Quarantäne hindert den Verbrauch von Urlaub nicht

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Urlaubstage können auch bei einer Corona-Quarantäne verbraucht werden

Eine behördliche Ordnungsverfügung, mit welcher Arbeitnehmer:innen häusliche Quarantäne wegen Corona angeordnet wird, steht einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeit nicht gleich, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einer Entscheidung vom 13.12.2021 (AZ 2 Sa 488/21). Das bedeutet, dass genehmigter Urlaub während dieser Zeit auch verbraucht werden kann und nicht gem. § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) wegen Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet wird. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde zugelassen.

§ 9 BUrlG sieht für den Fall einer Erkrankung während des Urlaubs vor, dass „die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet“ werden.

Unter Berufung darauf verklagte eine Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber auf die Feststellung, dass er ihr fünf Urlaubstage aus 2020 gutschreiben müsste, denn während eines genehmigten Urlaubs vom 30.11.2020 bis zum 12.12.2020 hatte sie aufgrund einer behördlichen Ordnungsverfügung fünf Tage in häuslicher Quarantäne verbringen müssen. Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung legte die Klägerin nicht vor.

Das Arbeitsgericht Bonn wies ihre Klage ab (Urteil vom 07.07.2021, 2 Ca 504/2), die eingelegte Berufung zum LAG Köln wurde ebenfalls zurückgewiesen.

Unterscheidung zwischen behördlicher Anordnung häuslicher Quarantäne wegen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit

Das LAG führte dazu aus, dass zurecht zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit unterschieden werden müsse. Zwar sei die Definition einer Erkrankung erfüllt, da die Corona-Infektion als solche bereits einen regelwidrigen körperlichen Zustand darstelle, aber nicht jede Krankheit führe aber auch gleichzeitig zur Arbeitsunfähigkeit, wie zum Beispiel bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck. Auch hier liegt eine Arbeitsunfähigkeit nur dann vor, wenn konkret im Einzelfall körperliche oder andere Symptome auftreten, die die Arbeitsleistung unmöglich machen.

Nur durch das behördliche Verbot sei der Arbeitnehmerin die Arbeit nicht möglich gewesen, weil ihr verboten worden sei, mit anderen zusammenzuarbeiten. Auf eine Arbeitsleistung im Homeoffice hätte die Quarantäneanordnung zum Beispiel keine Auswirkung gehabt, wenn eine solche Arbeit möglich gewesen wäre. Wenn die Arbeitnehmerin Symptome gehabt hätte, hätte sie zum Arzt gehen und sich attestieren lassen können, dass diese eine Arbeitsunfähigkeit auslösten.

Nutzbarkeit der Urlaubstage nicht entscheidend

Damit steht eine behördliche Quarantäneanordnung nach Ansicht des LAG einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht gleich, die gem. § 9 BUrlG erforderlich ist für eine Nichtanrechnung der gewährten Urlaubstage auf den Jahresurlaub. Eine Zurückweisung der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber war nicht erforderlich, weil die Arbeitnehmerin ohnehin von der Arbeitsleistung auf Grund Urlaubs befreit war. Auch die individuelle Nutzbarkeit des Urlaubs sei kein Kriterium für eine Nachgewährung, was selbst bei einer Inhaftierung auch nicht der Fall sei.

Keine Nachgewährung aus europarechtlichen Erwägungen

Die Nachgewährung von Urlaubstagen war nach Ansicht des Gerichts auch nicht aus europarechtlichen Erwägungen erforderlich, da die Arbeitnehmerin, die einen Jahresgesamturlaubsanspruch von 30 Tagen hatte, nichts dafür vorgetragen hatte, dass die in Streit stehenden fünf Urlaubstage den gesetzlichen Mindesturlaub betroffen hätten.

Das Gericht machte keine Ausführungen dazu, ob in diesem Fall eine andere Sichtweise geboten gewesen sei.

Arbeitnehmer:innen können sich also nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass im Falle von Quarantäneanordnungen ihre Urlaubsansprüche, die in diese Zeit fallen, erhalten bleiben. Sie müssen sich ärztlich attestieren lassen, dass sie zusätzlich zur Infektion Symptome haben, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führen.

Arbeitgeber sollten darauf achten, ob sie lediglich eine behördliche Quarantäneanordnung vorgelegt bekommen oder auch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die allein zum Erhalt der Urlaubstage berechtigt.


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