Pflicht zum Homeoffice

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Während der Corona-Pandemie (aktuell bis zum 19.03.2022) gilt § 28b Abs. 4 IfSG:

„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen.“

Diese Regelung gilt für alle Betriebe und Verwaltungen, unabhängig von ihrer Größe.

Hier lesen Sie, was sich der Gesetzgeber dabei gedacht hat (Gesetzesentwurf, BT-Drs. 20/89, Seite 18, 19).

Pflicht des Arbeitgebers

Arbeitgeber sind im Grundsatz verpflichtet, bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen.

Ausnahme: Zwingende betriebsbedingte Gründe stehen entgegen. Das ist der Fall, wenn die Betriebsabläufe mit Homeoffice erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten. Der Arbeitgeber muss auf Verlangen der zuständigen Behörde diese Gründe darlegen.

Beispiele, bei denen Homeoffice nicht möglich ist:

  • Bearbeitung und Verteilung der eingehenden Post,
  • Bearbeitung des Wareneingangs und Warenausgangs,
  • Schalterdienste bei weiterhin erforderlichen Kunden- und Mitarbeiterkontakten,
  • Materialausgabe, Reparatur- und Wartungsaufgaben (zum Beispiel IT-Service),
  • Hausmeisterdienste und Notdienste zur Aufrechterhaltung des Betriebes,
  • u.U. auch die Sicherstellung der Ersten Hilfe im Betrieb,
  • ggf. besondere Anforderungen des Betriebsdatenschutzes und des Schutzes von Betriebsgeheimnissen.

Nur vorübergehende Hindernisse sind zum Beispiel:

  •  fehlende IT-Ausstattung,
  •  notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation
  •  unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten.

Nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (die ebenfalls bis zum 19.03.2022 gilt) haben Arbeitgeber alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um betriebsbedingte Personenkontakte zu reduzieren.

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist der Arbeitgeber also gehalten, die technische Ausstattung für das Homeoffice zu organisieren. Er kann sich nur vorübergehend darauf berufen, dass die technische Ausstattung fehlt. Ist der Arbeitgeber also verpflichtet, endgültige Investitionen zu tätigen, um die vorübergehende Pflicht zum Homeoffice zu erfüllen? Das wäre insb. für kleine und mittlere Betriebe u.U. unverhältnismäßig, erst recht, wenn sie durch die Corona-Pandemie schon finanzielle Einbußen haben. Zu prüfen ist dann aber m.E., ob nicht etwa der Computer des Arbeitnehmers genutzt werden, ggf. gegen Zahlung einer Entschädigung für die stärkere Abnutzung.

Pflicht des Arbeitnehmers

Arbeitnehmer müssen im Grundsatz Bürotätigkeiten oder vergleichbare Tätigkeiten in ihrer Wohnung ausführen, wenn ihnen dies möglich ist.

Ausnahme: Gründe aus der Sphäre des Arbeitnehmers stehen dem entgegenstehen, z.B.:

  • räumliche Enge,
  • Störungen durch Dritte,
  • unzureichende Ausstattung.

Umsetzung

Soll Arbeit im Homeoffice neu eingeführt werden, ist - falls vorhanden - mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zu schließen oder der Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer zu ändern, wobei Schriftform ratsam, aber nicht notwendig ist. Was ist zu regeln?

Auch im Homeoffice gelten die Arbeitsschutzvorschriften, also

  •  das Arbeitszeitgesetz (ArbZG),
  • die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV),
  • das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die dazu erlassenen Verordnungen.

Die gesetzliche Unfallversicherung greift im Homeoffice u.U. nicht. Etwaige Lücken schließt ggf. eine private Unfallversicherung. Beispiele:

  • Sturz auf der Treppe auf dem Rückweg von der Toilette zum Arbeitsplatz (SG München, Urteil vom 04.07.2019, S 40 U 227/18).
  • Sturz auf der Treppe auf dem Weg in die Küche, um Wasser zum Trinken zu holen (BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 2 U 5/15 R).
  • Unfall auf dem Rückweg vom Kindergarten zum Homeoffice (BSG, Urteil v. 30.01.2020, B 2 U 19/18R).

Weitere regelungsbedürftige Punkte: 

  • Dauer der Vereinbarung
  • Fahrten zum Betrieb (Wie oft? Wer trägt die Kosten?)
  • Zutritt des Arbeitgebers zur Wohnung des Arbeitnehmers
  • Datenschutz
  • Aufwendungsersatz für den Arbeitnehmer (Miete, Heizung, Strom, Internet)
  • Haftung des Arbeitnehmers (für Familienmitglieder?) bei Schäden an den Arbeitsmitteln des Arbeitgebers

Gern stelle ich Ihnen auf Anfrage ein Muster für eine Betriebsvereinbarung oder einen befristeten Änderungsvertrag zur Verfügung.


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