Verstöße gegen Corona-Verordnung und IFSG haben strafrechtliche und bußgeldrechtliche Folgen

  • 6 Minuten Lesezeit

Infolge der Corona-Krise ist plötzlich möglich, die wesentlichen Grundrechte der Bürger massiv einzuschränken. Im Rahmen der Corona-Krise kommt es nunmehr vermehrt zu neuen strafrechtlichen Fragen. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurde entsprechend im Kampf gegen Corona-Epidemie angepasst. Demnach enthält es eine Reihe von Maßnahmen, welche die zuständigen Behörden zum Schutz zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten ergreifen können. Das heißt, die Ländern wurden ermächtigt, zur Gefahrenabwehr im Hinblick auf die Corona-Epidemie entsprechende Schutz-Verordnungen zu erlassen. Eine Verordnung ist eine Rechtsnorm, die durch ein Regierungs- oder Verwaltungsorgan (Exekutive) zum Schutz der Allgemeinheit erlassen wird. Es ist daher zu betonen, dass es sich bei einer Verordnung nicht um ein förmliches Gesetz, also Parlamentsgesetz, handelt, die durch die Legislative erlassen werden.  Bei jedem hoheitlichen Akt in die Grundrechte eines Bürgers gilt das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass ein Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient und als Mittel zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen ist (BVer-fGE 118, 168 [193] – autom. Kontoabfrage, st. Rspr.). Ob alle diese Maßnahmen, die gravierende Grundrechtbeeinträchtigungen durch die Exekutive darstellen, gerechtfertigt sind, muss auf jeden Fall im Lichte der Verfassung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geprüft werden.

Inzwischen gibt es neue Bußgeldkataloge der jeweiligen für Verstöße gegen die Corona-Auflagen, wie z. B.

  • Verstöße gegen Platzverweise,
  • Nichteinhaltung der Betretungsverbote, Spielplätze 
  • Nichteinhalten des vorgeschriebenen Mindestabstands
  • Nichteinhaltung der häuslichen Quarantäne,
  • Nichteinhaltung der Ausgangbeschränkungen
  • Nichteinhaltung der Ausgangssperren,
  • Nichteinhaltung der Reiseverbote
  • Nichteinhaltung der Kontaktverbote
  • Verlassen der Wohnung ohne triftigen Grund
  • Unerlaubter Aufenthalt auf geschlossenen Sportanlagen, 
  • Betrieb von Einrichtungen, die nicht notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens dienen
  • Abhaltung von oder Teilnahme an Versammlungen und Veranstaltungen

Sowohl gegen die Betreiber eines Unternehmens, also Gastronomie, Schönheitssalon, Frisörladen, Autohandel, Veranstaltungen von Seminaren, Musikveranstaltungen, Sportveranstaltungen als auch gegen die Besucher können Bußgelder erlassen werden, wobei gegen die Betreiber die Geldbuße sehr hoch sind. Die Geldbuße soll in diesen Fällen den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. 

Achtung!

Bei wiederholten Verstößen kann es für die Betroffenen bis zu 25.000,00 € teuer werden. Die Polizeibeamten sind gerade besonders aktiv und überprüfen die Einhaltung der Corona-Verordnungen.

Corona-Krise und deren strafrechtlichen Folgen nach dem Strafgesetzbuch (StGB)

In Hamburg und auch in anderen Städten kommt es dabei auch immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Bürgern und den Polizeibeamten. Inzwischen sind Vorfälle bekannt geworden, wo eine Person bei einer Polizeikontrolle die kontrollierenden Polizeibeamten angehustet, angeniest und behauptet hat, er habe Corona. Dies könnte seitens der Polizei zu einer Strafanzeige bzw. zu einem Strafantrag wegen Körperverletzung nach § 223 StGB und sogar gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. oder Abs. 1 Nr. 5 StGB führen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob ein bewusstes Anhusten, Anniesen und Anspucken eine vorsätzliche Körperverletzung i. S. d. § 223 StGB darstellt.

Die vorsätzliche Körperverletzung ist in § 223 StGB geregelt. Wer nach § 223 Abs. 1 StGB eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Nach § 223 Abs. 2 StGB ist der Versuch strafbar.

Eine Körperverletzung begeht, wer nach § 223 Abs. 1 StGB also vorsätzlich eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Das Anhusten und Anniesen müssten daher eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsschädigung darstellen. Inzwischen ist es allgemein bekannt, dass eine Person, die mit Coronavirus infiziert ist, andere Personen mit Anhusten und Anniesen auf jeden Fall mit dem Virus infizieren kann. Diese Art von Infizierung stellt eine Gesundheitsschädigung dar.

Wie ist es, wenn ich gar nicht mit Corona infiziert bin, mache ich mich dann auch durch Anhusten und Anniesen strafbar?

Wenn ein Beschuldigter einen Polizisten in Glauben anhustet und anniest, er sei mit dem Coronavirus infiziert, stellt sein Anhusten und Anniesen einen strafbaren Versuch dar. Maßgeblich für eine Versuchsstrafbarkeit ist stets, wenn der Beschuldigte beim Anhusten und Anniesen den Polizeibeamten tatsächlich mit dem Coronavirus infizieren wollte.

Ein Spuckangriff kann daher von der Polizei auch wie ein Anhusten und Anniesen als vorsätzliche Körperverletzung geahndet werden.

Stellen das Anhusten und Anniesen sogar eine gefährliche Körperverletzung i. S. d. § 224 StGB dar?

Die gefährliche Körperverletzung ist eine Qualifikationsnorm zur einfachen Körperverletzung. Wer nach § 224 Abs. 1 StGB die Körperverletzung

  1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
  2.  mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
  3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,
  4. mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
  5. mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung

begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Nach § 224 Abs. 2 ist der Versuch strafbar.

In diesem Zusammenhang kommt der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung mittels andrer gesundheitsschädlicher Stoffe nach § 224 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt StGB und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Betracht. Allerdings ist die rechtliche Einordnung der Viren oder Bakterien als andere gesundheitsschädlichen Stoffe und als eine das Leben gefährdenden Behandlung nicht geklärt. Bisher hat die Rechtsprechung dies im Bereich der HIV-Fälle auf jeden Fall angenommen. Wer andere Menschen bewusst mit HIV ansteckt, erfüllt den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung. Es ist daher abzuwarten, ob die Gerichte das Anstecken von Corona-Virus wie bei HIV-Virus als gefährliche Körperverletzung einstufen.

§ 75 IfSG regelt die weiteren strafvorschriftliche Maßnahmen im Falle einer Pandemie 

Nach § 75 Abs. 1 IfSG wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer

  1. einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Abs. 1 Satz 2, § 30 Abs. 1 oder § 31, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1, zuwiderhandelt,
  2. entgegen § 42 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 42 Abs. 5 Satz 1, oder § 42 Abs. 3 eine Person beschäftigt oder eine Tätigkeit ausübt,
  3. ohne Erlaubnis nach § 44 Krankheitserreger verbringt, ausführt, aufbewahrt, abgibt oder mit ihnen arbeitet oder
  4. entgegen § 52 Satz 1 Krankheitserreger oder Material abgibt.

Nach § 75 Abs. 2 StGB wird bestraft, wer einer Rechtsverordnung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 oder Abs. 2 Nr. 4 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.

Nach § 75 Abs. 3 wird bestraft, wer durch eine in Absatz 1 bezeichnete Handlung eine in § 6 Abs. 1 Nr. 1 genannte Krankheit oder einen in § 7 genannten Krankheitserreger verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, soweit nicht die Tat in anderen Vorschriften mit einer schwereren Strafe bedroht ist.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Täter, der in den Fällen der § 75 Abs. 1 oder 2 IfSG fahrlässig handelt, wird bis zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe verurteilt.

Rat eines guten Strafverteidigers und Fachanwalts für Strafrecht & Verkehrsrecht

Machen Sie von Anfang an von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und wenden Sie sich umgehend vertrauensvoll an einen Fachanwalt für Strafrecht. Im Rahmen eines Erstberatungsgespräch wird Ihr Fachanwalt Sie umfassend beraten, Ihnen wertvolle Tipps geben und sofort einen Antrag auf Akteneinsicht stellen. Als Fachanwältin für Strafrecht und Verkehrsrecht biete ich meinen Mandanten von Anfang an effektive Unterstützung und lösungsorientierte Verteidigung. Aufgrund meiner 12-jährigen Berufserfahrung und Spezialisierung auf das Strafrecht werde ich mit Ihnen nach eingehender Analyse Ihrer amtlichen Ermittlungsakte eine erfolgreiche Strategie gegenüber der Polizei, Staatsanwaltschaft und dem Gericht erarbeiten.

Rechtsanwältin & Strafverteidigerin Jacqueline Ahmadi
Fachanwältin für Strafrecht und Verkehrsrecht aus Hamburg
Bundesweite Verteidigung im Strafverfahren und Bußgeldverfahren

Für weitere rechtliche Informationen besuchen Sie auch unseren Blog zum Strafrecht  und Verkehrsrecht:

https://www.rechtsanwaeltin-ahmadi.de/blog.html


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Strafverteidigerin Jacqueline Ahmadi

Beiträge zum Thema