Rechtsschutzversicherung: Risikoausschlussklauseln für Kapitalanlagen unwirksam

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Bei der Beurteilung der Frage, ob Schadenersatzansprüche wegen des Erwerbs von Kapitalanlagen gegenüber der Emittentin oder dem Vermittler gerichtlich geltend gemacht werden sollen, spielt eine entscheidende Rolle, ob das Prozesskostenrisiko von dem Anlager selbst oder von seinem Rechtsschutzversicherer getragen werden muss.

Während "alte" Rechtsschutzversicherungsverträge nur den Risikoausschluss von Ansprüchen "aus Spiel- und Wettverträgen" in § 4 Abs. 1 g) ARB 1975 kannten, wurde der Ausschluss in den folgenden Bedingungsgenerationen immer enger gefasst. So nahmen die ARB 1994 in § 3 Abs. 2 f) schon "die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- und Wettverträgen sowie Termin- und vergleichbaren Spekulationsgeschäften" vom Versicherungsschutz aus. Damit wurde allerdings nur die Rechtsprechung des BGH, nachdem Warenterminoptionsgeschäfte und Warentermingeschäfte als Spiel- und Wettverträge angesehen wurden, übernommen. Lediglich die Ausdehnung auf "vergleichbare Spekulationsgeschäfte" erweiterte sprachlich den Anwendungsbereich, ohne dass dies qualitativ den Versicherungsschutz starkt eingeschränkt hätte.

Infolge der hohen Kosten für Kapitalanlageverfahren wurde der Ausschluss von Seiten der Versicherungswirtschaft in den folgenden Bedingungswerken nicht unmerklich erweitert. Dabei unterscheiden sich die von den einzelnen Versicherern verwendeten Klauseln untereinander allerdings merklich. Die wohl weiteste Formulierung findet sich in den vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GdV herausgegebenen Musterbedingungen, nach deren § 3 Abs. 2 f) ARB 2008 die Wahrnehmung rechtlicher Interessen "in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen, Gewinnzusagen, Termin- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften sowie dem Ankauf, der Veräußerung, der Verwaltungvon Wertpapieren (z.B. Aktien, Rentenwerten, Fondsanteilen), Wertrechten, die Wertpapieren gleichstehen, Beteiligungen (z.B. an Kapitalanlagemodellen, stille Gesellschaften, Genossenschaften) und deren Finanzierung" vom Versicherungsschutz ausgenommen ist.

Ob diese Klausel hinreichend transparent ist, wird sich in Zukunft zeigen. Die bisherige Rechtsprechung zu Risikoausschlussklauseln, die einzelne Versicherer in ihren ARB formuliert haben und die vom Wortlaut der Musterbedingungen abweichen, läßt jedoch vermuten, dass die Klausel einen schweren Stand haben wird.

So hat das OLG München die Klausel, nach der kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen "in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung von Effekten sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundzüge der Prospekthaftung anwendbar sind" für unwirksam erachtet, da sie für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht hinreichend transparent sei und er auch bei sorgsamer Lektüre der Bedingungen den Umfang des Risikoausschlusses nicht erfassen kann (OLG München, 29 U 589/11). Das OLG Frankfurt/Main hingegen hat im Urteil vom 17.02.2012, Az. 7 U 102/11 nur den zweiten Teil der Klausel als unwirksam angesehen. Hingegen sei dem Versicherungsnehmer zuzumuten, zum Verständnis des Begriffs "Effekten" ein Lexikon einzusehen. Dieser Ansatz ist allerdings m.E. fraglich, da Risikoausschlüsse nach der Rechtsprechung grundsätzlich eng auszulegen sind und für ihre Auslegung nur das Verständnis des durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers herangezogen werden kann. Eine Erkundigungspflicht über versicherungstechnische Formulierungen besteht für den Versicherungsnehmer nicht. Warum er dann jedoch Fachtermini des Bank- und Anlagerechts nachschlagen soll, um den Risikoausschluss richtig zu verstehen, ist nicht nachvollziehbar.

Gegen das Urteil des OLG Frankfurt ist Revision zugelassen und eingelegt worden (BGH IV ZR 84/12). Hier wird die Entscheidung abzuwarten sein.

Heiko Effelsberg, LL.M.
Rechtsanwalt - Fachanwalt für Versicherungsrecht


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