Rechtsstellung des zukünftigen Erben zu Lebzeiten: Rechtschutz gegen Schenkungen und Übertragungen des Erblassers?

  • 3 Minuten Lesezeit

1. Der Erbanfall und die Rechtsposition des Erben

Der Erbanfall markiert einen entscheidenden Wendepunkt im Leben eines Erben. Mit dem Ableben des Erblassers tritt eine rechtliche Transformation ein, die die Vermögensnachfolge regelt. Vor diesem Ereignis besteht für den zukünftigen Erben ein natürliches Interesse, seine Erbenstellung und das dazugehörige Vermögen zu sichern. Dieses Interesse ist jedoch rechtlich komplex, da die Rechtsposition des Erben grundsätzlich erst mit dem Erbfall entsteht.


2. Definition der Begrifflichkeit "Erbe" und die Rechtsposition mit Erbfall

Der Begriff "Erbe" bezeichnet eine Person, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) das Vermögen oder einen Teil des Vermögens eines Verstorbenen erhält. 

Mit dem Erbfall, also dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers, tritt der Erbe in die Rechtsnachfolge ein und erwirbt die Rechte und Pflichten des Verstorbenen (§ 1922 BGB). Der juristische terminus technicus hierfür lautet "Universalsukzession".

Diese Rechtsposition ist umfassend und beinhaltet sowohl Vermögenswerte als auch Verbindlichkeiten des Erblassers.


3. Erbenstellung vor Versterben des Erblassers

Die Frage, ob der potenzielle Erbe bereits zu Lebzeiten des Erblassers eine schützenswerte Rechtsposition hat, ist rechtlich interessant. Hier bestehen bei Nichtjuristen zumeist weiteichende Irrtümer.

Grundsätzlich entsteht die Rechtsposition des Erben erst mit dem Erbfall. 

Zu Lebzeiten des Erblassers existiert keine rechtlich anerkannte Stellung als Erbe. Dies bedeutet, dass der potenzielle Erbe keine direkten Ansprüche oder Kontrollrechte über das Vermögen des Erblassers hat.

Theoretisch könnte somit zu Lebzeiten das gesamte Vermögen verschenkt und übertragen werden und ein zukünftiger Erbe müsste zusehen.


4. Schutz des Vermögens des potentiellen Erben zu Lebzeiten

Obwohl die geschützte Rechtsposition des Erben erst mit dem Tod des Erblassers entsteht, gibt es Mechanismen, die das Vermögen des potenziellen Erben indirekt schützen. 

Das Pflichtteilsrecht (§§ 2303 ff. BGB) gewährleistet, dass nahe Angehörige des Erblassers einen Mindestanteil des Erbes erhalten, selbst wenn sie testamentarisch ausgeschlossen wurden. 

Zudem existieren Pflichtteilsergänzungsansprüche (§ 2325 BGB), die bei Schenkungen des Erblassers vor seinem Tod greifen können. Kurz gefasst betrachtet das Pflichtteilsergänzungsrecht die Vermögensverschiebungen innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Tod des Erblassers und errechnet hieraus Ansprüche zugunsten des "übergangenen" Erben.

Die rechtlichen Fragestellungen in diesem Zusammenhang sowie die Ermittlung der Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach sind komplex und machen die Hinzuziehung eines fachkundigen Rechtsanwalts notwendig.

Für den zukünftigen Erben ist es ratsam, Vermögensübertragungen zu dokumentieren, um mögliche Ansprüche geltend machen zu können.


5. Fazit

Die Rechtsstellung des zukünftigen Erben zu Lebzeiten des Erblassers ist durch das Warten auf den Erbfall geprägt. 

Erst mit dem Tod des Erblassers entsteht eine rechtlich geschützte Position. 

Bis dahin können potenzielle Erben ihre Interessen durch Aufmerksamkeit und Dokumentationen bei Vermögensverschiebungen wahren, um im Erbfall diese Vermögenswerte über den Pflichtteilsergänzungsanspruch zu erfassen.

Das Pflichtteilsrecht und die Pflichtteilsergänzungsansprüche bieten einen gewissen Schutz, um die Rechte des Erben zu sichern. 

Es bleibt jedoch eine rechtliche Herausforderung, die Interessen des zukünftigen Erben zu Lebzeiten des Erblassers angemessen zu berücksichtigen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


Gerne stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für eine rechtliche Beurteilung und Einschätzung Ihres Falles zur Verfügung und vertrete durchsetzungsstark und resolut auch Ihre Interessen ggü. Miterben, dem Testamentsvollstrecker, dem Nachlassgericht, dem Finanzamt und Behörden. Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch oder Schreiben Sie mich an.

Ich berate bundesweit vor Ort oder via Zoom als Fachanwalt in den Rechtsgebieten Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Insolvenzrecht und Erbrecht, u. a. in den Städten und Großräumen um Stuttgart, Heilbronn, Karlsruhe, Freiburg, Ulm, Augsburg, München, Frankfurt, Wiesbaden, Saarbrücken, Kaiserslautern, Bonn, Wuppertal, Duisburg, Nürnberg, Münster, Saarbrücken, Düsseldorf, Köln, Dortmund, Hannover, Kassel, Leipzig, Dresden, Bremen, Hamburg und Berlin.


#Pflichtteil #Pflichtteilsergänzungsanspruch #Erbrecht #Erbfall #Nachlass #Erbe #Vererbung #Erbengemeinschaft #ErbrechtsAnwalt #ErbrechtRechtsanwalt #Rechtsanwalt #Anwalt #Fachanwalt #RechtsanwaltfürErbrecht #Testamentsvollstrecker #Abwickler #Nachlassabwickler #Erbenermittler #Erbenermittlung


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.

Beiträge zum Thema