Nichteinstellung aufgrund Transidentität – was habe ich für Rechte?

  • 3 Minuten Lesezeit

Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes oder der sexuellen Identität im Arbeitsleben ist verboten. Zum internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter-, und Transphobie und deswegen wollen wir hier mal über einen Fall berichten, den wir selbst betreut haben. Dabei können wir uns auch gleichzeitig einer sehr aktuellen Thematik in der Gesellschaft widmen: Transidentität, also wenn das Geschlecht bei der Geburt nicht mit dem übereinstimmt, wie man sich selbst identifiziert. 

Sachverhalt

Jetzt erstmal zu unserem Fall: Ein junger Mann (er hat eine Transidentität: gebürtig weiblich, lebt mittlerweile als Mann) hat sich auf eine Ausbildungsstelle bei einer Sicherheitsfirma zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit beworben. Seine offiziellen behördlichen Ausweisdokumente lauten auf das weibliche Geschlecht. Er verfügt zusätzlich über einen sog. Ergänzungsausweis der deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität auf welchem er mit seinem gewählten, männlichen Namen genannt ist.

Es fand ein Vorstellungsgespräch zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Firma statt, indem der Kläger seine Transidentität offenlegte. Anschließend übersandte man dem Kläger einen Personalbogen zum Ausfüllen, zusätzlich sollte ein Ausweisdokument angehängt werden. Dieser Aufforderung kam der Kläger nach und füllte alles aus: im Personalbogen nannte er seinen männlichen Namen. 

Der nächste Schritt wäre die Unterzeichnung eines Ausbildungsvertrages gewesen, aber dazu kam es nicht mehr. Auf Nachfrage wurde dem Kläger mitgeteilt, die Verspätung wäre darauf zurückzuführen, dass der Vertrag den weiblichen Vornamen und die entsprechende Geschlechtsangabe enthalten werde, weil die Namensänderung noch nicht amtlich vollzogen sei. 

Nachdem der Vertrag dann zugesendet wurde, kam der Termin zur beiderseitigen Unterzeichnung nicht zustande.  Als Grund wird schriftlich angeführt:„Die gegenwärtig noch nicht geklärte Sachlage Ihrer Orientierung bezüglich des Personalausweises, des bevorstehenden Ausbildungsverhältnis und der kommenden Namensänderung in den Papieren, welche wir im Vertragswerk während der Ausbildung nicht ändern können, lassen eine Gegenzeichnung des Ausbildungsvertrags nicht zu. ... Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Entscheidung lediglich durch Ihr Ausweisdokument begründet ist und wir Sie gern nach Klärung ausbilden möchten.“ 

Zum Abschluss eines Ausbildungsverhältnisses kam es nicht mehr. Die Parteien stritten dann über einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern vor dem Arbeitsgericht.

Urteil

Grundlage dieser Entscheidung ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (kurz: AGG). Der von uns vertretene Mandant bekam Recht und erhielt einen Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG. 

Das AGG gilt nach § 6 Abs. 1 S.2 auch für Bewerberinnen und Bewerber, deswegen kommt der Kläger hier für eine Entschädigung in Frage, obwohl der Ausbildungsvertrag nicht unterschrieben wurde. Der Entschädigungsanspruch findet sich in § 15 Abs. 2 AGG danach kann der Betroffene Entschädigung in Geld verlangen. Diese Entschädigung darf bei Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht überschreiten, wenn der oder die Betroffene auch ohne Benachteiligung nicht eingestellt worden wäre. 

Der Kläger ist hier von der Beklagten unmittelbar benachteiligt worden. Davon spricht man, wenn eine Person aus einem der genannten Gründe eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine Person in einer vergleichbaren Situation. Trotz des positiven Verlaufs des Bewerbungsverfahrens, sowie die Übersendung des Vertrages und des Personalbogens wurde kein Ausbildungsverhältnis begründet. Die Beklagte gab hierfür selbst als Grund an

Das Gericht fand die Argumentation der Beklagten, wonach der Personalausweis dem Schutz der Angestellten im Falle einer Kontrolle durch die Polizei diene nicht überzeugend. Die Pflicht von Wachpersonen, den Ausweis nach § 18 Abs. 1 BeWachV in Verbindung mit einem weiteren Ausweisdokument mitzuführen, dient zwar dazu nachzuvollziehen, ob diese Personen tatsächlich fort beschäftigt sind. Allerdings ist nicht ersichtlich, warum das im Falle des Klägers nicht mithilfe seines auf den weiblichen Namen lautenden Personalausweises in Verbindung mit dem Ergänzungsausweis erfüllt werden kann.

Die Entschädigung wurde festgesetzt auf drei Bruttomonatsgehälter. 

Fazit

Das Gericht hat mit seinem Urteil vom Mai 2021 die Rechte von transidenten Menschen  gestärkt. 

Nach dem AGG hat jeder Arbeitnehmer – oder in diesem Fall Bewerber – einen Entschädigungsanspruch bei diskriminierender Benachteiligung. Aber aufgrund der Frist von zwei Monaten haben Sie nur begrenzt Zeit darauf zu reagieren.

Was heißt das speziell für Sie? Kontaktieren Sie uns, wenn sie Diskriminierungen jedweder Art am Arbeitsplatz erfahren haben. Nehmen Sie das nicht einfach hin – sondern wehren Sie sich! Nutzen Sie dazu unsere Online- Terminvergabe. Mit wenigen Klicks bekommen Sie Ihren Termin – bequem von zuhause aus und natürlich bundesweit. Egal wo Sie wohnen, wir stehen an Ihrer Seite!

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Ansgar Dittmar

Beiträge zum Thema