Kündigungsschutz für Mieter in Zeiten von Corona

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Die derzeitige Krise führt bei vielen Privatpersonen, Gewerbetreibenden, Unternehmern, Freiberuflern etc. zu finanziellen Engpässen. Sie laufen dann Gefahr, ihre Mieten nicht mehr zahlen zu können.

Auch hier hat der Gesetzgeber eine temporäre Änderung des BGB vorgenommen, um Mieter, die wegen Corona in finanzielle Nöte geraten sind zu schützen.

Was bisher gilt

Denn bislang gilt, dass ein Vermieter das Mietverhältnis mit dem Mieter kündigen kann, wenn dieser mit einem signifikanten Teil seiner Mietzahlungen in Rückstand geraten ist. Hierzu muss der Mieter entweder für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug sein oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug sein, der die Miete für zwei Monate erreichte.

Unter einem nicht unerheblichen Teil der Miete versteht man dabei einen Betrag, der eine Monatsmiete übersteigt.

Hier gibt es wie zu sehen ist,  also verschiedene Konstellationen, in denen ein Mietrückstand zu einer Kündigung führen kann. Spätestens, wenn man dem Vermieter einen Betrag schuldet, der zwei volle Monatsmieten erreicht, kann gekündigt werden.  Dies zeigt, dass eine Kündigung relativ schnell ausgesprochen werden kann. Zudem handelt es sich bei dem Kündigungsrecht des Vermieters wegen ausgebliebener Mietzahlungen um ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht. Man kann über diese Regelung also sehr schnell seine Wohnung oder die Geschäftsräume verlieren mit katastrophalen Folgen für das private Leben oder das berufliche Fortkommen.

Die Änderungen

Nun haben viele Mieter das Problem, dass Ihnen wegen Corona Einnahmen wegbrechen. Es droht die Gefahr, die Miete nicht, oder nicht vollständig zahlen zu können. Über all diesen Mietern schwebt dann das Damoklesschwert, dass Ihnen ggf. wegen der Mietrückstände die Kündigung der Wohnung oder der Geschäftsräume droht. Dies ist eine unerträgliche Situation vor dem Hintergrund, dass die finanziellen Nöte der Mieter auf der Corona Krise beruhen, die niemand zu verantworten hat und vor dem Hintergrund, dass alle derzeit aufgrund der Kriese ohnehin schon genug zu kämpfen haben und sich nicht auch noch Sorgen machen sollten, mit ihrer Wohnung ihren Lebensmittelpunkt, Ihr Zuhause zu verlieren, oder mit dem Verlust der Geschäftsräume ggf. vollständig in den finanziellen Ruin zu stürzen.

Deswegen hat der Gesetzgeber eine Änderung des BGB vorgenommen, die es vorübergehend verbietet, wegen Corona-bedingter Mietrückstände dem Mieter zu kündigen. Diese Regelung findet sich in Art. 240 § 2 EGBGB und besagt konkret, dass  ein Mietverhältnis nicht alleine aus dem Grund gekündigt werden kann, dass ein Mieter in der Zeit zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällige Miete nicht zahlt, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht.

Liegen diese Voraussetzungen vor, kann also trotz Mietrückstandes nicht gekündigt werden.

Aber Achtung! Anders als vielfach angenommen und kommuniziert bedeutet die Regelung nicht, dass der Mieter die Miete zurückhalten darf. Es ist nur geregelt, dass bei Nichtzahlung der Miete nicht gekündigt werden darf. Anders als dies für  bestimmte Verträge nach dem allgemeinen BGB wegen Corona temporär neu eingeführt wurde, besteht für den Mieter hier kein sogenanntes Zurückbehaltungsrecht an der Miete.

Lesen Sie hierzu meine Rechtstipps „Neues Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher wegen Corona“ und „Neues Leistungsverweigerungsrecht für Unternehmer wegen Corona“.

Das bedeutet, der Mieter muss die Miete zahlen, es sei denn, er hat einen Grund, die Miete zurückzuhalten, ansonsten ist der Mieter diversen Ansprüchen des Vermieters ausgesetzt  

Zur Verdeutlichung:  An die Nichtzahlung der fälligen Miete knüpft das Gesetz eine Reihe von Rechtsfolgen. Die Kündigung des Mietverhältnisses ist nur eine davon. Daneben gerät der Mieter, wenn er die fällige Miete nicht zahlt, in Zahlungsverzug. Dies hat zur Folge, dass er Verzugszinsen schuldet und dem Vermieter auch den Schaden ersetzen muss, der diesem durch die Nichtzahlung entsteht.

Die Auswirkungen der Corona-Krise an sich stellen nun keinen Grund dar, die Mieter nicht zu zahlen. Sie führen, wie gezeigt, nur dazu, dass für den Fall der Nichtzahlung die Kündigung ausgeschlossen ist, wenn die Nichtzahlung auf den Auswirkungen der Corona-Krise beruht.

Die übrigen oben geschilderten Folgen einer Nichtzahlung treten aber ein, es sei denn, man hat einen Grund für die Nichtzahlung. Hier könnte die Corona-Krise mittelbar helfen. Grundsätzlich kann der Mieter die Miete zurückhalten, wenn die Mietsache mangelhaft ist. Eine Mietsache ist mangelhaft, wenn ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert oder aufgehoben ist.  Dann kann der Mieter die Miete mindern, bei sehr gravierenden Mängeln, ggf. bis auf  null.

Hier könnte nun, zumindest für Mieter von Gewerberäumen, die wegen Corona nicht genutzt werde können, ein Ansatzpunkt bestehen. Denn man könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass eine behördlich angeordnete Schließung einen Mangel darstellt, der zur Nichtzahlung der Miete berechtigt, denn die Schließung bedeutet ja, dass die Mietsache überhaupt nicht mehr genutzt werden kann, die Tauglichkeit zum vertragsmäßigen Zweck, nämlich als Gewerberaum zu dienen, ist damit aufgehoben.  

Ob dies letztlich so gesehen werden kann, ist im Ergebnis später von den Gerichten zu entscheiden.

Insofern gehen die (Gewerberaum)Mieter, die sich auf einen Mietmangel berufen, hier also ein Risiko ein.

Die Voraussetzungen für das Kündigungsverbot

1) Der Ausschluss der Kündigung gilt nur für Mieten, die in der Zeit zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig werden. Mietrückstände aus der Zeit vor dem 01.04.2020 aber auch ab dem 01.07.2020 berechtigen den Vermieter unter den geschilderten Voraussetzungen  auch weiterhin zur Kündigung.

Neben dem Erfordernis, dass die ausgefallenen Mieten aus dem Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 stammen müssen, erfordert der Ausschluss des Kündigungsrechts noch, dass die Nichtzahlung der Miete kausal auf die Corona-Krise zurückzuführen ist. Dies ist glaubhaft zu machen, was bedeutet, dass Tatsachen mitzuteilen sind, aus denen sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass die Nichtzahlung auf der Corona-Krise beruht. Dies kann z. B. geschehen durch den Nachweis, der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen, oder einer Bescheinigung des Arbeitgebers über den Verdienstausfall. Man kann die Tatsachen auch an Eides statt versichern.

2) Der Ausschluss des Kündigungsrechts für Mietrückstände gilt bis 30.06.2022. Das bedeutet folgendes: Sollte der Mieter mit fälligen Mieten aus der Zeit zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 in Rückstand geraten sein, muss er diese rückständigen Mieten erst bis zum 30.06.2022 zurückzahlen. Erst ab dem 01.07.2022 könnte sich der Vermieter also eine Kündigung auf rückständige Mieten aus dem Zeitraum 01.04. bis 30.06.2020 berufen. Mit anderen Worten, man hat Zeit, die rückständigen Mieten nachzuzahlen. Aber Achtung. Wie geschildert, laufen ggf. die weiteren Ansprüche des Mieters bei ausgefallener Mietzahlung weiter, so z. B. die Verzugszinsen. Je später man die ausgefallenen Mieten zurückzahlt, desto höher werden die sogenannten Sekundäransprüche des Vermieters. Dies gilt es zu bedenken.

Was geschieht nach dem 30.06.2020?

Beachten Sie bitte auch, dass die die Mietzahlungen ab dem 01.07.2020 in jedem Falle wieder ganz normal aufnehmen müssen. Dabei sollten Sie diese Zahlung mit einer eindeutigen Tilgungsbestimmung versehen. Vermerken Sie also bei der Zahlung, das die Miete für den Monat Juli 2020 gedacht ist. Dies gilt sodann für alle weiteren Mietzahlungen entsprechend, bis Sie die Rückstände vollständig ausgeglichen haben. Ansonsten greift die Regelung des § 366 Abs. 2 BGB, wonach letztlich bei einer Zahlung ohne Tilgungsbestimmung  die Zahlung als auf die ältere Forderung geleistet angesehen wird. Man würde dann ohne Tilgungsbestimmung mit einer Mietzahlung aus der Nach-Corona-Zeit die Miete aus der Corona-Zeit tilgen. Dies würde zum einen bedeuten, dass man sich der Möglichkeit begibt, die Mietausfälle aus der Corona-Zeit erst bis 2022 zu begleichen, zum andere, dass man eine fällige Miete (in meinem Beispiel die für Juli) nicht gezahlt hat, mit allen oben aufgezeigten Konsequenzen.

Bitte beachten Sie auch, dass alle weiteren Kündigungsgründe des BGB für Mietverträge weiterhin zur Anwendung kommen können. Dies gilt insbesondere auch für die Kündigung wegen Mietrückständen aus der Zeit vor dem 01.04.2020 oder nach dem 30.06.2020.

Der Gesetzgeber hat sich aber die Möglichkeit offen gehalten, die Neuregelung über den 30.06.2020 hinaus gelten zu lassen. Hier muss die weitere Entwicklung beobachtet werden.

Sämtliche erläuterte neue Regelungen gelten im Übrigen auch für Pachtverhältnisse.

Update 01.07.2020:

Der Gesetzgeber hat von der Möglichkeit, die oben beschriebene Regelung über den 30.06.2020 hinaus gelten zu lassen, keinen Gebrauch gemacht. Die Union hat sich gegen eine Verlängerung der Regelung bis Ende September gestellt.

Das bedeutet: Wegen Mietrückständen ab der Miete für Juli 2020 kann wieder in der oben beschriebenen Weise gekündigt werden. Beachten Sie meine obigen Hinweise für die Zeit nach dem 30.06.2020.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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