Schadensersatzbemessung für einen auf der Jagd versehentlich getöteten Jagdhund: OLG Frankfurt/Main - 4 U 184/19

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Das Gericht

Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (OLG) hatte sich in einer Berufungssache (4 U 184/19) mit Schadensersatz für einen getöteten Jagdhund zu befassen. 

Der Leitsatz

"Die Schadenshöhe für einen bei einer Jagd erschossenen Jagdhund bemisst sich mangels Feststellbarkeit eines Marktpreises für ausgebildete Hunde nach dem Preis für einen vergleichbaren Welpen zuzüglich derjenigen Kosten, die für dessen Ausbildung bei unterstellt durchschnittlicher Begabung des Tieres bis zum Erreichen des Ausbildungsstandes des getöteten Hundes aufzuwenden sind."

Der Sachverhalt

Bei einer Drückjagd 2018 wurde der 20 Monate junge Jagdterrier der Klägerin von einem Jagdgenossen erschossen. Verklagt wurde der Schütze, dessen Jagdhaftpflichtversicherung und der Jagdleiter. Beantragt wurde die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von €  5.896. Die Versicherung hatte nach einem Eigengutachten € 2.100 gezahlt. Sowohl die erste Instanz (LG Gießen - 2 O 189/18), als auch das OLG ordneten ein Sachverständigengutachten zum Wert des Hundes an. 

Was war passiert? Der Schütze hatte eine Sau kommen sehen, die von einem Hund mit Warnweste und dem Hund der Klägerin gehetzt wurde. Er hat die Sau angesprochen. Als sie sich bis auf 60 - 70 m genähert hatte, war der Hund, der eine Warnweste trug, ungefähr 10 m neben der Sau gewesen, der Hund der Klägerin war dagegen nicht mehr zu sehen. Weiterhin war der Waldboden im Schussfeld uneben, mit kleinen Gräben und Löchern durchzogen und zudem mit einer dicken Laublage und verwelktem Grasbewuchs bedeckt gewesen. Der Schütze nahm an, dass sich der Hund der Klägerin wieder entfernt habe bzw. sich bei der Schussabgabe hinter der Sau oder in einer Senke befunden haben müsse, und schoss.

Das Urteil

Die Klage wurde insgesamt abgewiesen:

  • Gegenüber der Versicherung bestehe keine Direktanspruch (etwa wie bei einer Kfz-Haftpflicht). Insofern konnte diese nicht erfolgreich selbst verklagt werden.
  • Dem Jagdleiter konnte kein Vorwurf gemacht werden, sodass eine Haftung entfiel.
  • Das OLG stellte weiter fest, dass  "jeder Jäger ... für Schäden, die er im Rahmen der Jagdausübung durch schuldhaftes Verhalten verursacht, nach Maßgabe von § 823 Abs. 1 BGB ersatzpflichtig (ist)." Das beschreibt das Grundprinzip. Und weiter: " Die von einer Schusswaffe ausgehende Gefahr erfordert es, dass sich der Schütze in jeder Situation vor der Abgabe eines Schusses die Gewissheit verschafft, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. In jeder nicht zweifelsfreien Situation, in der der Schütze aufgrund der örtlichen Verhältnisse keine ausreichende Übersicht hat, besteht die potentielle Gefahr der Verletzung anderer, die sich in unmittelbarer Nähe des Schussfeldes befinden." Das beschreibt das Prinzip, im Zweifel den Finger gerade sein zu lassen.  Bei dieser Sachlage hätte der Schütze von einer Schussabgabe absehen müssen, weil er den Hund der Klägerin nicht mehr gesehen hat. Er konnte also bei der Schussabgabe nicht ausschließen, dass sich dieser verdeckt hinter der Sau befand und im Fall eines Schusses in diese Richtung getroffen werden würde.
  • Der Schaden wurde jedoch geringer beziffert. Zu ersetzen sei der Preis eines Welpen (€ 500) und die Ausbildungskosten. Die Ausbildungszeit wurde sachverständig auf 79 Stunden geschätzt. Die Klägerin hatte je Stunde € 10 in Ansatz gebracht. Summe: € 790. Gesamtschadensersatz = € 1.290.

Meinung

Der Preis eines Welpen unterliegt Marktpreisen. Diese sind über einschlägige Quellen einfach zu recherchieren. Zu berücksichtigen ist gfl. die Qualität der Abstammung. Die Ausbildungsstunde mit € 10 zum Ansatz zu bringen, ist wohl eher knapp bemessen. Insbesondere, wenn der Hundeführer eine Hundeschule besucht, ist das zu wenig. Die weitere Frage ist, ob man Ausbildungsequipment dann zum Gegenstand des Schadensersatzes machen kann, wenn man sich keinen weiteren Hund anschaffen sollte. Insgesamt richtet sich die Höhe des Schadensersatzes nach dem Ausbildungsstand des Hundes. Und da kann es richtig teuer werden.

Wichtig an dem Urteil ist jedoch das haftungsrechtliche Grundprinzip: wer nichts sieht, darf nicht schießen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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