Partner lehnt Scheidung ab - verhindern lässt sie sich kaum

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Ist Ihre Ehe gescheitert, werden Sie geschieden. Lehnt der Partner die Scheidung ab und will die eheliche Lebensgemeinschaft aufrechterhalten, stehen Sie vor der Herausforderung, wie Sie Ihr Ziel trotzdem erreichen. Auch wenn der Partner die Scheidung verzögern kann - auf Dauer wird er oder sie die Scheidung aber nicht verhindern können.

Welche Aspekte sprechen für eine Scheidung?

Auch wenn die Trennung ohne Scheidung möglich ist, kann die Scheidung ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft sein. Haben Sie wegen der fehlenden Zustimmung des Partners Zweifel, sollten Sie folgende Aspekte berücksichtigen. Dabei geht es mithin um Fragen des Erbrechts, Unterhalts und Zugewinnausgleichs. Solange diese Fragen ungeregelt bleiben, könnte es je nachdem, aus wessen Sichtweise man die Frage betrachtet, sinnvoll sein, die Scheidung zu betreiben.

Erbrecht ohne Scheidung?

Stirbt ein Partner, erbt der andere nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. Leben Sie getrennt, werden Sie daran kein Interesse haben. Die gesetzliche Erbfolge entfällt in dem Augenblick, in dem Sie den Scheidungsantrag stellen oder dem Scheidungsantrag des Partners zustimmen, egal, ob der Partner zustimmt oder nicht.

Unterhalt ohne Scheidung?

Tritt in der Person des Partners während des Zeitraums der Trennung Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit ein, sind Sie zum Unterhalt verpflichtet. Treten diese Umstände nach der Scheidung ein, stehen Sie im Regelfall nicht mehr unterhaltsrechtlich in der Verantwortung. Mit dem Scheidungsantrag verhindern Sie dieses Szenario.

Zugewinnausgleich ohne Scheidung?

Leben Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wird diese beendet, wenn der Scheidungsantrag dem Partner zugestellt wird. Vermögenswerte, die danach erworben werden, bleiben bei der Berechnung des Zugewinns außen vor. Um zu verhindern, dass der Partner nach wie vor an Ihrem Zugewinn beteiligt ist, sollten Sie die Scheidung beantragen.

Versorgungsausgleich ohne Scheidung?

Ihre gemeinsam erworbenen Rentenanwartschaften werden geteilt und zwar bis zu dem Stichtag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. Möchten Sie diesen Stichtag so früh wie möglich datieren, empfiehlt sich, umgehend die Scheidung zu beantragen, egal, ob der Partner zustimmt oder nicht.

Ist die Trennung unter einem Dach zweckmäßig?

Streben Sie die Scheidung an, müssen Sie das Trennungsjahr vollziehen. Sie leben getrennt, wenn zwischen Ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und Sie kein Interesse daran haben, diese wieder herzustellen. Dabei erkennt das Gesetz auch an, dass die häusliche Gemeinschaft dann nicht mehr besteht, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (§ 1567 BGB).

In der Praxis wirft dieser Aspekt oft Schwierigkeiten auf. Entscheidend kommt es darauf an, dass Sie die Räumlichkeiten Ihrer Wohnung so aufteilen, dass jeder eigene Räume für sich allein nutzt. Dies wird nur funktionieren, wenn der Zuschnitt und die Zahl und Größe der Räumlichkeiten eine derartige Aufteilung ermöglichen. In einer Zweizimmerwohnung dürfte sich eine solche Trennung kaum praktizieren lassen. Wichtig ist zudem, dass Sie auf wechselseitige Versorgungsleistungen verzichten und alles vermeiden, was auf eine Lebensgemeinschaft hindeutet.

Erschwerend könnte hinzukommen, dass der Ihrem Scheidungsantrag ablehnend gegenüberstehende Partner behaupten könnte, dass Sie immer noch genau dies tun und Ihre Ehe unter dem gemeinsamen Dach fortbestünde. Zumindest der frühestmögliche Trennungszeitpunkt könnte bestritten werden. Deswegen sollten Sie nach Möglichkeit die Trennung in getrennten Wohnungen vollziehen.

Was passiert, wenn der Partner der Scheidung nicht zustimmt?

Es ist nicht ungewöhnlich, wenn ein Partner auf den Wunsch des anderen, sich scheiden zu lassen, abweisend reagiert. Eine Scheidung zum Beispiel direkt nach Ablauf des Trennungsjahres ist dann nur möglich, wenn der Partner Ihrem Scheidungsantrag zustimmt oder selbst einen Scheidungsantrag stellt. Dann wird gesetzlich vermutet, dass Ihre Ehe unwiderlegbar zerrüttet und gescheitert ist.

Scheidung nach einem Jahr, weil Ihre Ehe zerrüttet ist

Ist noch ungewiss, wie der Partner zum Scheidungsantrag steht oder lehnt er/sie die Scheidung ausdrücklich ab und leben Sie noch nicht drei Jahre getrennt, können Sie ausnahmsweise bereits nach einem Jahr geschieden werden, wenn Sie nachweisen, dass Ihre Ehe unwiderruflich zerrüttet ist. Bestreitet der Partner, dass Ihre Ehe zerrüttet ist, stehen Sie unter Umständen vor einem Nachweisproblem. Dann kommt es auf Ihre Lebenssituation an und darauf, wie Sie die Gegebenheiten darlegen und beweisen können.

Scheidung nach drei Jahren Trennung

Nach Ablauf von drei Jahren kann der Partner die Scheidung nicht mehr verhindern. Sie werden auch dann geschieden, wenn der Partner die Scheidung nach wie vor ablehnt und nicht geschieden werden möchte.

Scheidung im Härtefall

Vor Ablauf des Trennungsjahres ist eine Scheidung nur möglich, wenn Sie sich auf eine unzumutbare Härte, die sich aus der Person Ihres Partners ergibt, berufen. Hat Ihr Partner bislang die Scheidung abgelehnt, müssen Sie auch in diesem Fall damit rechnen, dass er/sie den Härtefall bestreitet. Da Sie die Umstände darlegen und beweisen müssen, riskieren Sie, dass Ihr soziales Umfeld einbezogen wird und auch eventuell vorhandene Kinder nicht unbedingt dafür geschützt bleiben, in das Verfahren involviert zu werden.

Kommt es zudem im Verlauf des Verfahrens unstreitig zum Ablauf des Trennungsjahres, besteht für das Gericht keine Veranlassung mehr, auf Ihre ursprünglich vorgetragenen Härtegründe einzugehen. In diesem Fall kann die Ehe aufgrund der Trennungsdauer geschieden werden. Erfahrungsgemäß neigen Gerichte dazu, den Verlauf des Trennungsjahres abzuwarten. Wird dann mündlicher Scheidungstermin bestimmt, ist das Trennungsjahr meist abgelaufen. Wenn Sie sich auf also auf einen Härtefall berufen wollen, muss es sich wirklich um nachvollziehbare und überzeugende Gründe handelt, die es Ihnen unzumutbar erscheinen lassen, das Trennungsjahr abwarten zu müssen.

Ablehnende Haltung zur Scheidung ist nicht immer ernst gemeint und konstant

Die Aussage Ihres Partners, er/sie lehne die Scheidung ab, muss nicht unbedingt das letzte Wort sein. Möglicherweise ist es eine reine Trotzreaktion. Vielleicht versucht der Partner, zu retten, was zu retten ist, ist sich aber sehr wohl bewusst, dass Ihre Ehe gescheitert ist.

Es kann sich empfehlen, dass Sie nach Ablauf des Trennungsjahres trotzdem den Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen. Sie brauchen nicht vorzutragen, ob und dass der Partner auch geschieden werden möchte. Möchte der Partner nicht geschieden werden, muss er/sie sich zu Ihrem Scheidungsantrag äußern. Dazu muss er oder sie eigens einen Rechtsanwalt beauftragen. Erfahrungsgemäß ändern Partner im Verlauf des Verfahrens ihre Haltung und gehen von einer anfänglichen Ablehnung zur Zustimmung über oder resignieren ob der Gegebenheiten. Bestenfalls ergibt sich daraus eine Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen.

Sie müssen damit rechnen, dass der Partner zwar der Scheidung zustimmt, sich dann aber darauf versteift, dass er/sie die eine oder andere Scheidungsfolge geregelt wissen möchte. Das Verfahren verläuft dann als streitige Scheidung. Wegen des Anwaltszwangs bei den Familiengerichten muss sich der Partner selber anwaltlich vertreten lassen. Ob er/sie bereit ist, den damit einhergehenden Kostenaufwand zu akzeptieren, steht auch wieder auf einem anderen Blatt. Lassen Sie sich am besten von Ihrem Anwalt beraten, wie Sie im Hinblick auf Ihre Lebenssituation und der bisherigen Haltung Ihres Partners strategisch am besten vorgehen.

Die Frage, wie lange eine Scheidung ohne Zustimmung dauert, lässt sich also pauschal nicht beantworten. Es kommt immer darauf an, ob Sie selbst Anträge zur Regelung von Scheidungsfolgen stellen und wie der Partner auf Ihren Scheidungsantrag reagiert. Hier gibt es zahlreiche Facetten. Je nachdem ist zu agieren und zu reagieren.

Machen Versöhnungsversuche das Trennungsjahr zunichte?

Möchte der Partner nicht geschieden werden, wird er oder sie vielleicht daran interessiert sein, einen Versöhnungsversuch zu starten. Sofern Sie sich auf einen oder mehrere Versöhnungsversuche einlassen, brauchen Sie nicht zu befürchten, dass dadurch das Trennungsjahr zunichte gemacht wird. Die bis dahin aufgelaufene Zeit wird gestoppt und zählt für den Verlauf des Trennungsjahres. Sollten die Versöhnungsversuche scheitern, läuft das Trennungsjahr immer wieder an. Haben Sie den vollen Zeitraum eines Jahres hinter sich gebracht, kann der Scheidungsantrag eingereicht werden.

Nachteile, wenn man selber die Scheidung einreicht?

Reichen Sie selbst die Scheidung ein, sind Sie strategisch meist im Vorteil. Sie bestimmen, in welche Richtung sich Ihre Scheidung entwickelt. Streben Sie die einvernehmliche Scheidung an, werden Sie darauf verzichten, über eventuelle Scheidungsfolgen verhandeln zu wollen. Andererseits riskieren Sie, dass sich der Partner provoziert fühlt, wenn Sie die Scheidung einreichen und auch noch beantragen, vor Gericht über eine Scheidungsfolge (z.B. Zugewinnausgleich) verhandeln zu wollen.

Aus strategischer Sicht ist es oft zweckmäßig, den Scheidungsantrag zu stellen. Möchten Sie beispielsweise den Zugewinnausgleich geregelt wissen, ist derjenige Tag Stichtag für die Berechnung des Zugewinns, an dem Ihr Scheidungsantrag dem Ehepartner vom Familiengericht förmlich zugestellt wird. Ein Scheidungsantrag ist auch sinnvoll, weil Ihnen ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit auch noch Altersvorsorgeunterhalt zusteht.

Geht es hingegen um den Versorgungsausgleich ist der Monat, der der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht, der letzte Monat, an dem Sie an den Rentenanwartschaften des Partners teilhaben. Insoweit wiederum wäre es besser, wenn der Partner im eigenen Interesse den Scheidungsantrag stellt.

Ungeachtet der rechtlichen Aspekte, kann es sinnvoll sein, den Scheidungsantrag zu stellen, weil Sie vielleicht daran interessiert sind, emotional mit Ihrer Lebensgemeinschaft abzuschließen und mit der Scheidung den Start zu bestimmen, an dem Sie Ihr Leben endgültig neu gestalten. Die Scheidung ist immer irgendwie eine Art Zäsur im Leben. Man lässt die Vergangenheit hinter sich und schafft mental die Grundlage, in die Zukunft zu blicken.

Alles in allem

Scheidung kann einfach sein, zumindest dann, wenn Sie sich im gegenseitigen Einvernehmen scheiden lassen. Will der Partner nicht geschieden werden, kann er oder sie die Scheidung vielleicht verzögern, in der Perspektive aber nicht verhindern. Ist Ihre Ehe zumindest aus Ihrer Sicht endgültig gescheitert, sollte auch der Partner irgendwann zu der Erkenntnis gelangen, dass Ihre Lebensgemeinschaft keine Zukunft hat. Beide Partner sollten ein Interesse daran haben, die Ehe nicht nur emotional, sondern auch wirtschaftlich und rechtlich abzuwickeln. Die Scheidung bietet hierfür die notwendige Sicherheit.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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