Rechtsschutz gegen Mahnbescheide aus dem Ausland

  • 3 Minuten Lesezeit

Europa wächst zusammen, auch im Rechtsverkehr. Dies hat nicht nur positive Folgen, sondern birgt auch Fallstricke.

In jüngster Zeit werden verstärkt Mahnbescheide aus dem Ausland nach Deutschland zugestellt. In der Regel handelt es sich um eine durch das (ausländische) Gericht ausgefertigte, also amtliche Verfügung.

Ist Ihnen ein solches Schriftstück zugestellt worden, sollten Sie unbedingt rechtlichen Rat einholen. Denn ausländische Mahn- und Vollstreckungsbescheide sind - wenn Sie nicht rechtzeitig Rechtsmittel (Einspruch, Widerspruch) einreichen - wirksam und begründen einen gültigen Vollstreckungstitel in Deutschland. Das heißt, aufgrund dieses Titels kann in Deutschland gegen den Schuldner vollstreckt werden. Einwendungen gegen die zugrundeliegende Forderung sind später nur im sehr eingeschränkten Maße zulässig. 

Neben dem sog. Europäische Mahnverfahren, VO (EG) Nr. 896/2006 besteht noch das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen bis 2.000,00 €, VO (EG) Nr. 861/2007. Der Schuldner kann innerhalb von 30 Tagen nach der Zustellung Einspruch gegen den Zahlungsbefehl einlegen. Erfolgt dies nicht, wird der Zahlungsbefehl automatisch für vollstreckbar erklärt. Der Europäische Zahlungsbefehl ist in allen Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks vollstreckbar, ohne dass es einer weiteren Vollstreckbarerklärung im Vollstreckungsmitgliedsstaat bedarf und ohne das seine Anerkennung angefochten werden kann.

Zudem bestehen noch nationale Mahnverfahren aus den jeweiligen ausländischen Prozessordnungen, die aus dem Ausland nach Deutschland versendet werden können. Spiegelbildlich könnten Sie auch den Erlass eines deutschen Mahnbescheides gegen einen Schuldner mit Sitz im Ausland, jedenfalls mit Sitz in einem Mitgliedsland der Europäischen Union beantragen. Die Zulässigkeit hängt im Regelfall davon ab, ob das Gericht in der Angelegenheit international zuständig ist. Kennt die ausländische Prozessordnung ein Mahnverfahren und ist die Zustellung in das Ausland vorgesehen, dann ist der Erlass eines Mahnbescheids nach Deutschland grundsätzlich möglich. Ob das ausländische Gericht in der Angelegenheit überhaupt tätig werden darf, ist für den Laien nicht immer erkennbar. Jedenfalls müssten solche Einwände im weiteren Verfahren geltend machen und dieses wird nur dann eingeleitet, wenn Sie rechtzeitig Einspruch/Widerspruch einreichen.

Diese letztgenannten Mahnverfahren sind besonders tückisch, da die Rechtsverteidigung besonderen Voraussetzungen und Formen unterliegt. Dies zeigt sich am Beispiel des italienischen Decreto ingiuntivo, dem Pendant zum deutschen Mahnbescheid. Dessen Zustellung erfolgt regelmäßig durch eingeschriebenen Brief/Rückschein. Erkennbar ist das Schreiben als Amtsschreiben lediglich an dem Aufdruck des Gerichts, das den Zahlungsbefehl erlassen hat. Nicht selten sind die deutschen Übersetzungen der Rechtsbehelfsbelehrungen irreführend. Wichtig: Im Gegensatz zu dem deutschen oder Europäischen Mahnverfahren können Sie nur formellen Widerspruch durch einen zugelassenen Rechtsanwalt in Italien einreichen. Ein einfacher Widerspruch - wie Sie womöglich aus dem deutschen Mahnverfahren kennen - ist unzulässig und bleibt daher wirkungslos.

Da die Gerichte vor Erlass des Mahnbescheides die beanspruchte Forderung nur summarisch prüfen, teils überhaupt nicht (wie im deutschen automatisierten Mahnverfahren) ist die Gefahr besonders groß, dass eine an sich fragwürdige Forderung gegen den vermeintlichen Schuldner in diesem Wege durchgesetzt wird. Dies kann fatale Folgen für den Empfänger haben. Dann kann der ausländische Mahnbescheid als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt und die Zwangsvollstreckung auch hier n Deutschland durchgeführt werden. Wundern Sie sich daher nicht, wenn eines Tages der

Gerichtsvollzieher vor der Türe steht und Ihr Hab und Gut pfändet. Denn eine gesonderte Mitteilung erhalten Sie in der Regel nicht.

Was ist zu tun

  • Prüfen Sie, ob die Forderung berechtigt ist.
  • Notieren Sie umgehend das Zustellungsdatum des Zahlungsbefehls. 
  • Prüfen Sie, ob eine deutsche Übersetzung des Zahlungsbefehls beigefügt ist. 
  • Verwahren Sie unbedingt die Originalunterlagen. 
  • Beachten Sie unbedingt die Fristsetzung in der Rechtsbehelfsbelehrung. Sollte diese in der Landessprache des Gerichts erfolgt sein, verweigern Sie die Zustellung bzw. veranlassen Sie sofort eine Übersetzung. 
  • Setzen Sie sich schnellstmöglich mit einem kompetenten Fachmann in Verbindung und übersenden Sie diesem schnellstmöglich die Kopien vorab.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Gian Luca Pagliaro

Beiträge zum Thema