Nachwirkende Treuepflicht eines aus einer GmbH ausgeschiedenen Gesellschafters

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Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat entschieden (OLG Naumburg, Urt. v. 24.03.2022 – 2 U 143/21, NJW-Spezial 2022, 624):

„Ein aus einer Zwei-Personen-GmbH ausgeschiedener Mitgesellschafter verstößt gegen seine nachwirkende mitgliedschaftliche Treuepflicht, wenn er die Projektleitung für eine Softwareentwicklung in agiler Arbeitsweise, welche er für eine Kundin der GmbH innehatte, in seinem neuen beruflichen Wirkungskreis ohne Zustimmung der Gesellschaft fortsetzt.“

Das OLG führt aus:

Im Gesellschaftsrecht ist eine mitgliedschaftliche Treuepflicht als eine Hauptverpflichtung eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft allgemein anerkannt (...).

Die Treuepflicht dauert zwar grundsätzlich nur bis zum Ausscheiden des Gesellschafters, jedoch kommen darüber hinaus auch noch nachwirkende Treue-, insbesondere Unterlassungs- und Loyalitätspflichten in Betracht (...). Insbesondere darf der Gesellschafter nicht konkrete Geschäftschancen der GmbH auf sich selbst oder auf Dritte, an denen er beteiligt ist, umleiten (...).

Die Treuepflicht im Bereich der konkreten Geschäftschancen ist von einem Wettbewerbsverbot abzugrenzen; es handelt sich um nebeneinanderstehende Institute bzw. zwei eigenständige Ausprägungen der Treuepflicht (...). Während das – regelmäßig vertraglich zu vereinbarende – Wettbewerbsverbot sämtliche Geschäftschancen im Tätigkeitsfeld der GmbH umfasst und ohne eine finanzielle Ausgleichsregelung grundsätzlich nur bis zum wirksamen Austritt aus der Gesellschaft gilt (...), handelt es sich bei der aus der sog Geschäftschancenlehre resultierenden, aus §§ 705 und 242 BGB abgeleiteten Pflicht um die Unterlassung der Wahrnehmung einer geschäftlichen Chance, die bereits in bestimmter Art und Weise „konkretisiert“ der GmbH zuzurechnen ist (...).

Hinweis:

Die "subjektive Geschäftschance" sah das OLG darin, dass die klagende GmbH mit der Kundin bereits wirksam einen Vertrag über die Durchführung des Geschäfts geschlossen hatte. Aus Sicht des OLG hätte es dem früheren Gesellschafter zumindest oblegen, einerseits die Kundin über seine Loyalitätsverpflichtung gegenüber der GmbH zu informieren und andererseits vor allem die GmbH unverzüglich hierüber zu informieren und ihr den Vorrang bei der Abwicklung dieses konkreten Geschäfts einzuräumen. 


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