Rechtswidrige Versetzung eines Soldaten wegen falscher COVID-Impfbescheinigung

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Mit einer weiteren Leitsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts haben wir für unseren Mandanten eine positive Entscheidung über seine Versetzung erreicht. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im Wehrrecht salomonisch gegen das BAPersBw und für unseren Mandanten.


Was war passiert?:

Unser Mandant war als Berufssoldat in Italien stationiert. Er und seine Familie leben seit rund 20 Jahren in Italien.


Weil der Soldat am 21.03.2022 eine nach Ansicht seines Chefs falsche Bescheinigung über eine erhaltene Covid-19-Impfung vorgelegt hat, wurde gegen ihn zunächst ein Dienstverbot nach § 22 SG verhängt.

Hiergegen und gegen andere Maßnahmen seines Disziplinarvorgesetzten legte unser Mandant Beschwerden ein und stellte wohl auch andere störende Anträge. Offenbar deshalb, weil er sich die Maßnahmen nicht ohne Widerspruch gefallen ließ, wurde sodann unter dem 11.10.2022 – also ganze 8 Monate später – seine Wegversetzung von Italien nach S. in Deutschland angeordnet. 

In S. angekommen, teilte der dortige Disziplinarvorgesetzte dem Soldaten mit, dass er dort keinen Dienst leisten könne, weil ihm die entsprechende Sicherheitsstufe fehle und weil das zuvor verhängte Dienstverbot weiter gelte. Unser Mandant solle nach Hause gehen. 

Man fragte sich, wozu eine solche Versetzung denn taugt, als zur reinen Schikane unseres Mandanten. Seine Wegversetzung war offensichtlich nicht aus dienstlichen Gründen erfolgt, ganz abgesehen davon, dass es äußerst schwierig sein dürfte, nach rund 20 Jahren Leben in Italien in Deutschland „ad hoc“ einen Hausstand zu gründen, während die Familie weiter in Italien weilt.


Gegen diese ungerechtfertigte und sinnlose Versetzung wurde Beschwerde erhoben und sodann beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der eingelegten Beschwerde gestellt.


Unter dem Aktenzeichen „BVerwG 1 W-VR 29.22“ stellte das Bundesverwaltungsgericht nunmehr fest, dass die Wegversetzung unseres Mandanten aus Italien rechtswidrig war.


Hierbei urteilt das Gericht sehr salomonisch. Es stellt fest, dass grundsätzlich die Wegversetzung des Soldaten wegen des gegen ihn erhobenen Verdachts möglich gewesen wäre. Nachdem aber die Versetzung nach Deutschland auf einen Dienstposten „DPäk“ im Ergebnis sinnlos ist, weil der Soldat auf diesem Dienstposten wegen seiner fehlenden Sicherheit überhaupt nicht eingesetzt werden konnte, erklärte das Gericht die Versetzung für ermessensfehlerhaft und ordnete die aufschiebende Wirkung der zuvor erhobenen Beschwerde an.


Das Gericht führt aus:

„Die Nichtausübung des Dienstes kann auf jedem Dienstposten und jedem dienstpostenähnlichen Konstrukt gleichermaßen erfolgen. So war der Antragsteller bis zu seinem Dienstantritt in Sc. bereits rund acht Monate lang in I. vom Dienst suspendiert. Eine Wegversetzung des Antragstellers von seiner Familie, die aus nachvollziehbaren Gründen vorerst in I. verbleiben möchte, alleine zu dem Zweck, in D. keinen Dienst auszuüben (und ausüben zu dürfen), lässt keinen positiven, mit der Versetzung verfolgten Zweck erkennen und ist deshalb – und auch unter dem Blickwinkel des Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) – ermessensfehlerhaft.“


Diese Entscheidung stärkt das Vertrauen in den gerichtlichen Rechtsschutz. Die Wegversetzung unseres Mandanten war – auch wenn sie eigentlich hätte rechtmäßig erfolgen können – in diesem Fall rechtswidrig, weil offensichtlich zweckwidrig und daher willkürlich.


In so ziemlich jeder Gerichtsentscheidung zu Versetzungen kann man lesen:


„Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf eine Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verwendung eines Soldaten.“


Das ist oft ärgerlich, aber im Sinne funktionierender Streitkräfte erforderlich. Der Soldat hat aber immer einen Anspruch darauf, dass seine Sache ermessensfehlerfrei entschieden wird, was die entsprechenden Stellen allzu oft – wie auch hier – verkennen.


Auch dieser Fall zeigt, dass angeblich „offensichtliche“ Gründe für eine Versetzung bei Lichte betrachtet doch nicht so offensichtlich sind und es sich im Einzelfall lohnen kann, gegen Versetzungen vorzugehen.



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Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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