Reiserücktrittsversicherung darf nicht pauschal Vorerkrankungen vom Versicherungsschutz ausschließen

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Das Amtsgericht München hat am 30.08.2016 in einem mittlerweile rechtskräftigen Urteil entschieden, dass Klauseln in den allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Reiserücktrittversicherers, welche generell Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers vom Versicherungsschutz ausnehmen, unwirksam sind.

Zum Sachverhalt

Ein unter einer nicht akuten kompensierten Niereninsuffizienz leidender Mann hat zusammen mit seiner Ehefrau eine Reise gebucht. Einen Monat vor dem geplanten Reisebeginn wurde dem Kläger von seinen Ärzten aufgrund seines angestiegenen Kreatininwerts dringend eine Stornierung der Reise empfohlen. Nach dieser Stornierung machte das Reiseunternehmen eine Stornogebühr in Höhe von 923,00 Euro geltend.

Der Reiserücktrittsversicherer verweigerte seine Einstandspflicht unter Hinweis auf seine allgemeinen Versicherungsbedingungen: Zwar zahlt die Reiserücktrittsversicherung grundsätzlich bei Tod, schwerer Unfall oder unerwartet schwere Erkrankung der versicherten Person. Die Leistungspflicht entfalle jedoch bei Krankheiten, welche bereits bei Buchung bestanden haben, und deren Folgen. 

Urteilsbegründung

Diese Klausel hat das Amtsgericht München nun für unwirksam erklärt und das Versicherungsunternehmen zur Zahlung der Stornokosten (abzüglich der Selbstbeteiligung) verurteilt. Danach sei der Versicherungsnehmer durch diese verwendete Klausel unangemessen benachteiligt. So unterscheide die Klausel nicht, ob diese Vorerkrankung zum Zeitpunkt der Buchung der versicherten Person bekannt war oder nicht. Somit waren auch unbekannte Vorerkrankungen vom Versicherungsschutz ausgenommen, ohne dass die versicherte Person hier irgendwie hätte Einfluss nehmen können. Dies benachteiligt die versicherte Person unangemessen, sodass die Klausel im Ganzen als unwirksam anzusehen ist. Folglich kann sich das Versicherungsunternehmen nicht auf die Leistungsbefreiung berufen.

Interessant dürfte in diesem Zusammenhang sein, dass dem Kläger hier seine Vorerkrankung zum Zeitpunkt der Buchung ja bekannt war. Dies macht jedoch bei der Entscheidung des Amtsgerichts keinen Unterschied: Bei einer sog. AGB-Kontrolle wird objektiv untersucht, ob die einzelne Klausel rechtmäßig ist und im Besonderen, ob die Klausel den Vertragspartner – hier die Versicherungsnehmer – unangemessen benachteiligt. Kommt das Gericht zu diesem Ergebnis, ist die Klausel generell unwirksam, selbst wenn der Grund, weswegen die Unwirksamkeit bejaht wird, im konkreten Fall auf den Vertragspartner (den Versicherungsnehmer) nicht anwendbar ist.

Das Urteil des Amtsgerichts München ist daher zu begrüßen.


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