MPU Medizinisch-psychologische Untersuchung: gefährl. Körperverletzung, Schusswaffe, neg. Gutachten

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Wer „aggressiv“ eine Straftat begeht, wie z. B. mit einem Luftgewehr auf Menschen schießt und sie verletzt, riskiert nicht nur eine strafrechtliche Verurteilung, sondern er kann auch seinen Führerschein verlieren.

Mit Beschluss vom 08.03.2016 (AZ: 3 L 168/16.NW) hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weistraße festgestellt, dass die Fahrerlaubnisbehörde zu Recht einem Mann die Fahrerlaubnis (vorläufig) entzogen hat, nachdem das angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten (MPU) für ihn negativ ausgefallen ist.

Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) weist darauf hin, dass auch bei aggressiven Straftaten, also bei strafrechtlichen Auffälligkeiten, die Einholung eines Medizinisch-Psychologischen Gutachtens (MPU) verlangt werden kann. Daher sei die aktuelle Debatte, ob das Fahrverbot eine Sanktion bei Straftaten allgemein sein sollte, unnötig.

Der 1990 geborene Antragsteller ist wegen gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichen unerlaubten Besitzes und Führens einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte mit einem Luftgewehr auf einen Schüler auf dem Pausenhof einer Schule gezielt geschossen und diesen verletzt. Nach Rechtskraft des Strafbefehls hat die Fahrerlaubnisbehörde den Mann aufgefordert, zur Klärung seiner Fahreignung eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu absolvieren.

Der Gutachter ist in seinem Gutachten dann zu dem Ergebnis gekommen, dass im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Auffälligkeit mit Anhaltspunkten für ein hohes Aggressionspotential zu erwarten sei, dass der Schütze zukünftig erheblich oder wiederholt auch gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Vorliegend handele es sich um eine Straftat mit einem hohen Aggressionspotential. Im Untersuchungsgespräch habe der Mann sein Verhalten bagatellisiert. Daraufhin hat die Führerscheinbehörde dem Mann die Fahrerlaubnis entzogen. Der Mann ist dann im Wege des einstweiligen Rechtschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO dagegen gerichtlich vorgegangen. Er meinte, die Behörde hätte gegen ihn nicht eine MPU anordnen dürfen, da es sich bei seiner Tat nicht um ein Fehlverhalten im Straßenverkehr gehandelt habe. Auch habe er sich bisher nichts im Straßenverkehr zu Schulden lassen. Die strafrechtliche Verurteilung liege ferner bereits eineinhalb Jahre zurück Zudem stehe die Tat nicht in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit seinem Verkehrsverhalten.

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weistraße sieht dies jedoch anders. Die Fahrerlaubnisbehörde habe zu Recht das Gutachten der TÜV zur Fahreignung des Antragstellers verwertet. Das Verwaltungsgericht hat keine Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens. Demnach musste die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen, weil er sich danach als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Der Antragsteller kann sich dagegen nicht darauf berufen, die Anordnung der früher zuständig gewesenen Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises Karlsruhe – Außenstelle Bruchsal, Amt für Straßenverkehr, Ordnung und Recht – vom 13. Oktober 2015, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, sei zu Unrecht ergangen. Wird nämlich das von einer Fahrerlaubnisbehörde verlangte Gutachten erstellt und vorgelegt – wie hier geschehen –, so ist mit der Vorlage des Gutachtens eine neue Tatsache gegeben, der selbständige Bedeutung zukommt und deren Verwertbarkeit nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung abhängt (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 –3 C 13.01 –, NJW 2002, 78ff., und bereits zur Vorgängerregelung des § 15b Abs. 2 StVZO: BVerwG, Beschluss vom 19. März 1996 –11 B 14/96–, juris).

Es muss daher nicht der Frage nachgegangen werden, ob auf Grund der Verurteilung des Antragstellers durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Bruchsal vom 31. März 2015 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten zur Bewährung wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Führen einer Schusswaffe in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung(Gewehrgeschoss traf einen Schüler leicht links versetzt im oberen Schulterbereich) die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 FeV zur Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vorlagen.

In diesem Zusammenhang weist das Verwaltungsgericht ausdrücklich darauf hin, dass die Straftaten im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 FeV nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen worden sein müssen. Dies ergibt sich schon aus § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG sowie daraus, dass § 11 Abs. 3 Nrn. 6, 7 im Unterschied zu Nrn. 4, 5 nicht auf Straftaten oder Rechtsverstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder einen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr abstellen, sondern auf den Bezug zur Kraftfahreignung des Betroffenen. Die Kraftfahreignung umfasst indessen die charakterliche Eignung, welche auch durch ein Verhalten außerhalb des Straßenverkehrs betroffen sein kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1981 –7 C 55/79 –, juris).

Fazit:

Diese Entscheidung bestätigt wieder einmal, dass der Führerschein auch außerhalb des Straßenverkehres sehr schnell in Gefahr geraten kann, wenn man sich nicht an die gesetzlichen Regeln hält.

Ergo, es steht fest:

Nur wer die gefürchteten und mit zum Teil teuren Vorbereitungskursen verbundenen MPU-Untersuchungen erfolgreich meistert, kann wieder einen Führerschein erhalten. Allerdings wird des Öfteren vergessen, dass hierzu in erster Linie eine gute Beratung und Vertretung durch einen auf die MUP spezialisierten Anwalt von Anfang an gehört.

Wenn Sie im Straßenverkehr mit Alkohol, Drogen oder einem aggressiven Strafverhalten auffällig geworden sind, wenden Sie sich bitte umgehend vertrauensvoll an einen Strafverteidiger und Fachanwalt für Verkehrsrecht. Denn nur durch eine umfassende Beratung von Anfang an kann Ihnen effektiv und interessengerecht nicht nur in Bezug auf die Ihnen vorgeworfene Straftat, sondern auch in Bezug auf Ihren Führerschein und die MPU geholfen werden. Demnach muss der Anwalt sowohl auf das Strafrecht als auch auf das Verkehrsrecht spezialisiert sein.

Rechtsanwältin Jacqueline Ahmadi

Strafverteidigerin & Fachanwältin für Verkehrsrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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