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Meine Rente - Deine Rente: Reform des Versorgungsausgleichs bei Scheidung

  • 5 Minuten Lesezeit
Monique Michel anwalt.de-Redaktion
Nachdem bereits das Jahr 2008 zahlreiche Reformen im Familienrecht mit sich gebracht hat, steht auch 2009 unter dem Motto eines neuen und "modernen Familienrechts". Ein weiterer Baustein der Modernisierung ist die zuletzt vom Bundesrat verabschiedete Reform des Versorgungsausgleichs. Der Versorgungsausgleich findet bei Beendigung einer Ehe statt und teilt die bis dahin erworbenen Anwartschaften (i.e. die Aussicht auf einen künftigen Anspruch, nicht der Anspruch selbst) auf Altersversorgung zwischen den Eheleuten zur Hälfte auf. Die neuen Vorschriften über diesen Ausgleich von Rentenansprüchen treten voraussichtlich zum 01.09.2009 in Kraft und damit zeitgleich mit dem neuen Verfahrensrecht in Familiensachen. Die neuen Regeln sollen nicht nur für mehr Klarheit und Verständlichkeit bei der Ausgleichsberechnung sorgen, sondern v.a. auch für mehr Gerechtigkeit. Der Grundsatz der hälftigen Teilung aller Versorgungsansprüche bleibt daher auch bestehen.

[image] Bisher: Verrechnung der Ansprüche

Bislang wurden die Werte aller während der Ehe und bis zur Scheidung entstandenen Versorgungsansprüche der Eheleute ermittelt, unabhängig davon, ob es sich um Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, berufsständischen Versorgungswerken (z.B. bei Rechtsanwälten, Steuerberatern, Ärzten), betrieblichen Pensionskassen oder etwa  privaten Rentenversicherungen handelte. Der Wert der einzelnen Anwartschaften wurde anhand der Barwertverordnung ermittelt. Die Summe der Ansprüche von Ehemann und -frau wurden dann miteinander verrechnet, anschließend erhielt der Ehegatte mit geringeren Anwartschaften einen Ausgleichsanspruch gegen den anderen. Die Höhe dieses Ausgleichsanspruchs: Die Hälfte der Differenz zwischen den Versorgungsansprüchen. Im Ergebnis erhielten also beide Eheleute nach der Scheidung gleich viele Versorgungsanwartschaften.

Beispiel:   Der Ehemann hat Anwartschaften in Höhe von 30 Punkten bei der gesetzlichen Rentenversicherung, die Ehefrau nur 16 Punkte. Die Differenz von 14 Punkten wird zur Hälfte geteilt und an den Ausgleichsberechtigten übertragen, so dass nach der Scheidung der Ehemann Anwartschaften in Höhe von 23 (30 - 7) Punkten und die Ehefrau ebenfalls in Höhe von 23 (16 + 7) Punkten hat

Das Problem: Bei der Umrechnung der unterschiedlichen Ansprüche über die Barwertverordnung kam es oft zu ungerechten Teilungsergebnissen, wegen unsicherer Prognosen über die Wertentwicklung – meist zum Nachteil des Ausgleichsberechtigten. Zudem wurde der Ausgleichsanspruch zwingend über die gesetzliche Rentenversicherung durchgeführt, was im Einzelfall oft nachteilig war. Die Bewertung und Berechnung der Rentenanwartschaften und Ausgleichsansprüche war zuletzt kaum noch von Experten zu durchschauen und war oftmals der Grund für langwierige Scheidungsverfahren.

Hinweis:   Mehr zum neuen Verfahren in Familiensachen, das am 01.09.2009 in Kraft tritt erfahren Sie in folgendem Beitrag: Neues Verfahren in Familiensachen - das FamFG


Neu: Interne Teilung statt Verrechnung

Statt dieser Wertermittlung und Verrechnung werden künftig die Ansprüche direkt beim jeweiligen Versorgungsträger halbiert und aufgeteilt – also „intern“ anstatt über die gesetzliche Rentenversicherung. Jeder Ehepartner erhält eigene Rentenkonten bei den verschiedenen Versorgungssystemen, auf dem die Hälfte des bisherigen Anspruchs gutgeschrieben wird.

Beispiel:   Die Ehefrau hat während der Ehezeit Rentenanwartschaften aus gesetzlicher Rente in Höhe von 10 Punkten erworben, aus einer berufsständischen Versorgung in Höhe von 20 Punkten sowie aus einer betrieblichen Versorgung in Höhe von 20.000 EUR Kapitalwert und eine private Altersvorsorge von 5.000 EUR. Der Ehemann hat keine eigenen Rentenansprüche und erhält nun bei allen Versorgungsträgern ein eigenes Rentenkonto, auf dem die Hälfte der Anwartschaften seiner Ehefrau gutgeschrieben wird. Im Ergebnis haben also beide eigene Rentenkonten bei der gesetzlichen Rentenversicherung mit je 5 Punkten,  beim berufsständischen Versorgungswerk mit je 10 Punkten sowie einen Anspruch aus der betrieblichen Pensionskasse von je 10.000 EUR Kapitalwert neben der privaten Altersversorgung von je 2.500 EUR.

Am Beispiel zeigt sich der weitere Vorteil, dass nun auch Rechte aus betrieblicher oder privater Altersvorsorge bereits bei der Scheidung endgültig geteilt werden. Es müssen später keine umständlichen Ausgleichs- oder Änderungsverfahren durchgeführt werden, wenn diese Versorgungen später mehr oder weniger wert werden.


Externe Teilung als Ausnahme

Externe Teilung bedeutet, dass anstatt eines zweiten Rentenkontos beim Versorgungsträger, dieser einen Kapitalbetrag bei einem anderen „externen“ Versorgungsträger für den Ausgleichsberechtigten einzahlt. Die externe Teilung ist nur mit dessen Zustimmung möglich, oder bei kleinen Versorgungen von bis zu ca. 50 EUR. Der Ausgleichsberechtigte kann frei wählen, ob er mit dem Kapital eine bereits bestehende Versorgung aufstockt oder eine neue Versorgung einrichtet. Im Grundsatz war auch das bisherige Vorgehen immer dann eine "externe" Teilung, wenn Ansprüche aus anderen Versorgungssystemen zwingend über die gesetzliche Rentenversicherung ausgeglichen wurden.


Wann findet kein Versorgungsausgleich statt?

Künftig wird bei sog. Kurzzeitehen von bis zu 3 Jahren, einschließlich des Trennungsjahres, kein Versorgungsausgleich mehr durchgeführt, es sei denn, ein Partner verlangt ihn ausdrücklich. Hintergrund: Während dieser kurzen Zeit werden in der Regel nicht entscheidend viele Versorgungsanwartschaften erworben und das Vertrauen auf eine gemeinsam abgesicherte Zukunft ist weniger schutzwürdig als bei langer Ehedauer. Der Versorgungsausgleich wird dennoch durchgeführt, wenn einer der Partner dies ausdrücklich beantragt.

Beispiel:   Ein Ehepartner gibt seinen Beruf zugunsten der Kindererziehung auf im Vertrauen auf gemeinsame Zukunft. Der Verlust eigener Altersrente wirkt sich für ihn erst bei längerer Ehezeit erheblich aus. Bei kurzer Ehedauer wird ein Ausgleich nur bei ausdrücklichem Antrag durchgeführt.  

Auch wenn die Partner ähnlich hohe bzw. niedrige Versorgungsansprüche haben, entfällt der Versorgungsausgleich. Erst ab einer Differenz von aktuell 25 EUR Rentenbetrag/Monat ist er vorgesehen.

Der Anspruch auf Versorgungsausgleich kann jedoch auch ausgeschlossen sein, wenn man dem Ausgleichsberechtigten grobes Fehlverhalten während der Ehe vorwerfen kann. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss v. 16.09.2008, Az.: 2 UF 111/08). Die Richter erklärten, dass nach § 1587c Nr. 1 BGB grundsätzlich der Ausgleich ausgeschlossen sein kann, wenn das Fehlverhalten des Ausgleichsberechtigten besonders schwer wiegt. Ob das so ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Grobes Fehlverhalten muss dabei nicht wirtschaftlich relevant sein. Im entschiedenen Fall reichten die tätlichen Übergriffe eines Ehemannes unter Alkoholeinfluss nicht aus, seinen Ausgleichsanspruch auszuschließen. Begründung der Richter: Die Frau hatte trotzdem stets die eheliche Gemeinschaft gerade auch in finanziellen Dingen fortgesetzt: z.B. ihr hohes Erbschaftsvermögen auf gemeinsame Konten transferiert, dem Sohn ein gemeinsames Darlehen gewährt u.a.

Mehr Individualvereinbarungen möglich

Wegen der gewachsenen Eigenverantwortung der Bürger für die eigene Altersvorsorge sind künftig auch mehr individuelle Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich möglich. Derartige Vereinbarungen bleiben neuerdings auch dann wirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach dieser Vereinbarung der Scheidungsantrag gestellt wird. Treffen die Parteien Ausgleichsvereinbarungen während des laufenden Scheidungsverfahrens, sind diese nun auch ohne Genehmigung des Familiengerichts wirksam.

Auswirkung der Reform auf laufende Scheidungen

Tritt die Reform zum 01.09.2009 in Kraft, so gilt sie für alle ab diesem Zeitpunkt eingeleiteten Scheidungen. Bereits laufende Verfahren richten sich jedoch weiterhin nach altem Recht. Erst wenn sie bis 2010 nicht erstinstanzlich abgeschlossen sind, gilt für sie auch der neue Versorgungsausgleich. Für getrennt von der Scheidung bereits laufende Versorgungsausgleichssachen gilt das neue Recht bereits ab 01.09.2009.

(MIC)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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