Luxusmarken – ist ein Verkaufsverbot auf Amazon möglich?

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Aktuell liegen hier verschiedene Berechtigungsanfragen der Kanzlei Linklaters im Namen eines exklusiven Lizenznehmers einer Marke für Kosmetikprodukte („La Prairie“) vor, in welchen jeweils um Stellungnahme gebeten wird, inwieweit eine Berechtigung zum Verkauf von Produkten der Marke via Amazon vorliege. 

In den Schreiben wird ausgeführt, der exklusive Lizenznehmer sei darauf bedacht, das besondere „Luxus-Image“ der Marke zu waren. Dieser besonderen „Aura des Exklusiven“ stehe der Verkauf über die Plattform Amazon vor allem deshalb entgegen, als das dort die gebotene hervorgehobene Präsentation der Waren nicht möglich sei, zudem über die jeweiligen Suchlisten die Produkte neben zahlreichen anderen Produkten angezeigt werde, was den Eindruck eines bloßen „Produkts des täglichen Bedarfs“ vermittle. Da dies den „guten Ruf der lizensierten Marke“ schädige, sei nicht von einer „markenrechtlichen Erschöpfung“ auszugehen, denn diese Rufschädigung stelle einen „berechtigten Grund nach Art 15 Abs. 2 UMV“ dar.

Die Ausgangslage 

Nun, was ist davon zu halten? Ausgangspunkt des Ganzen ist die zum Kartellrecht ergangene Coty-Entscheidung des EuGH C-230/16. In dieser legte der EuGH sich in der zuvor nicht ganz klaren Frage fest, dass Markeninhaber, welche Ihre Waren im Segment „Luxus“ anbieten bzw. deren Waren ein etwaiges Luxusimage aufweisen, in ihren selektiven Vertriebsverträgen den angeschlossenen Händlern einen Verkauf über Drittanbieterplattformen (Amazon, eBay usw.) verbieten können, ohne sich damit kartellrechtswidrig zu verhalten.

Allerdings stellt sich die Frage, was mit Händlern ist, welche dem Vertriebssystem nicht angehören. Für diese gelten vertragliche Vorgaben aus einem Liefersystem gerade nicht. Das wiederum heißt aber nicht, dass jeglicher Händler, der nicht einem Vertriebssystem angeschlossen ist, völlig frei in seinem Verkaufsverhalten ist. Hier greift möglicherweise der Kniff der fehlenden Erschöpfung der Marke nach Art. 15 Abs. 2 UMV (bzw. 24 Abs. 2 MarkenG).

Die sogenannte Erschöpfung der Marke tritt ein, wenn das jeweilige Produkt der Marke mit Zustimmung des Markeninhabers in den Wirtschaftsraum der EU eingeführt worden ist, siehe Art. 15 Abs. 1 UMV. Dann kann eine Nutzung der Marke nicht mehr ohne Weiteres untersagt werden. Übertragen auf den vorliegenden Fall: ist ein Kosmetikprodukt des Markeninhabers mit dessen Zustimmung in den Wirtschaftsraum der EU eingeführt worden, kann ein Verkauf dieses Produkts jedenfalls mit Verweis auf etwaige Markenrechte nicht ohne weiteres untersagt oder beschränkt werden. Ein Verkauf über Vertriebskanäle wie Amazon ist damit in der Regel möglich.

Aber eben nur in der Regel, oder anders gesagt „es sei denn…“ und hier kommt nun Art. 15 Abs. 2 UMV ins Spiel. Dieser besagt, liegt ein wichtiger Grund vor, kann auch die Nutzung der Marke, sprich der Verkauf des Produkts, durch den Markeninhaber (bzw. durch den exklusiven Lizenznehmer) untersagt werden, und zwar auch dann, wenn das Produkt zunächst mit Zustimmung des Markeninhabers in den EU-Markt eingeführt wurde.

Luxus-Image als wichtiger Grund?

In den vorliegenden Berechtigungsanfragen wird seitens des Markeninhabers (Lizenznehmers) der wichtige Grund mit dem Luxus-Image der Marke begründet, welches auf der Verkaufsplattform Amazon gerade nicht hinreichend zur Geltung komme. Um die dahingehende Rechtsauffassung zu belegen, werden 2 relativ aktuelle Urteile des OLG Hamburg 3 U 151/17 sowie des OLG Düsseldorf I-20 U 113/17 angeführt. In den dort entschiedenen Fällen ging es um die Frage, ob Luxuskosmetika auf der Verkaufsplattform real.de angeboten werden können.

Im Ergebnis kommen sowohl das OLG Hamburg als auch das OLG Düsseldorf zu dem Schluss, dass jedenfalls ein Verkauf über real.de dem Luxus-Image entgegensteht. Begründet wird dies damit, dass das online-Verkaufsportal real.de in jeder Hinsicht vergleichbar mit den real-Supermarktfilialen sei, sodass auch online der Eindruck eines Supermarkts entstehe, bei dem in erster Linie Waren des täglichen Bedarfs und besonders niedrigpreisige Handelsmarken das Bild beherrschen. Insbesondere sei „das Portal zweckmäßig und sonderangebotsorientiert ausgestaltet“, so vor allem das OLG Düsseldorf. Die streitigen Markenprodukte werden „wahllos neben Alltags- und Massenprodukten“ gelistet ohne dass eine besondere Warenpräsentation erfolge. Im Grunde würden die eigentlich luxuriösen Markenartikel wie simple Massenartikel angeboten. Letztlich merkt das OLG Düsseldorf an, es werde die Möglichkeit der Finanzierung angeboten, wodurch die Produkte für jedermann erschwinglich erscheinen.

Ob nun all diese Punkte tatsächlich nachvollziehbar sind, sei dahingestellt, diskutieren kann man sicherlich in beide Richtungen. Ohne Zweifel ist einem Markeninhaber dabei das Recht zuzugestehen, den Ruf und das Image seiner Marke zu pflegen und zu fördern. Dazu gehört es eben auch zu schauen, wie die Marke im allgemeinen Geschäftsverkehr genutzt wird, um sodann korrigierend eingreifen zu können. Daher überzeugen die Ausführungen des OLG Düsseldorf und des OLG Hamburg in der Summe durchaus.

Allerdings haben beide Entscheidungen wenigstens einen kleinen Schönheitsfehler: beide setzten sich mit der Verkaufsplattform real.de auseinander. Ob die Wertungen, welche für einen Verkauf über real.de gelten auch auf einen Verkauf via Amazon deckungsgleich zu übertragen sind, wird in beiden Entscheidungen weitestgehend offengelassen. Vor allem das OLG Hamburg sagt hierzu ausdrücklich:

„Die Plattform Amazon.de ist, da Amazon über keine stationären SB-Warenhäuser verfügt, bereits im Ausgangspunkt nicht mit dem Onlineshop von Real vergleichbar.“ OLG Hamburg 3 U 151/17 Rn. 54

Damit ist zumindest klar: ganz so einfach lässt sich das für die Verkaufsplattform real.de gefundene Ergebnis auf Amazon nicht übertragen. Sicherlich, Gemeinsamkeiten bestehen, das liegt im Wesen des online-Verkaufs. Dennoch ist das Bild von real.de nun einmal vom Eindruck der real-Supermärkte geprägt. Eine solche Wechselwirkung zwischen real.de und den seinen Ladengeschäften besteht für Amazon nicht. Auf der anderen Seite muss konstatiert werden, dass die Produktdarstellungsmöglichkeiten auf Amazon wenigstens eingeschränkt sind und in der Regel nicht zwischen niedrigpreisigen Artikeln und hochpreisigen Artikeln unterscheiden. 

Eine weitere Besonderheit in den hier vorliegenden Berechtigungsanfragen war, dass der Verkauf der (Luxus-)Produkte des Markeninhabers via Amazon durch Amazon selbst als Verkäufer erfolgt. Amazon als Verkäufer bietet in den hier vorliegenden Fällen nicht nur einzelne Produkte des anfragenden Markeninhabers an, sondern nahezu die gesamte Produktpalette und das auch überwiegend zum günstigsten Preis. Es erscheint hierbei eher wenig zielführend, einzelne Händler mit den Mitteln des Markenrechts aus Amazon herauszunehmen, wenn der Verkauf durch Amazon selbst im großen Stil erfolgt. Dabei kann sich auch die Frage stellen, ob ein unautorisierter Verkauf bereits derart fortgeschritten ist, dass das eigentliche selektive System des Markeninhabers rein faktisch hinfällig ist. Auch diesen Aspekt benennen sowohl das OLG Düsseldorf als auch das OLG Hamburg zumindest nebenbei.

Praxistipp

Die markenrechtliche Diskussion um den Verkauf von Luxus-Artikeln oder hochpreisiger Produkte über Plattformen wie Amazon dürfte noch lange nicht abgeschlossen sein. Eine weiterführende Entscheidung des BGH liegt noch nicht vor, wie andere OLG sich positionieren bleibt abzuwarten. Insbesondere der Umstand, dass wie in den hier vorliegenden Fällen Amazon selbst als Verkäufer die streitigen Luxus-Kosmetika anbietet, dürfte auch die Handelsplattformen früher oder später reagieren lassen, sofern auch auf sie etwaige Absatzverbote zurückfallen. Wie das letztlich aussehen wird, bleibt abzuwarten.

Für den einzelnen Händler heißt es künftig vermehrt auf eine Kategorisierung möglicher Luxus-Marken zu achten. Sobald eine Anfrage oder gar Abmahnung eines Markeninhabers eingeht, ist genau zu prüfen, welche Märkte betroffen und wie die Produkte einzustufen sind. Voreilige Schlüsse sollten tunlichst vermieden werden. Selbst dann, wenn sich die hier vorliegenden Anfrage des Markeninhabers nur auf einzelne Produkte bezieht, kann eine ungeschickte und voreilige Erklärung, Stellungnahme oder gar Unterlassungserklärung schnell eine ganze Produktpalette betreffen. Gerade für Händler, welche allein über Plattformen Amazon, ebay & Co ihre Waren anbieten, kann sich so ein de-facto vollständiges Verkaufsverbot ergeben.

Händler, welche erst am Beginn ihrer Verkaufstätigkeit stehen, sollten mit Blick auf mögliche markenrechtliche Probleme auf Drittplattformen vorab verstärkt prüfen, auf welche Waren bzw. Marken sie ihren Focus legen möchten, wo bzw. wie diese bezogen werden und dabei genau prüfen, wie und über welche Absatzkanäle die Ware präsentiert wird.

Soweit Händler einem Vertriebssystem angeschlossen sind, sollte dieses eingehend geprüft werden, vor allem welche Verpflichtungen und Obliegenheiten bei einem online-Verkauf zu beachten sind. Verstößt ein angeschlossener Händler hiergegen, indem er beispielsweise Waren auf Drittplattformen anbietet, obwohl ihm das per Vertriebsvereinbarung untersagt ist, riskiert er mögliche Vertragsstrafen oder gar den Ausschluss aus dem Vertriebssystem.

Doch auch Markeninhaber sollten den Absatz ihrer Produkte im Blick haben, denn auch wenn die neueste Rechtsprechung eine Stärkung der Rechte von Markeninhabern durch eine Begrenzung der Vertriebswege bietet, nicht alles was glänzt ist Gold. Anders gesagt, nicht alles was teuer ist, hat die „Aura des Luxuriösen“. Selbst dann, wenn dies so ist, sollte das besondere Image der Marke und ihrer Produkte auch gepflegt werden. So hatte die Rechtsprechung wiederholt Zweifel an der Wertigkeit von Produkten, wenn der Hersteller zwar versucht den Verkauf über Drittplattformen zu unterbinden, er selbst sodann aber seine Produkte über Discounter anbietet.

In allen Fällen ist eine rechtliche Beratung dringend zu empfehlen.



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