Produktnachahmungen: Wie verbiete ich meinen Mitbewerbern Nachahmungen ohne eingetragenes Schutzrecht?

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Vielfach vertreten wir Unternehmen oder auch Freiberufler, die mit der Problematik an uns herantreten, dass Mitbewerber und Konkurrenten ihre Produkte kopieren sowie nachahmen, um sie sodann selbst erfolgreich auf dem Markt anzubieten. Wir werden sodann regelmäßig danach gefragt, ob es diesbezüglich Möglichkeiten gibt, den entsprechenden Konkurrenten und Mitbewerbern den Verkauf zu untersagen.


Das deutsche Recht, und hierbei insbesondere der gewerbliche Rechtsschutz sowie auch das Urheberrecht, bieten durchaus eine Fülle von potentiellen Ansprüchen, die es ermöglichen können, solche Untersagungen zu erreichen. Zu denken wäre hierbei stets an Ansprüche aus dem Designrecht, dem Markenrecht, dem Urheberrecht, aus einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster oder auch aus dem Wettbewerbsrecht.


Als beratende Anwälte fragen wir bei Neumandanten zunächst stets danach, ob im Hinblick auf das konkrete Produkt oder auch die angebotene Dienstleistung ein potentiell sogenanntes eingetragenes Schutzrecht besteht. Hierbei wäre sodann zu denken an ein Markenrecht in Form einer 3D-Marke oder auch an ein Designrecht. In den meisten Fällen liegen solche eingetragenen Schutzrechte (leider) bei den Mandanten nicht vor.


Vielfach wird sodann durch die Mandanten an dieser Stelle der Beratung angenommen, dass sie keinerlei Möglichkeiten hätten, gegen die Nachahmungen vorzugehen. Dem ist jedoch mitnichten so. Auch zahlreiche nicht eingetragene Rechte, wie das Urheberrecht sowie insbesondere das Wettbewerbsrecht, als auch das häufig stiefmütterlich behandelte nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster, stellen hierbei eine wunderbare Grundlage dafür dar, potentielle Nachahmungen von Mitbewerbern vom Markt zu eliminieren. Die nachfolgenden Ausführungen setzen hierbei einen Fokus auf das Wettbewerbsrecht und den sogenannten wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz, der insbesondere in den letzten Jahren nach unserer Erfahrung in diesem Bereich mehr und mehr an Bedeutung gewonnen hat. Dies ergibt sich einerseits anhand von an uns herangetragene Anfragen potentieller Hersteller, Produzenten und Verkäufer sowie auch aus dem Umstand, dass wir mehr und mehr gegen derartige Abmahnungen gegen die potentiellen Nachahmer verteidigen.


Doch was sind die Voraussetzungen des sogenannten wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes nach § 4 Nr. 3a UWG?


I.     Wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz gemäß § 4 Nr. 3 UWG 


§ 4 Nr. 3 UWG sagt in seinem Wortlaut folgendes:


„Unlauter handelt, wer


3.

Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er 

a)

eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,

b)

die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder

c)

die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat“


Bei dem wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz i. S. d. hier genannten Vorschrift handelt es sich vom Grundsatz her durchaus um eine juristisch recht komplexe Materie, die insbesondere durch eine mannigfaltige und diffizile Rechtsprechung geprägt ist. Dennoch stellt er bei Kenntnis des beratenden und bearbeiteten Rechtsanwaltes durchaus eine wunderbare Möglichkeit dar, entsprechende Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.


Doch was sind seine Voraussetzungen?


1.    Eigenart


Das Produkt, oder auch die Dienstleistung – denn auch solche Dienstleistungen sind vom Schutz des Tatbestandes erfasst – müssen zunächst eine sogenannte Eigenart aufweisen.


Wettbewerbliche Eigenart hat ein Produkt, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Produktes geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Hierfür kommt es auf den Gesamteindruck des Produktes an. Technisch notwendige, d. h. aus technischen Gründen zwingende Gestaltungselemente, können eine wettbewerbliche Eigenart begründen.


Bei der Beurteilung des Gesamteindruckes kommt es stets auf die einzelnen Elemente oder eine Kombination von Gestaltungsmerkmale an, die zwar nicht für sich genommen, aber in ihrem jeweiligen Zusammenwirken geeignet sind, den Verkehr auf die Herkunft des nachgeahmten Produktes aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (BGH, Urteil vom 05.03.1998 – I ZR 13/96, GRUR 1998, 830, 832 – Les-Paul-Gitarren). Auch eine Kombination einzelner Gestaltungsmerkmale kann eine wettbewerbliche Eigenart begründen, selbst wenn die einzelnen Merkmale für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (BGH, GRUR 2017, 1135 Rn. 20 – Leuchtballon; OLG Frankfurt, Urteil vom 18.06.2020, Kaffeebereiter). 


Vereinfacht gesprochen darf das entsprechende Produkt kein „Allerweltsprodukt“ sein. Die konkrete Ausgestaltung muss sich hierbei von einer Duzendware unterscheiden. Eine gewisse Originalität schadet hierbei keinesfalls. Um Ansprüche nach dem Nachahmungsschutz geltend zu machen, ist natürlich Voraussetzung, dass das Produkt, welches verteidigt werden soll, durch den Hersteller in dieser Gestaltung erstmalig auf den Markt gebracht worden ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Eigenartigkeit zu bejahen. Die an die Eigenart gestellten Anforderungen sind hierbei keinesfalls allzu hoch, sodass diese Hürde in den meisten Fällen unproblematisch überwunden werden kann.


2.    Nachahmung


Des Weiteren muss es sich bei dem Produkt Ihres Konkurrenten um eine Nachahmung handeln.


Eine Nachahmung einer wettbewerblichen Eigenschaft ist immer dann gegeben, wenn das streitgegenständliche Produkt mit dem Originalprodukt so ähnlich ist, dass es sich in ihm wiedererkennen lässt. Dabei muss das Originalprodukt zwar nicht in all seinen Gestaltungsmerkmalen übernommen worden sein. Es genügt hierbei auch lediglich nur teilweise Übernahme, soweit sich die wettbewerbliche Eigenart des Originals aber gerade aus dem übernommenen Teil ergibt. Es müssen also gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sein, die wettbewerbliche Eigenart zu begründen (BGH, WRP 2017, 792 Rn. 45 – Bodendübel; BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 32 – Handtaschen). 


Die Frage, ob eine Nachahmung vorhanden ist, ist hierbei ebenfalls stets eine Einzelfallfrage. Es gilt hierbei der Grundsatz, dass die Gemeinsamkeiten stärker zu würdigen sind, als die Unterschiede der sich gegenüberstehenden Produkte. Insofern bedarf es für die Annahme einer Nachahmung nicht unbedingt einer 100 %igen Identität, auch eine nachschaffende Nachahmung kann für die Erfüllung des Tatbestandes genügen.


3.    Vermeidbare Herkunftstäuschung


Des Weiteren muss eine sogenannte vermeidbare Herkunftstäuschung vorliegen. Eine Herkunftstäuschung liegt immer dann vor, wenn der angesprochene Verkehrskreis den Eindruck gewinnen kann, dass die Nachahmung vom Hersteller des Originals oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens stammt (hierzu grundlegend BGH, GRUR 1988, 385 – Wäsche-Kennzeichnungsbänder). Bei der Beurteilung besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (BGH, GRUR 2012, 1155 Rn. 16 – Sandmalkasten; BGH, GRUR 2008, 793 Rn. 17b – Rillenkoffer; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2013, 518). Dabei genügt stets die Gefahr einer Täuschung, welche dann vorliegt, wenn der angesprochene Verkehr annimmt, es handele sich bei dem nachahmenden Produkt um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Originalherstellers (BGH, GRUR 2009, 1073 – Ausbeinmesser). Als weitere Voraussetzung muss die Herkunftstäuschung auch vermeidbar sein. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit für den Nachahmer bestanden haben muss, sich von dem Originalprodukt in seiner Ausführung entfernen zu können. Dies gilt bspw. nicht für technische Gegebenheiten.


Sodann erfolgt regelmäßig eine Gesamtwürdigung der Umstände, die sodann zu dem Ergebnis führt, ob ein Fall des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes vorliegt oder nicht.


Ein aktuelles Beispiel aus der Praxis:


Wir haben erst kürzlich einen Hersteller und Händler von bestimmten Kerzen vertreten. Die von unserer Mandantschaft hergestellten und sehr erfolgreich im Bundesgebiet sowie auch in den USA vertriebenen Kerzen wiesen insbesondere in ihrer Ausgestaltung und im Design derartig prägende Besonderheiten auf, dass sie sich hierdurch vom übrigen Kerzenmarkt abgehoben hat.


Mehrere Konkurrenten ahmen diese Art von Kerzen derzeit nach. Wir konnten für unsere Mandantschaft bereits für einen dieser Konkurrenten erreichen, dass dieser die entsprechenden Kerzen nunmehr vom Markt nehmen musste. Insoweit haben wir erfolgreich ein sehr umfangreiches einstweiliges Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf zu Gunsten unserer Mandantschaft führen können. Die Gegenseite hat bereits eine Abschlusserklärung abgegeben und hat insofern die einstweilige Verfügung in der Sache akzeptiert.


Dem Konkurrenten unseres Mandanten ist es daher nunmehr verboten, die von ihm ursprünglich vertriebenen Kerzen weiter anzubieten.


4.    Wie können wir Ihnen weiterhelfen?


Wir vertreten regelmäßig Mandanten im Bereich der Produktpiraterie und im Falle von Produktnachahmungen. Wir können Ihnen versichern, dass wir hierbei über die nötige Erfahrung verfügen, um einschätzen und prüfen zu können, ob Ihnen ein entsprechender Anspruch auf Unterlassung gegenüber Ihrem Mitbewerber zusteht. Als Fachanwaltskanzlei für gewerblichen Rechtsschutz sind wir insbesondere auf den wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz sowie natürlich auch auf das Markenrecht und das Designrecht hoch spezialisiert. Auch das Urheberrecht kann in derartigen Fällen weiterhelfen. Insoweit ist seit der sogenannten Geburtstagszug-Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2013 in der Rechtsprechung die eindeutige Tendenz zu erkennen, dass das Urheberrecht auch grundsätzlich mehr und mehr Anwendung auf sogenannte Altersgegenstände findet.


Das Gesetz stellt daher eine grundsätzlich umfangreiche Klaviatur von Tatbeständen zur Verfügung, die einem Händler und Hersteller von konkreten Produkten auch dann weiterhelfen können, wenn dieser nicht über ein eingetragenes Schutzrecht, wie bspw. ein Design, verfügt.


Sollten Sie eine Fallproblematik dieser Art haben, freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme. Das Erstgespräch ist bei uns grundsätzlich kostenlos. Sollten Sie sich an potentiellen Produktnachahmungen Ihrer Konkurrenten stören, lassen Sie uns auch gerne eine E-Mail mit einem Link zu Ihren Produkten sowie zu den Produkten Ihres Gegners zukommen. Herr Rechtsanwalt Jan B. Heidicker, der diese Fälle in unserer Kanzlei regelmäßig vertritt, wird Ihnen sodann im Regelfall bereits im Rahmen des ersten Gespräches entsprechende Erfolgsaussichten grob mitteilen können.


Alternativ rufen Sie uns natürlich jederzeit gerne unter 02307/17062 an. Wir vertreten unsere Mandanten bundesweit. Auch setzen wir für Sie Ansprüche im benachbarten Ausland gerne durch.





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