Markenrechtstreit zwischen Pächter und Verpächter: Inhaber der Geschäftsbezeichnung eines Lokals

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Markenrechtstreit zwischen Pächter / Verpächter: Wer ist Inhaber der Geschäftsbezeichnung eines Lokals?

Von Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann*

Wer ein Geschäft aufbaut, macht sich ziemlich bald Gedanken über die richtige Namenswahl, investiert dafür oftmals viel Zeit und Geld. Daher erwartet er in der Regel, dass er seinen Firmennamen exklusiv nutzen kann, erst recht, wenn man sich den Namen noch als Marke hat schützen lassen.

Wie kann es dann sein, dass der Betreiber einer Gaststätte erst die Gaststätte verliert und dann auch noch akzeptieren muss, dass sein Nachfolger unter „seinem“ Namen erfolgreich das Geschäft weiterbetreibt?

Über einen solchen, in unserer Beratungspraxis alltäglichen Fall mit einem nicht alltäglichen Ergebnis hatte das OLG Frankfurt zu richten:

Sachverhalt

Der Kläger (eigentlich Antragsteller) übernahm 2004 ein Lokal in Frankfurt, welches bereits über mehrere Jahrzehnte durch wechselseitige Inhaber unter dem Namen „A“ betrieben wurde.

Im Jahr 2008 veräußerte der bisherige Eigentümer die Immobilie an die Beklagten (eigentlich Antragsgegner), wobei der Pachtvertrag fortgesetzt wurde. 2009 sicherte sich der Kläger die Wortmarke „A“ unter anderem für Dienstleistungen der Klasse 43, darunter den „Betrieb einer Bar“ und die „Verpflegung von Gästen in Restaurants“ an. Im Jahr 2011 eröffnete er ein weiteres Lokal unter dem Namen „A1“. Im Jahr 2015 gab er schließlich die Pachtstätte einvernehmlich auf.

Einer der Beklagten eröffnete dann einige Monate später die Pachtstätte unter demselben Namen „A“.

Hiergegen ging der Kläger gerichtlich vor. Das Landgericht hat den Beklagten untersagt, die Bezeichnung „A“ zum Betrieb einer Gaststätte zu verwenden.

Das OLG Frankfurt hob die Entscheidung auf und erlaubte die Nutzung der Gaststätte durch den Kläger im örtlichen Geltungsbereich der Stadt Frankfurt.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt kam zu diesem aus der Sicht des Klägers unschönen Ergebnis mit folgender Begründung:

Der Kläger ist zwar Inhaber der Wortmarke „A“ mit Priorität vom 06.05.2009 (Tag der Anmeldung der Marke).

Die Beklagten verwenden auch genau den Namen des Klägers im Schutzbereich der Wortmarke („Betrieb einer Gasstätte“). Denn sobald unter einer Geschäftsbezeichnung (hier „A“) ein Lokal betrieben wird, werden unter der Bezeichnung „A“ automatisch auch die genannten Dienstleistungen erbracht, für die die Klagemarke Schutz („Dienstleistungen im Bereich Gastronomie“) genießt.

Die Beklagten können dem Kläger aber ihr Recht entgegenhalten, in der Gaststätte auf ihrem Grundstück das Lokal A weiter zu betreiben. Denn an diesem Ort wird das Lokal unter dem Namen „A“ schon seit vielen Jahrzehnten betrieben. Damit besteht für die Eigentümer ein Recht, das Lokal auch künftig unter dem Namen „A“ dort zu betreiben. Insoweit liege ein Fall der Doppelidentität (§ 6 III MarkenG) vor; d. h. der Kläger kann vom jedem Dritten in ganz Deutschland verlangen, den Namen „A“ nicht für den Betrieb einer Gaststätte zu nutzen, nicht aber von den Beklagten (und allen übrigen Gastronomiebetreibern in Deutschland, die vor der Anmeldung der Marke bereits ein Lokal unter dem Namen „A“ betrieben haben.

Ausreichend sei aus Sicht des OLG Frankfurt, dass die Antragsgegner Eigentümer des Grundstücks und des Lokals seien. Mit dem Kauf des Grundstückes haben diese die gesamte Liegenschaft mit der Gaststätte von dem Voreigentümer C erworben. Dabei ist auch das Unternehmenskennzeichenrecht A auf sie übergegangen.

Obwohl der Kläger das Lokal unter dem Namen „A“ selbst über 10 Jahre erfolgreich betrieben und sich eine Marke hat schützen lassen, bleibt die Etablissementbezeichnung beim Lokal und geht nicht auf den Pächter über.

Dabei unterscheidet das OLG zwischen Unternehmenskennzeichnungen im Allgemeinen (z. B. die Bezeichnungen „Apple“, „Samsung“ oder „VW“) und speziellen Etablissementbezeichnungen:

  • Ein Unternehmenskennzeichen kann grundsätzlich nicht ohne den zugehörigen Geschäftsbetrieb übertragen werden. Zum Geschäftsbetrieb gehören alle Werte, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten den Schluss rechtfertigen, die mit dem Zeichen verbundene Geschäftstradition werde vom Erwerber fortgesetzt.
  • Eine Etablissementbezeichnung ist zwar auch eine Unternehmenskennzeichnung. Sie kennzeichnet aber nicht nur einen Geschäftsbetrieb (z. B. „Metzgerei Schmid“), der an beliebigen Orten fortgesetzt werden kann. Zugleich markieren sie auch den Ort der Geschäftsausübung (z. B. „Restaurant am alten Weiher“).

Vorstehende Unterscheidung hat für den Fall der Beendigung eines Pachtvertrages gravierende Bedeutung:

  • Zieht ein Pächter mit seinem Unternehmen um, kann er seine Unternehmensbezeichnung daher in der Regel weiterführen, wenn er die wesentlichen Teile seines Betriebs auch im neuen Unternehmen (Mitarbeiter, Ausstattung, Einrichtung etc.) weiterbetreibt. Auch eine Marke kann er dann auf den Pächter oder sein neues Unternehmen übergeben, vgl. § 27 MarkenG.
  • Wird ein Geschäftslokal verpachtet und führt dieses Lokal eine Etablissementbezeichnung, fällt diese Bezeichnung ohne ausdrückliche anderweitige Vereinbarung dem Verpächter zu.
  • Wird hingegen ein Lokal nicht mit seiner gesamten Einrichtung (Stühle, Tische, Lampen, Küche, ggf. auch Besteck u. a.) verpachtet, sondern nur der Geschäftsraum selbst, dann verbleibt auch eine Etablissementbezeichnung beim Mieter (LG Stuttgart GRUR-RR 2006, 333).

Im vorstehenden Fall war der Voreigentümer der Beklagten als Inhaber der Etablissementbezeichnung anzusehen. Der Kläger selbst hatte das Lokal nur vom Voreigentümer gepachtet, ohne dass die Etablissementbezeichnung auf diesen übergegangen war. Die Beklagten haben diese Etablissementbezeichnung vom Verkäufer durch den Kaufvertrag „erworben“.

Schließlich war das Unternehmenskennzeichenrecht auch nicht dadurch erloschen, dass das Geschäft zwischenzeitlich für drei Monate geschlossen war. Erforderlich wäre eine Geschäftsaufgabe gewesen. Davon kann aber nicht ausgegangen werden, wenn aus Sicht des maßgeblichen Verkehrs das spätere Unternehmen noch als Fortsetzung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs anzusehen ist.

Kauf oder Pacht eines Ladenlokals: Die wichtigsten Handlungsempfehlungen aus markenrechtlicher Sicht

  • Für den Verpächter:

Wer ein Geschäftslokal mit einer bestehenden Bezeichnung neu verpachtet, sollte im Vertrag ausdrücklich klarstellen, dass er auch nach Vertragsende Inhaber der Bezeichnung bleibt und der Pächter weder berechtigt ist, nach Vertragsende diesen Namen weiter zu benutzen noch zwischenzeitlich eine Marke unter diesem Namen anzumelden

  • Für den Pächter:

Der Pächter sollte prüfen, ob er den bisherigen Namen des Lokals fortführen will und kann (Vorsicht: Es droht u. U. auch eine Haftung für Altverbindlichkeiten wegen Firmenfortführung nach § 25 HGB). Will er das Lokal unter einem neuen Namen betreiben, sollte er bereits im Pachtvertrag ausdrücklich klarstellen, dass alle Namensrechte an der Bezeichnung nur beim Pächter liegen.

  • Für den Verkäufer:

Wenn er ein Lokal verkaufen, die bestehende Lokalbezeichnung sich aber weiter sichern will, muss er dies ausdrücklich im Kaufvertrag klarstellen. Andernfalls geht auch der Name auf den neuen Käufer über. Es reicht nicht aus, dass der Verkäufer Inhaber der eingetragenen Markenrechte bleibt.

  • Für den Käufer:

Wer ein Lokal mit bestehender Bezeichnung kaufen will, sollte prüfen, ob und welche Rechte der Verkäufer, ggf. auch dessen Vorverkäufer wie auch die (Vor-)Pächter an der Geschäftsbezeichnung haben (z. B. Marken- und Domainrechte, Titelschutz) und sich diese ggf. gesondert einräumen lassen.

OLG Frankfurt a.M. Urt. v. 07.07.2016, Az.: 6 U 19/16 im Internet unter: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/default/hessenrecht_lareda.html#docid:7619422


*Gastbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann

Der Autor ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei LFR Wirtschaftsanwälte, München sowie u. a. Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er berät seit über 15 Jahren Unternehmen und Unternehmer aus dem Gastronomie- und Hotelbereich).


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