Polizeiliche Vorladung als Beschuldigter – was tun?

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Eine Standardsituation für den Strafverteidiger: Der (zukünftige) Mandant hat eine polizeiliche Vorladung als Beschuldigter erhalten und fragt:

1. „Muss ich da hin?“

2. „Was wird mir eigentlich vorgeworfen?“

1.

Nein. Einer polizeilichen Vorladung als Beschuldigter muss der Beschuldigte nicht nachkommen. Der Beschuldigte ist grundsätzlich während eines Ermittlungsverfahrens und auch während des möglicherweise folgenden gerichtlichen Verfahrens berechtigt, Angaben zu verweigern. In diesem Zusammenhang ist er daher auch nicht verpflichtet, einer polizeilichen Ladung nachzukommen.

Anders jedoch bei einer Ladung der Staatsanwaltschaft zur Beschuldigtenvernehmung: In diesem Fall ist der Beschuldigte zwar verpflichtet, zum Vernehmungstermin zu erscheinen, nicht jedoch, dort Angaben zu machen.

Für beide Fälle gilt: Der Beschuldigte muss sich nicht selbst belasten und darf Angaben verweigern. Dieses Recht des Beschuldigten ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Strafrechts.

Die sich anschließende Frage des Mandanten: Kann das Schweigen gegen mich verwendet werden?

Klare Antwort: Nein.

Das Schweigen des Beschuldigten darf nicht bewertet werden. Weder ist das Schweigen ein Schuldeingeständnis, noch darf es sonst wie gegen den Beschuldigten ausgelegt werden.

2.

Häufig ist dem Mandanten der Tatvorwurf, wie er sich aus der polizeilichen Vorladung ergibt, nicht bekannt. Der Mandant ist sich keiner Verfehlung oder gar einer Straftat bewusst und fragt sich, was man von ihm will.

Oder aber der Mandant weiß sehr wohl, um welchen Sachverhalt es geht, und möchte bestmöglich verteidigt werden.

Für beide Fälle gilt: Es ist Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft zu beantragen. Nur die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft enthält die notwendigen Informationen.

Wer erhält nun diese notwendige Akteneinsicht?

Es greift die Regelung des § 147 StPO. 

Bis zur Gesetzesänderung zum 01.01.2018 war nur der Verteidiger zur Akteneinsicht berechtigt. Der unverteidigte Beschuldigte hatte keinen generellen Anspruch auf Akteneinsicht (nur für Ausnahmefälle), er hatte jedoch Anspruch auf Auskünfte und Abschriften aus den Akten. Eine Zusendung der Ermittlungsakte war nicht möglich. Das Original der vollständigen Akte erhält nur der Verteidiger.

Aufgrund der Neufassung des § 147 StPO ist der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm anstelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

Es besteht insofern auch aufgrund der Neufassung lediglich ein eingeschränktes Akteneinsichtsrecht, welches nicht die Zusendung der Originalakte umfasst.

Deshalb ist anwaltliche Beratung sinnvoll, um uneingeschränkte und umfassende Akteneinsicht zu erhalten und im gemeinsamen Gespräch das weitere Vorgehen abzustimmen. Gerade im Ermittlungsverfahren bestehen noch viele Möglichkeiten der Verfahrensgestaltung durch den Verteidiger. Ohne anwaltliche Vertretung werden hier die meisten Fehler durch den Beschuldigten gemacht (z. B. Angaben zur Sache ohne Aktenkenntnis und Kenntnis der Beweislage). Im Ermittlungsverfahren werden häufig die Weichen gestellt und es bestehen diverse Möglichkeiten, eine Hauptverhandlung vor Gericht zu vermeiden.

Deshalb suchen Sie, wenn Sie von der beschriebenen Situation betroffen sind, einen Fachanwalt für Strafrecht auf.


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