieder arbeiten und das Gehalt beziehen wie in der Zeit vor der Kurzarbeit. In dieser Frage herrscht zurzeit erhebliche Rechtsunsicherheit.

Die Höhe des Gehaltes innerhalb der Kündigungsfrist lässt sich nur dann eindeutig bestimmen, wenn vertragliche Vereinbarungen vorliegen. Dies kann z.B. in Form eines Tarifvertrags der Fall sein.

In allen anderen Fällen kommen grundsätzlich drei Möglichkeiten in Betracht:

  • Sie erhalten nur den Lohn, den Ihr Arbeitgeber auch während der Kurzarbeit noch übernommen hat. Bei „Kurzarbeit Null“ würden Sie also kein Gehalt mehr beziehen.
  • Der Arbeitgeber muss Ihnen zumindest den Betrag aus eigener Tasche zahlen, den er sonst von Bundesagentur für Arbeit als Kurzarbeitergeld erstattet erhalten hätte.
  • Ihr Gehalt steigt wieder auf das Niveau wie vor der Kurzarbeit.

Vieles spricht zumindest für die zweite Lösung. Ihr Arbeitgeber hat den Wegfall Ihres Anspruchs auf Kurzarbeitergeld durch seine Kündigung verursacht. Deswegen ist davon auszugehen, dass er auch das wirtschaftliche Risiko zu tragen hat. Das Gehalt muss dann während der Kündigungsfrist an die Höhe des Kurzarbeitergeldes angepasst werden. Endgültig geklärt ist dies allerdings noch nicht.

Um diese Rechtsunsicherheit zu umgehen, kann z.B. ein Abwicklungs- oder Aufhebungsvertrag helfen. Dort können die Höhe des Gehaltes und die Arbeitszeit genau vereinbart werden. Arbeitnehmer sollten allerdings nicht ohne den Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht unterschreiben.

 

4. Welche Besonderheiten sind bei einer Eigenkündigung zu beachten? 

Auch Sie als Arbeitnehmer können das Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit kündigen. Dabei müssen jedoch einige Besonderheiten beachtet werden.

Feststeht, dass

  • Arbeitnehmer sich (genau wie der Arbeitgeber) an die Kündigungsfrist halten müssen. Eine fristlose Kündigung ist meist nur bei schweren Verfehlungen möglich. Falls nichts anderes vereinbart wurde, beträgt die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer grundsätzlich vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende.
  • auch die Kündigung durch den Arbeitnehmer dazu führt, dass der Arbeitsplatz nicht mehr gesichert werden kann. Dies bedeutet, dass der Anspruch auf Kurzarbeitergeld gegenüber der Bundesagentur für Arbeit entfällt.

Jedoch ist, wie auch bei der Kündigung durch den Arbeitgeber, die Höhe des Gehalts während der Kündigungsfrist umstritten. Unklar bleibt also insbesondere, ob der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld ersetzen muss. Die Konstellation ist etwas anders als oben: Hier trifft den Arbeitgeber gerade kein Verschulden an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese Konstellation wurde von der Rechtsprechung bislang noch nicht entschieden. Eine Antwort bleibt abzuwarten.

Beachten Sie zudem: Wenn Sie ohne wichtigen Grund kündigen und keine Anschlussbeschäftigung haben, zahlt die Arbeitsagentur grundsätzlich 12 Wochen kein Arbeitslosengeld. Sie kann gegen Sie eine Sperrzeit verhängen. Ein wichtiger Grund liegt beispielsweise vor, wenn

  • Sie am Arbeitsplatz sexuell belästigt wurden,
  • Sie einen nahen Angehörigen pflegen müssen oder
  • Sie mit Ihrem Ehepartner in einen gemeinsamen Haushalt in einer anderen Stadt ziehen wollen.

Beachten Sie, dass Sie diesen wichtigen Grund detailliert nachweisen müssen. Eine Eigenkündigung sollten Sie daher mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht besprechen.


5. Fazit 

  • Durch die Kurzarbeit steht Ihnen kein besonderer Kündigungsschutz zu. Der Arbeitgeber ist nur an den allgemeinen Kündigungsschutz gebunden.
  • Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur möglich, wenn Ihre Stelle voraussichtlich dauerhaft entfällt. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass sich die Umstände seit Beantragung des Kurzarbeitergeldes verändert haben.
  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind weiterhin an die Kündigungsfristen gebunden.
  • Nach der Kündigung entfällt Ihr Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
  • Hinsichtlich des Gehaltes während der Kündigungsfrist besteht Rechtsunsicherheit.  
  • Auch Sie als Arbeitnehmer können kündigen. Dies kann jedoch negative Folgen in Bezug auf das Arbeitslosengeld haben.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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