Poolvertrag (Stimmbindungsvertrag / Schutzgemeinschaftsvertrag)

  • 5 Minuten Lesezeit

I. Einleitung

Mit einer Poolvereinbarung verpflichten sich die Poolmitglieder, ihre Stimmrechte in Bezug auf die Hauptgesellschaft einheitlich auszuüben. Die Begriffe Poolvereinbarung, Stimmbindungsvereinbarung und Schutzgemeinschaftsvereinbarung werden in diesem Zusammenhang weitgehend synonym verwandt.

Poolvereinbarungen werden in der Praxis vorwiegend zu zwei Zwecken eingesetzt:

  1. In Familiengesellschaften kann durch unterschiedliche Ausübung der einzelnen Stimmrechte Einfluss verloren  gehen. Durch einheitliche Stimmausübung können Familiengesellschafter ihren Einfluss gegenüber anderen Familienstämmen bzw. Nichtfamiliengesellschaftern erhalten. Werden die Anteile mehrerer Familienstämme in einem Hauptpool zusammengefasst, können die einzelnen Familienstämme ihrerseits Unterpools bilden, um eine einheitliche Stimmausübung innerhalb des Stamms zu gewährleisten.
  2. Poolvereinbarungen werden zudem eingesetzt, um die steuerlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Verschonungsabschläge für Betriebsvermögen für die Vererbung und Verschenkung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH) zu schaffen (dazu näher unter II.).

Für Zwecke der Prüfung durch das Transparenzregister, ob ein wirtschaftlich Berechtigter im Sinne von § 19 Abs. 3 Nr. 1 b) GWG vorliegt, können Poolvereinbarungen offenzulegen sein.

II. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Die Poolvereinbarung hat große praktische Bedeutung bezüglich der Vererbung bzw. Schenkung von Anteilen an Kapitalgesellschaften:

  1. Gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme der begünstigten Übertragung von Betriebsvermögen gem. § 13a ErbStG, dass der Erblasser bzw. Schenker einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit mehr als 25% beteiligt ist (sog. Mindestbeteiligung).
  2. Da diese Mindestbeteiligung in Familienkapitalgesellschaften häufig unterschritten wird, hat der Gesetzgeber in § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG einen alternativen Begünstigungstatbestand eingeführt, dessen Voraussetzungen durch Abschluss einer Poolvereinbarung geschaffen werden können - sog. Poolklausel

"Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben."

III. Vertragsinhalt

Die folgenden Ausführungen sollen einen Überblick über die wesentlichen Inhalte einer Poolvereinbarung geben:

1. Rechtsform

In der Praxis hat die Poolvereinbarung meist nur schuldrechtlichen Charakter, d.h. die Anteile an der Hauptgesellschaft werden nicht in den Pool eingebracht, sondern verbleiben im Eigentum der Poolmitglieder. Eine solche schuldrechtliche Poolvereinbarung stellt juristisch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in Form einer Innengesellschaft dar, die kein Gesamthandsvermögen besitzt. Der Abschluss einer solchen Poolvereinbarung bedarf keiner besonderen Form, sollte jedoch schriftlich erfolgen. Die Poolvereinbarung muss jedoch dann gem. § 15 Abs. 4 GmbHG notariell beurkundet werden, wenn diese Erwerbs- oder Veräußerungspflichten in Bezug auf GmbH-Geschäftsanteile enthält.

Alternativ ist es ebenfalls möglich, die Anteile in die Poolgesellschaft einzubringen. Ist die Hauptgesellschaft eine GmbH, muss die Poolvereinbarung in diesem Fall notariell beurkundet werden. Es ist allerdings umstritten, ob eine solche verdinglichte Poolvereinbarung die unter II.2 genannten erbschaftsteuerlichen Voraussetzungen erfüllt.

2. Stimmbindung

Es sollte zunächst genau festgelegt werden, welche Anteile an der Hauptgesellschaft der Poolvereinbarung unterliegen sollen.

Durch Beschlussfassung in der Poolgesellschaft legen die Poolmitglieder fest, wie ihre Stimmrechte in der Hauptgesellschaft ausgeübt werden. Hierdurch wird die einheitliche Stimmausübung in der Hauptgesellschaft sichergestellt. 

Damit die Poolvereinbarung die Voraussetzungen für die erbschaftsteuerliche Begünstigung erfüllt, muss sich die Stimmbindung auf sämtliche Abstimmungen und Wahlen in der Hauptgesellschaft erstrecken.

Die für die Poolgesellschaft erforderlichen Mehrheiten können in Orientierung an die Hauptgesellschaft oder individuell ausgestaltet werden.

3. Poolsprecher

Es ist ratsam, einen Poolsprecher zu bestellen, der die Poolversammlungen vorbereitet und leitet

Darüber hinaus kann dem Poolsprecher durch die anderen Poolmitglieder eine Stimmrechtsvollmacht erteilt werden mit dem Zweck, dass der Poolsprecher die Stimmrechte an der Hauptgesellschaft sämtlicher Poolmitglieder ausübt, um eine einheitliche Stimmausübung sicherzustellen. 

Durch die Vollmacht wird jedoch das Stimmrecht der weiteren Poolmitglieder in der Hauptgesellschaft nicht ausgeschlossen, da einer Vollmacht rechtlich keine verdrängende Wirkung zukommt.

4. Übertragbarkeit

Zur Erlangung der erbschaftsteuerlichen Begünstigung sehen Poolvereinbarungen vor, dass die Übertragung der Anteile an der Hauptgesellschaft Beschränkungen unterliegt. So kann z.B. geregelt werden, dass eine Übertragung nur auf Familienmitglieder zulässig ist, um den Familiencharakter einer Familiengesellschaft zu erhalten, oder dass die anderen Poolmitglieder ein Vorerwerbsrecht haben.

In der juristischen Literatur umstritten und bislang nicht geklärt ist, ob die Übertragungsbeschränkungen nur für lebzeitige Verfügungen oder auch für letztwillige Verfügungen über Anteile an der Hauptgesellschaft z.B. in einem Testament gelten müssen. Rechtssicherheit kann insofern nur durch eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt erreicht werden.

Die Poolvereinbarung sollte zudem sicherstellen, dass Personen, auf die Anteile an der Hauptgesellschaft übertragen werden können, ebenfalls der Poolvereinbarung unterliegen.

Da der Tod eines Poolmitglieds nach derzeitigem Recht die Auflösung der GbR-Poolgesellschaft zur Folge hat, sollte der Poolvertrag eine Nachfolgeklausel enthalten. Erblasser müssen durch entsprechende Gestaltung von letztwilligen Verfügungen sicherstellen, dass nur gesellschaftsvertraglich Nachfolgeberechtigte Erben der Anteile werden.

5. Durchsetzung

Die Poolvereinbarung erzeugt keine Außenwirkung bezüglich der Beschlüsse in der Hauptgesellschaft, d.h. wenn ein Abstimmungsverstoß in der Poolgesellschaft vorliegt, führt dies nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Beschlusses in der Hauptgesellschaft.

Die Poolmitglieder haben vielmehr einen Erfüllungsanspruch, dass die Stimmrechte an der Hauptgesellschaft entsprechend der Beschlussfassung in der Poolgesellschaft ausgeübt werden. Da die gerichtliche Durchsetzung dieses Erfüllungsanspruchs jedoch in den meisten Fällen zu lange dauern wird und die Geltendmachung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes rechtlich unklar ist, sollten die Pflichten der Poolvereinbarung durch Vertragsstrafen abgesichert werden.

6. Laufzeit

Zur Einhaltung der erbschaftsteuerlichen Haltefristen von 5 bzw. 7 Jahren sollte die Poolvereinbarung nicht kurzfristig kündbar sein. 

Die Kündigung der Poolvereinbarung kann jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Möglich ist jedoch, die Poolvereinbarung für einen längeren Zeitraum fest abzuschließen bzw. im Fall einer unbestimmten Laufzeit das ordentliche Kündigungsrecht für einen längeren Zeitraum auszuschließen, wobei eine Bindung für die Dauer von 15 Jahren als zulässig angesehen wird.

Daneben kann die Poolvereinbarung stets aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden.

Für den Fall der Kündigung kann den verbleibenden Poolmitgliedern ein Vorerwerbsrecht eingeräumt werden.

IV. Fazit

Der Abschluss einer Poolvereinbarung ist sinnvoll, wenn Gesellschafter eines Familienunternehmens ihren Einfluss gegenüber anderen Familienstämmen bzw. Nichtfamiliengesellschaftern absichern möchten.

In erbschaftsteuerlicher Hinsicht ist eine Poolvereinbarung zu empfehlen, wenn Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht mit mehr als 25% beteiligt sind, da durch die Poolvereinbarung die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Verschonungsabschläge für Betriebsvermögen geschaffen werden können.


Ich berate Sie gerne bei der Umsetzung einer Poolvereinbarung.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Rainer Freudenberg LL.M.

Beiträge zum Thema