Neue Chancen im Abgasskandal

  • 3 Minuten Lesezeit

Am 08. Mai 2023 verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) zu den Folgerungen aus dem Urteil des EuGH vom 21. März 2023, C-100/21.

In dem Verfahren VIa ZR 533/21 kaufte der Kläger im Mai 2018 von einem Vertragshändler der beklagten Audi AG einen Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI, der mit einem Motor der Baureihe EA 896Gen2BiT ausgerüstet ist. Die EG-Typgenehmigung wurde für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger zum Teil über ein Darlehen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte bereits vor Abschluss des Kaufvertrags bei einer Überprüfung des auch in das Fahrzeug des Klägers eingebauten Motors eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer sogenannten Aufheizstrategie festgestellt und durch Bescheid vom 1. Dezember 2017 nachträgliche Nebenbestimmungen für die der Beklagten erteilte EG-Typgenehmigung angeordnet.

In dem Verfahren VIa ZR 1031/22 kaufte der Kläger im Oktober 2017 von der beklagten Mercedes-Benz Group AG einen Mercedes-Benz C 220 d, der mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgerüstet ist. Die EG-Typgenehmigung wurde für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Der Kläger finanzierte den Kaufpreis teilweise über ein Darlehen der Mercedes-Benz Bank AG. Die Abgasrückführung erfolgt bei dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug u.a. temperaturgesteuert und wird beim Unterschreiten einer Schwellentemperatur reduziert. Weiter verfügt das Fahrzeug über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, bei der die verzögerte Erwärmung des Motoröls zu niedrigeren NOx-Emissionen führt.

Im Verfahren VIa ZR 533/21 verlangt der Kläger von der Beklagten im Wesentlichen, ihn im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als habe er den das Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag mit dem Vertragshändler und den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen.

Nach Auffassung der Vorinstanzen hatte der Kläger keinen Anspruch aus §§ 826, 31 BGB unabhängig davon, ob in dem Fahrzeug eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut seien. Vor Eintritt des Schadens im Mai 2018 habe die Beklagte mit den zuständigen Behörden in Deutschland, insbesondere dem KBA, kooperiert und in Zusammenarbeit mit dem KBA Maßnahmen in Form von Software-Updates entwickelt, um der Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung zu begegnen. Die Beklagte habe ihre Vertragshändler über den Rückruf des KBA und das Erfordernis eines Software-Updates und darüber informiert, dass die betroffenen Fahrzeuge nur unter Offenlegung dieser Umstände veräußert werden dürften. Das KBA habe in einer Pressemitteilung vom 23. Januar 2018 über den Nachweis "unzulässige(r) Abschalteinrichtungen" informiert, daran habe sich eine landesweite Presseberichterstattung angeschlossen. Die Beklagte habe mithin vor dem Kauf des Fahrzeugs durch den Kläger ihr Verhalten geändert, so dass ihr dessen sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nicht zur Last zu legen sei. Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 EG-FGV und Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 schieden aus Rechtsgründen aus. Das Interesse des Klägers, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liege nicht im Aufgabenbereich dieser Regelungen.  
Im Verfahren VIa ZR 1031/22 verlangt der Kläger von der Beklagten im Wesentlichen, ihn so zu stellen, als habe er den das Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag und den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen.  

Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheide ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB aus. Der Kläger habe die Voraussetzungen für eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung - das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung unterstellt - nicht schlüssig behauptet, weil es an zu berücksichtigendem Vortrag zu einem vorsätzlichen Verhalten von Repräsentanten der Beklagten fehle. Eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 6, 27 EG-FGV oder in Verbindung mit Vorschriften der VO (EG) Nr. 715/2007 bzw. weiteren Sekundärrechtsakten des Unionsrechts scheitere bereits daran, dass diese Normen keine Schutzgesetze seien. Kaufrechtliche Ansprüche bestünden nicht.  

Mit der vom Berufungsgericht unter Verweis auf die Frage, ob die EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist, zugelassenen Revision möchte der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Kommen Sie einer möglichen Stillegung Ihres Diesel-Fahrzeugs zuvor (wir berichteten)!

Sind Sie vom Dieselgate betroffen? Machen Sie den Abgas-Check - kostenlos und unverbindlich.

Gerne beraten und vertreten wir Sie und setzen Ihre Rechte für Sie durch.


Foto(s): pexels.com/Jurii Hlei

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Stefan Schimkat

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten