Rund ums Weihnachtsgeld

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Die Zahlung von Weihnachtsgeld ist die häufigste Form einer Sonderzuwendung. Im Jahr 2018 erhielten in Deutschland 55 % der Beschäftigten Weihnachtsgeld. In Betrieben mit Tarifbindung waren es 77 % der Beschäftigten, in Betrieben ohne Tarifvertrag lediglich 42 %.

Als Sonderzuwendung wird eine Zahlung des Arbeitgebers bezeichnet, die dieser zusätzlich zur laufenden Arbeitsvergütung zahlt und die nicht in jedem Abrechnungszeitraum fällig wird. Hierzu gehören bspw. auch Prämien, Gratifikationen, Urlaubsgeld oder eine Jahresabschlussvergütung.

Dabei wird der Begriff „Weihnachtsgeld“ nicht immer eindeutig verwendet. Ebenso häufig ist auch von einem 13. Gehalt, einer Weihnachtsgratifikation, einer Sonderzahlung oder Gratifikation die Rede. Diese Begriffe werden weitgehend gleichbedeutend verwendet.

Wer hat Anspruch auf Weihnachtsgeld?

Auf die Zahlung einer solchen Zuwendung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch. Vielmehr ist eine vertragliche Regelung erforderlich. Diese kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einem anwendbaren Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einer betrieblichen Übung, einer Gesamtzusage oder aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Daneben werden solche Leistungen häufig auch als freiwillige Zahlungen erbracht.

Was versteht man unter einer betrieblichen Übung, usw.?

Bei jährlichen Zahlungen (z. B. Weihnachtsgeld, Gratifikationen, Urlaubsgeld, usw.) geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine 3-malige vorbehaltlose Zahlung zu Ansprüchen aus einer betrieblichen Übung führt.

Dabei kommt es nicht darauf an, dass der betreffende Arbeitnehmer dreimal eine derartige Zahlung erhalten hat. Sein Anspruch besteht also auch im Eintrittsjahr.

Von einer Gesamtzusage spricht man, wenn der Arbeitgeber bspw. durch einen Aushang am „schwarzen Brett“ oder in einer Betriebsversammlung erklärt hat, dass alle Mitarbeiter oder eine bestimmte Gruppe künftig eine derartige Sonderzuwendung erhalten werden.

Ein Anspruch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung kann sich ergeben, wenn sämtliche Angehörigen einer bestimmten Gruppe (z. B. alle kaufmännischen Angestellten oder sämtliche gewerblichen Arbeitnehmer) eine derartige Leistung erhalten, andere jedoch nicht.

Sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung?

Allerdings ist hierbei immer zu prüfen, ob wirklich ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vorliegt, wenn einzelne Mitarbeiter die Leistung nicht erhalten. Wenn also z. B. nur die gewerblichen Arbeitnehmer nicht aber die kaufmännischen Angestellten eine solche Leistung erhalten (oder umgekehrt), kommt es darauf an, ob es hierfür einen sachlichen Grund gibt.

Beispiele:

Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung könnte z. B. darin bestehen, dass es auf dem Arbeitsmarkt sehr schwierig ist, Mitarbeiter aus der begünstigten Gruppe zu finden, weshalb der Betrieb den Mitarbeitern dieser Gruppe bestimmte Sonderzuwendungen zahlt.

Aber auch wenn es einen Sachgrund für die Differenzierung gibt, ist ein Ausschluss von solchen Leistungen diskriminierend und deshalb unwirksam, wenn der Ausschluss aus Gründen des Geschlechts des Arbeitnehmers, seiner Herkunft, einer Behinderung, des Alters oder seiner sexuellen Ausrichtung erfolgt. Weitere Kriterien sind in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) aufgeführt.

Eine Ungleichbehandlung verstößt offensichtlich gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn in dem Arbeitsvertrag an die Gewerkschafts- oder Betriebsratszugehörigkeit angeknüpft wird. Auch ein höherer oder geringerer Verdienst oder der Umstand, dass bereits der Ehepartner eine Sonderzuwendung erhält, sind keine zulässigen Differenzierungsgründe.

Beim Weihnachtsgeld kann auch zwischen Arbeitnehmern im Innendienst und im Außendienst differenziert werden, wenn die Mitarbeiter im Außendienst üblicherweise die Möglichkeit haben, aus diesem Anlass Trinkgelder zu erhalten.

Ähnlich ist es bei der Differenzierung in der Gastronomie, also wenn nur das Küchenpersonal, aber nicht die Beschäftigten im Service eine Sonderzuwendung erhalten. Der sachliche Grund würde darin liegen, dass die Serviererinnen üblicherweise Trinkgelder bekommen. Dies dürfte jedenfalls dann gelten, wenn die Trinkgelder nicht zwischen dem Servicepersonal und dem Küchenpersonal geteilt werden.

Höhe des Weihnachtsgeldes

In der vertraglichen Regelung sind i. d. R. auch die Voraussetzungen erwähnt, die für den Anspruch erfüllt sein müssen. Häufig ist dort bspw. gefordert, dass z. B. am 1. Dezember ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehen muss oder dass der/die Betreffende nicht vor dem 31. März des Folgejahres aus dem Text Betrieb ausscheidet.

Eine häufige Fehlerquelle besteht bei den geringfügig Beschäftigten. Auch Teilzeitkräfte, insbesondere sog. Minijobber haben Anspruch auf sämtliche Sonderzuwendungen, die Vollzeitbeschäftigte erhalten (natürlich entsprechend gekürzt gemäß ihrer geringeren Zahl an Arbeitsstunden).

Dies betrifft auch nicht nur das Weihnachtsgeld, sondern z. B. auch das Urlaubsgeld, Gehaltszahlung an Feiertagen, Lohnfortzahlung bei Krankheit, Prämien, Fahrtkostenerstattung, usw.

Freiwilligkeitsvorbehalt

Diese finden sich vor allem in schriftlichen Arbeitsverträgen, wo die Zahlung einer Sonderzuwendung häufig als „freiwillige Leistung“ bezeichnet wird. Dies reicht nicht aus, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, in jedem Jahr neu darüber zu entscheiden, ob er die Leistung erbringen will oder nicht.

Auch wenn ein vollständiger Freiwilligkeitsvorbehalt in den Vertrag aufgenommen wird („Diese Leistung ist eine freiwillige Leistung, die ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt wird, wobei auch bei wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht“), entsteht trotzdem ein Anspruch für die Zukunft.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Scheidet der Arbeitnehmer vor dem Stichtag (z. B. 1. Dezember) oder der Fälligkeit der Sonderzuwendung aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist zu unterscheiden. Es kommt dann darauf an, ob die Sonderzahlung reinen Entgeltcharakter hat oder ob sie die Betriebstreue honorieren und eine weitere Betriebstreue fördern soll.

  • Im Normalfall ist davon auszugehen, dass die Sonderzahlung reinen Entgeltcharakter hat, also – neben der eigentlichen Vergütung – eine weitere Gegenleistung für die erbrachte Tätigkeit darstellt.
  • Dies ist z. B. anzunehmen, wenn die Höhe des Weihnachtsgeldes von der Dauer der Beschäftigung in dem betreffenden Jahre abhängt oder wenn bei der Höhe der Zuwendung Fehlzeiten berücksichtigt werden.
  • Dass mit dem Weihnachtsgeld dagegen die Betriebstreue honoriert und eine weitere Betriebstreue gefördert werden soll, ist anzunehmen, wenn die Zahlung davon abhängig gemacht wird, dass sich der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Stichtag (z. B. 1. Dezember) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet.

Konsequenzen hieraus:

Für das Weihnachtsgeld ergeben sich daraus 3 unterschiedliche Fälle:

1. Fall: Wenn das Weihnachtsgeld als zusätzliche Vergütung für die Arbeitsleistung anzusehen ist, d. h., einen reinen Entgeltcharakter besitzt, bekommt der ausscheidende Mitarbeiter das Weihnachtsgeld anteilig ausgezahlt. Scheidet er also am 31. Mai aus, bekommt er 5/12 des Weihnachtsgeldes.

2. Fall: Wenn das Weihnachtsgeld nur wegen der Betriebstreue gezahlt wird, gilt das Stichtagsprinzip. Der Arbeitnehmer erhält das Weihnachtsgeld dann nur, wenn er sich (sofern dies vereinbart ist) an dem Stichtag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet).

3. Fall: Wenn sich aus dem Vertrag ergibt, dass mit dem Weihnachtsgeld beides, also sowohl Leistung als auch Betriebstreue belohnt wird, hat das Weihnachtsgeld „Mischcharakter”. In diesem Fall hat der Mitarbeiter – wie im 1. Fall – ebenfalls einen Anspruch auf das anteilige Weihnachtsgeld, wenn er das Unternehmen vor dem Stichtag (z. B. 1. Dezember) verlässt.

Wenn der Arbeitgeber in dem 1. Fall (wenn das Weihnachtsgeld für die geleistete Arbeit gezahlt wird) also zusätzlich noch die Klausel in den Vertrag aufnimmt, dass der Mitarbeiter nur dann Weihnachtsgeld bekommt, wenn er sich bis zu einem bestimmten Stichtag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet, ist diese Einschränkung unwirksam. Obwohl sie im Arbeitsvertrag steht, haben Arbeitnehmer dann immer noch Anspruch auf ein anteiliges Weihnachtsgeld.

Rückzahlung

Meist soll die Gratifikation eine Belohnung für die bisherige Betriebstreue und gleichzeitig ein Anreiz für die Zukunft sein. Deshalb kann der Arbeitgeber einen Rückzahlungsvorbehalt in den Vertrag aufnehmen, wonach der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Sonderzuwendung verpflichtet ist, wenn er vor einem vereinbarten Stichtag im nächsten Jahr ausscheidet.

Vereinbarungen dieser Art sind zulässig und verpflichten den Arbeitnehmer zur Rückzahlung bereits erhaltener Vergütungen.

Rückzahlungsklauseln für gewährte Sondervergütungen mit Mischcharakter dürfen aber nicht eine unangemessene und damit unzumutbare Kündigungserschwerung zulasten des Arbeitnehmers enthalten, weil dieser sonst zu stark in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit eingeschränkt würde, wozu auch das Recht gehört, ein Arbeitsverhältnis zu beenden.

Die Rechtsprechung hat hierzu folgende Grenzen entwickelt:

  • Kleingratifikationen bis zu einem Betrag von 100 € brutto dürfen überhaupt keiner Rückzahlungsverpflichtung unterworfen werden.
  • Bei einer Gratifikation von mehr als 100 € aber weniger als 1 Monatsgehalt ist eine Bindungsfrist bis zum 31.3. des Folgejahres zulässig.
  • Beträgt die Weihnachtsgratifikation ein volles Monatsgehalt oder mehr, ist eine Bindung bis maximal zum 30.6. des Folgejahres zulässig.

Ihr Rechtsanwalt Otto Weikopf


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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