Kurioses Arbeitsrecht: Jobabsage, weil Bewerber „flinke Frauenhände“ fehlen

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Im Arbeitsrecht ist eine Diskriminierung aufgrund männlicher Hände verboten.

Arbeitsrechtlich korrekte Stellenanzeige

Der Hersteller von Modellautos in Miniaturgröße suchte einen neuen Mitarbeiter mit Geschick und Fingerfertigkeit als Bestücker für Digitaldruck-Maschinen. Das Unternehmen verfasste die Stellenanzeige arbeitsrechtlich frei von jeglichen Diskriminierungen und sprach alle Geschlechter an. Der Kläger, gelernter Kaufmann im Einzelhandel, bewarb sich auf diese Stelle – allerdings ohne Erfolg. Die Absage des Unternehmens enthält einen kuriosen Grund: Denn die Tätigkeit sei eher etwas für „flinke Frauenhände“.


Arbeitsrechtliche Diskriminierung im Bewerbungsprozess 

Der Bewerber fühlte sich diskriminiert aufgrund seines männlichen Geschlechts. Er forderte daher eine angemessene Entschädigung. Allerdings war sich der Arbeitgeber keiner Schuld bewusst und sah darin auch keine arbeitsrechtliche Diskriminierung. Die Bezeichnung „flinke Frauenhände“ würden schließlich lediglich umschreiben, dass für die Tätigkeit mit derartigen Kleinteilen auch kleine Hände notwendig seien. Daher beziehe sich die Formulierung auf die Größe der Hände.

Anscheinend kam es aber zu keinem persönlichen Treffen zwischen Bewerber und Arbeitgeber, wo eine Begutachtung der Hände hätte stattfinden können. Worauf basiert also die Einschätzung des Arbeitgebers? Er behauptete, dies hätte eine Internet-Recherche ergeben, wo er Fotos vom Bewerber und dessen Hände sah. Kurioserweise schloss er von diesen Bildern auf die Fingerfertigkeit des Bewerbers.


Urteil in zweiter Instanz durch LAG Nürnberg

Das Arbeitsgericht Nürnberg gab dem Kläger Recht. Es verurteilte den Arbeitgeber, an den Kläger 3.300 € Entschädigung zu zahlen (Urteil vom 10. Januar 2022, Az: 3 Ca 2832/21). Der Arbeitgeber legte jedoch Berufung ein. Aus diesem Grund verhandelte das Landes-Arbeitsgericht Nürnberg den Fall erneut – und kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Gemäß § 15 Abs. 2 AGG steht dem Kläger ein Anspruch auf Entschädigung zu, weil ihn das Unternehmen im Bewerbungsprozess aufgrund seines Geschlechts diskriminierte. Allerdings setzte das LAG die Entschädigung auf 2.500 € herab (Urteil vom 13. Dezember 2022, Az:  7 Sa 168/22).


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Stichworte: Arbeitsrecht, Arbeitsgericht Nürnberg, LAG Nürnberg, Bewerbung, Diskriminierung

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