OLG Bremen: Erleichterung der Fortführung des Lebenswerks anerkennungsfähiges Adoptionsmotiv

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Das OLG Bremen hat mit Beschluss vom 16.10.2019 – 4 UF 73/19 die Adoption eines 52-Jährigen durch einen 67-Jährigen ausgesprochen. Beide sind Schausteller. Die Eltern des Anzunehmenden sind verstorben, das Verhältnis des Anzunehmenden zu seinen leiblichen Eltern war jedoch zu deren Lebzeiten ungetrübt und innig. Das Amtsgericht hatte zunächst den Ausspruch der Adoption abgelehnt, da das Verhältnis zwischen Annehmenden und Anzunehmenden zwar als intensive Freundschaft gepflegt werde, aber auch aufgrund des maßvollen Altersabstandes ein Eltern-Kind-Verhältnis nicht erkennbar sei. Vielmehr schien die Motivation für den Adoptionsantrag in der Meidung von Schwierigkeiten bei der Weitergabe des Marktstellplatzes zu bestehen.

Das Beschwerdegericht wies demgegenüber darauf hin, dass es für die sittliche Rechtfertigung bereits ausreiche, wenn das Eltern-Kind-Verhältnis zwar noch nicht entstanden ist, seine Entstehung aber zu erwarten sei. Ist dieses Eltern-Kind-Verhältnis Hauptzweck, sind etwaige Nebenzwecke unschädlich. Die Fortführung des Lebenswerkes stellt ein anerkennungsfähiges familienbezogenes Motiv dar. Maßgeblich sei insbesondere die Entwicklung der Beziehung nach dem Tod der leiblichen Eltern des Anzunehmenden.

Das OLG Bremen sah auch die Voraussetzungen für die Führung eines Doppelnamens als gegeben an. Zwar hat der Anzunehmende mit Ausspruch der Adoption grundsätzlich den Namen des Annehmenden zu tragen. Vorliegend war die Führung des Doppelnamens ausnahmsweise zulässig, weil der 52-jährige Anzunehmende unter seinem Namen bereits ein Geschäft aufgebaut hat.

Der Begriff der „Fortführung des Lebenswerks“ als adoptionsrelevanter Gesichtspunkt wird in der Entscheidung erstmals näher beleuchtet. Die Sichtweise der Entscheidung begünstigt Adoptionsvorhaben, deren Motivation auch unternehmerische Gründe im Blick hat. Es ist danach nicht erforderlich, dass die Adoption ausschließlich der persönlichen Beziehung Rechnung trägt, sondern auch eine Unternehmensnachfolge im weiteren Sinne wird als sittliche Rechtfertigung anerkannt. Die Adoption bringt erhebliche Vorteile im Hinblick auf Erbschafts- und Schenkungssteuerfreibetrag (400.000,00 € statt 20.000,0 €) und Progressionsvorteile (Steuerbelastung nach Steuerklasse I mit 7-30 % gegenüber Steuerklasse III mit 30-50 %) sowie zur Erfüllung einer ggf. bestehenden gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel. 

Es ist daher durchaus sinnvoll, die Möglichkeit einer Adoption in die Unternehmensnachfolgeplanung ernsthaft einzubeziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Nachfolger außerhalb der Familie langfristig im Unternehmen aufgebaut wurde und sich daraus – wie im entschiedenen Fall – ein stabiles gegenseitiges Vertrauens- und Fürsorgeverhältnis entwickelt hat. Auch die Befreiung von der Notwendigkeit einer vollständigen Aufgabe des bisher geführten Namens kann die Entscheidung für eine Erwachsenenadoption durchaus positiv beeinflussen.



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