Razzia bei der „Artgemeinschaft“ – drohen nun Strafen und wie kann sich der Verein wehren?

  • 5 Minuten Lesezeit

6 Uhr morgens und man wird aus dem Bett geklingelt. Von der Polizei. So erging es zahlreichen Mitgliedern der Vereinigung „Artgemeinschaft“ heute morgen, als mehrere Beamte mehrere Objekte von Mitgliedern des inzwischen verbotenen Vereins in zahlreichen Bundesländern stürmten.


Doch was steckt dahinter – laufen nun Strafverfahren gegen die Mitglieder und wenn ja, welche Strafen drohen? Wie sollte man sich bei einer Hausdurchsuchung verhalten und wie kann man gegen ein Vereinsverbot vorgehen?

Wann kann eine Hausdurchsuchung durchgeführt werden?

Eine Hausdurchsuchung kann zum Einen im Rahmen eines Strafverfahrens durchgeführt werden und das bereits dann, wenn sich dieses lediglich im sog. Ermittlungsverfahren als erstes Stadium eines Strafverfahrens.


Zu beachten ist ferner, dass in dem vorliegenden Fall der Razzia bei den Mitgliedern der Vereinigung „Artgemeinschaft“ diesem Vorgang ein Verbot des Vereins – ausgesprochen durch die Bundesinnenministerin – voran ging.

Gem. § 3 Abs.1 des Vereinsgesetzes geht in der Regel mit dem Verbot des Vereins „die Beschlagnahme und die Einziehung“ unter anderem des Vereinsvermögens einhergeht; damit zu verbinden ist.

Eine Beschlagnahme ist oftmals Teil einer Hausdurchsuchung und Razzia, sodass die Razzia heute morgen hiermit wohl zusammenhängt.


Bislang tauchen in den Medienberichten keine Angaben zu laufenden Strafverfahren auf. Allerdings ist es durchaus in dieser Konstellation, bei rechtsextremen Gruppierungen, denkbar, dass auch Strafverfahren gegen die Mitglieder geführt werden. Insbesondere Delikte wie Volksverhetzung und Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot stehen hier im Raum.

Welche Strafen könnten den Mitgliedern der „Artgemeinschaft“ drohen?

Dadurch, dass bislang in den Medien kaum bis gar nicht über etwaige Strafverfahren berichtet ist und die diesem Artikel zugrundeliegenden Informationen auch nur Presseberichten entstammen, können hinsichtlich möglicherweise strafbarer Verhaltensweisen natürlich nur Vermutungen angestellt werden.


Sichere Kenntnis von einer möglichen Strafbarkeit und eine fundierte Kenntnis wie man im Falle eines laufenden Strafverfahrens am Besten vorgehen, wie man sich am Besten verhalten, sollte, kann nur nach Einsicht in die Ermittlungsakten und Rücksprache mit einem auf das Strafrecht spezialisierten Anwalt erlangt werden.


Sollten Sie also Beschuldigter eines Strafverfahrens sein, empfiehlt es sich, sich dahingehend von einem spezialisierten Anwalt für Strafrecht beraten zu lassen. Dieser kann nach Analyse der Ermittlungsakten eine passende Verteidigungsstrategie gerade für Ihren Fall erarbeiten.


Wie bereits angedeutet könnten im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft in einer Vereinigung wie der „Artgemeinschaft“ Strafen wegen insbesondere und zum Beispiel Volksverhetzung oder – in die Zukunft blickend – wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot drohen.


Wann droht ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung?

Der Straftatbestand der Volksverhetzung ist relativ komplex aufgebaut, da er mehrere verschiedene Konstellationen und Arten und Weisen der Volksverhetzung bezeichnet und jeweils mit Strafe bedroht.

Auch im Zusammenhang mit der Rechtferttigung, Verherrlichung oder Billigung des Nationalsozialismus oder damit verbundenen Geschehnissen oder sonstigen rechtsextremen Verhaltensweisen kann unter Umständen eine Strafe wegen Volksverhetzung drohen. Je nach Fallkonstellation und konkretem Vorwurf können hier Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder bis zu drei Jahren oder Geldstrafen drohen (§ 130 StGB).


Relevant könnte der Straftatbestand der Volksverhetzung im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Gruppierung der „Artgemeinschaft“ zum Beispiel im Hinblick auf Tätigkeiten wie – so Medienberichten zufolge - das Verbreiten von Karikaturen über Chatportale im Internet, in denen Juden verunglimpft werden.

Ob hier strafrechtlich relevante Verhaltensweisen im Raum stehen, muss gemessen am konkreten Verhalten, am konkreten Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Es empfiehlt sich, sich hierfür an einen spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden.


Zu beachten ist, dass nicht der Verein als solcher sich wegen Volksverhetzung nach § 130 StGB strafbar machen kann, sondern „nur“ eine oder mehrere bestimmte Person bzw. Personen.

Strafe, wenn man sich einem Vereinsverbot widersetzt?

Ein Strafverfahren kann auch drohen, wenn man sich im Sinne des § 85 StGB dem Vereinsverbot widersetzt und einen Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot in diesem Sinne begeht.


Hier droht je nach konkretem Fall grundsätzlich gem. § 85 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Wie sollte ich mich bei einer Hausdurchsuchung im Strafverfahren verhalten?

Bei einer Hausdurchsuchung sollten Sie in erster Linie Ruhe bewahren. Die Beamten nun anzugreifen oder sich auch nur aktiv zur Wehr zu setzen birgt das Risiko, sich z.B. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte strafbar zu machen.

Gleichzeitig müssen Sie die Beamten aber auch bei Ihrer Arbeit nicht helfen, Sie nicht unterstützen. Handelt es sich um eine Hausdurchsuchung im Rahmen eines Strafverfahrens ist nämlich insbesondere der Grundsatz zu beachten, dass niemand dazu verpflichtet ist, an seiner eigenen Überführung mitzuwirken („nemo tenetur se ipsum accusare“).


In solchen Situationen ist es ratsam, sich möglichst schnell an einen Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser kann die Situation – angepasst an gerade Ihre individuelle Situation – möglichst präzise einschätzen und kann Ihnen genau sagen, wie Sie sich nun am Besten verhalten sollten.

Wie kann ich gegen Vereinsverbot, Beschlagnahme und Einziehung des Vereinsvermögens vorgehen?

Gegen den Ausspruch eines Vereinsverbots und der damit dann einhergehenden Beschlagnahme und Einziehung unter anderem des Vereinsvermögens ist ein Vereinsmitglied nicht gänzlich schutzlos gestellt.

Es gibt durchaus Möglichkeiten, diese Maßnahmen rechtlich anzugreifen.


Gegen das Vereinsverbot kann durch den Verein auf dem Verwaltungsrechtsweg geklagt werden, sodass die Rechtmäßigkeit des Vereinsverbots gerichtlich überprüft wird.

Kollision von Vereinigungsfreiheit und Vereinigungsverbot

Schließlich ist die Vereinigungsfreiheit gem. Art. 9 GG sogar grundrechtlich geschützt. Gerade aufgrund dieses grundrechtlichen Schutzes sind die Hürden an den Ausspruch eines Vereinsverbots auch nicht gering und sind sorgfältig zu prüfen.


Grund für ein Vereinigungsverbot ist gem. Art. 9 Abs.2 GG, dass die Zwecke des Vereins oder die Tätigkeiten des Vereins „den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder […] sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten“ (Art. 9 Abs.2 GG).

Gerade vor diesem Hintergrund empfiehlt sich in solchen Fällen die Konsultation eines Rechtsanwalts, der sich sowohl im Verwaltungsrecht als auch im Strafrecht auskennt, da es gerade hier zu Überschneidungen kommen kann und eine präzise strafrechtliche Prüfung des Geschehens wichtig für den verwaltungsrechtlichen Aspekt des Vereinsverbots sein kann.




Welche Möglichkeiten genau es in Ihrem Fall gibt, wie Sie sich gegen staatliche Maßnahmen zur Wehr setzen können und welche Erfolgsaussichten ein solches Vorgehen hat, besprechen Sie am Besten mit einem Anwalt für Strafrecht und Verwaltungsrecht.





Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Benjamin Grunst

Beiträge zum Thema