Leitfaden: Abfindungen für leitende Angestellte | Die Übersicht

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Rechtliche Grundlagen, Berechnung und Tipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Abfindungen sind ein häufig verwendetes Mittel im Arbeitsrecht, um Arbeitsverhältnisse zu beenden, und diese Praxis betrifft auch leitende Angestellte, deren Beschäftigungsverhältnisse oft durch spezielle Regelungen gekennzeichnet sind.

Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen für Abfindungen von leitenden Angestellten in Deutschland. Er erläutert, wie die Höhe der Abfindung berechnet wird, und bietet praktische Ratschläge sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer.


Abfindungen von leitenden Angestellten: Rechtliche Grundlagen 

Leitende Angestellte, auch bekannt als Führungskräfte oder leitende Mitarbeiter, sind Mitarbeiter in einem Unternehmen, die üblicherweise über weitreichende Entscheidungsbefugnisse verfügen, wie beispielsweise die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern, und leitende Funktionen ausüben. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Verwirklichung der Unternehmensziele und tragen oft eine erhebliche Verantwortung für die Leitung von Teams, Abteilungen oder sogar des gesamten Unternehmens. Obwohl es keine gesetzliche Definition für leitende Angestellte gibt, gibt es einige Anhaltspunkte im Betriebsverfassungsgesetz (§ 5 Abs. 3 und 4 BetrVG) und im Kündigungsschutzgesetz (§ 14 Abs. 2 KSchG).

Im Arbeitsrecht werden leitende Angestellte oft speziell behandelt, da ihre Beschäftigungsverhältnisse in der Regel mit besonderen Regelungen verbunden sind. Gemäß § 14 Abs. 1 KSchG gibt es für leitende Angestellte einige Ausnahmen vom allgemeinen Kündigungsschutz. Dennoch haben sie - wie andere Angestellte auch - keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung im Falle einer Kündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses, es sei denn, dies ist im Arbeitsvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung festgelegt.

Die genauen rechtlichen Rahmenbedingungen und Abfindungsansprüche für leitende Angestellte können je nach individuellem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Unternehmensrichtlinien variieren. Es ist wichtig, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich ihrer Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Abfindungen für leitende Angestellte bewusst sind und bei Bedarf rechtlichen Rat einholen, um eine faire und angemessene Abfindungsvereinbarung zu treffen.


Wie berechnet man die Entlassungsabfindung?

Die Berechnung der Abfindung für leitende Angestellte erfolgt in der Regel gemäß den gesetzlichen Vorgaben für reguläre Arbeitnehmer. Gemäß § 1a KSchG beträgt die Abfindung bei betriebsbedingten Kündigungen bis zum vollendeten 50. Lebensjahr 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr und anschließend 1 Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Diese Regelung dient als Richtlinie, kann jedoch je nach tarifvertraglichen Bestimmungen oder individuellen Vereinbarungen im Einzelfall abweichen.

Beispiel:

Angenommen, eine 55-jährige leitende Angestellte mit einer Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren und einem Bruttomonatsgehalt von 6.000 Euro wird aufgrund von betriebsbedingten Gründen entlassen. Gemäß § 1a KSchG beträgt die Abfindung bei betriebsbedingten Kündigungen 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr bis zum vollendeten 50. Lebensjahr und 1 Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr darüber hinaus.

In diesem Fall hätte die leitende Angestellte Anspruch auf:

  • 5 Jahre x 0,5 Monatsgehalt x 6.000 Euro = 15.000 Euro (für die ersten 5 Jahre) 

  • 5 Jahre x 1 Monatsgehalt x 6.000 Euro = 30.000 Euro (für die nächsten 5 Jahre)

Die Gesamtabfindung würde somit 15.000 Euro + 30.000 Euro = 45.000 Euro betragen.

Die Bestimmungen des § 10 KSchG sind ausschließlich auf Abfindungen anwendbar, die gemäß § 9 KSchG vereinbart werden. Gemäß § 9 KSchG kann ein Arbeitnehmer im Falle eines Aufhebungsvertrages Anspruch auf eine Abfindung haben. § 10 KSchG legt fest, dass die Höhe dieser Abfindung zwischen einem halben und einem maximalen Betrag des Bruttomonatsverdienstes des Arbeitnehmers pro Beschäftigungsjahr liegen kann. Der halbe Betrag gilt für die Zeit bis zum vollendeten 50. Lebensjahr des Arbeitnehmers, während der volle Betrag für die Zeit danach anwendbar ist. 

Allerdings darf die Abfindung maximal bis zu 12 Monatsverdiensten betragen. Ausnahmen gelten jedoch, wenn der Arbeitnehmer älter als 50 Jahre ist und das Arbeitsverhältnis länger als 15 Jahre bestand (bis zu 15 Monatsverdiensten), oder wenn der Arbeitnehmer älter als 55 Jahre ist und das Arbeitsverhältnis länger als 20 Jahre bestand (bis zu 18 Monatsverdiensten).

Die Berechnung der Abfindung kann im Einzelfall komplex sein und von verschiedenen Faktoren abhängen. Daher ist eine rechtliche Beratung durch einen Anwalt unerlässlich, um die Rechte der Arbeitnehmer angemessen zu vertreten.


Tipps für leitende Angestellte und Arbeitgeber bei Abfindungen

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass die Verhandlung einer Abfindung für leitende Angestellte spezifische Überlegungen erfordert. Hier sind einige wichtige Tipps, die beide Seiten berücksichtigen sollten:

  1. Klare Definition von leitenden Angestellten: Bevor eine Abfindungsvereinbarung getroffen wird, ist es wichtig, genau zu bestimmen, wer als leitender Angestellter gilt. Die rechtliche Definition kann je nach Arbeitsvertrag und den tatsächlichen Verantwortlichkeiten variieren. Ein klar definiertes Kriterium hilft, Missverständnisse zu vermeiden.

  2. Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit: Die Dauer der Betriebszugehörigkeit eines leitenden Angestellten sollte in die Abfindungsberechnung einfließen. Gemäß dem KSchG können längere Betriebszugehörigkeiten höhere Abfindungen bedeuten.

  3. Individuelle Verhandlungen: Da leitende Angestellte oft über individuelle Vertragsbedingungen verfügen, sollten die Verhandlungen über die Abfindung auf den spezifischen Umständen jedes Einzelfalls basieren. Es ist ratsam, einen erfahrenen Rechtsberater hinzuzuziehen, um die Interessen beider Seiten zu wahren.

  4. Steuerliche Aspekte berücksichtigen: Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten die steuerlichen Auswirkungen einer Abfindung sorgfältig prüfen. Abfindungszahlungen können steuerpflichtig sein und bestimmte steuerliche Vor- oder Nachteile mit sich bringen.

  5. Absicherung des Rentenanspruchs: Arbeitnehmer sollten bei Verhandlungen über eine Abfindung auch ihren Rentenanspruch berücksichtigen. Da Abfindungen den Rentenanspruch beeinflussen können, ist es wichtig, langfristige finanzielle Auswirkungen zu berücksichtigen und gegebenenfalls zusätzliche Vorsorgemaßnahmen zu treffen.

Ein Anwalt kann dazu beitragen, dass die Abwicklung einer Abfindung für leitende Angestellte reibungslos verläuft und die Interessen des Arbeitnehmers / Arbeitgebers bestmöglich gewahrt werden.


Haben Sie Fragen?

Die Kanzlei Kaufmann bietet sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern bei der Gestaltung und Verhandlung von Abfindungsvereinbarungen für leitende Angestellte wertvolle Unterstützung an. 

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Foto(s): Foto von Andrea Piacquadio


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