Scheidungskosten: Wie berechnen sich die Scheidungskosten?

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Scheidungen kosten Geld. Dennoch haben Sie es in der Hand, die Scheidungskosten so gering wie möglich zu halten. Dazu müssen Sie wissen, nach welchen Maßstäben sich Scheidungskosten berechnen und wo Ihre Ansatzpunkte liegen, die Kosten zu Ihren Gunsten zu beeinflussen. Vor allem sollten Sie wissen, welche Faktoren die Scheidungskosten meist unnötigerweise in die Höhe treiben.

Das Wichtigste für Sie

  • Ihre Scheidungskosten bemessen sich nach sogenannten Verfahrenswerten.
  • Grundsätzlich bemisst das Gesetz den Mindestverfahrenswert für ein Scheidungsverfahren auf 3.000 EUR. Ansonsten bestimmt Ihr gemeinsames dreifaches Monatsnettoeinkommen den Verfahrenswert für Ihr Scheidungsverfahren.
  • Ihr Vermögen fließt mit 5 % in die Verfahrenswertberechnung ein.
  • Streiten Sie sich wegen einer Scheidungsfolge vor Gericht, setzt das Gericht für jede Scheidungsfolge einen eigenständigen und zusätzlichen Verfahrenswert fest, der auf den Verfahrenswert für Ihr Scheidungsverfahren aufgerechnet wird.
  • Bei einer streitigen Scheidung verursachen Sie mehrere Verfahrenswerte und erhöhen zwangsläufig die Gebühren für das Gericht und die beiden beteiligten Anwälte.
  • Lassen Sie sich einvernehmlich scheiden und regeln eventuelle Scheidungsfolgen außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung, zahlen Sie nur die Scheidungskosten, die sich aus den Verfahrenswerten für Ihr Scheidungsverfahren und dem eventuell durchzuführenden Versorgungsausgleich ergeben.

Inhalt

1. Lassen sich Scheidungskosten beeinflussen?

2. Was sind die Verfahrenswerte im Scheidungsverfahren?

3. Welche Verfahrenswerte sollte ich kennen?

3.1. Welche Mindestverfahrenswerte gibt es?

3.2. Welche Regelwerte gibt es?

3.3. Gibt es noch andere Verfahrenswerte?

4. Wann bestimmt unser Einkommen den Verfahrenswert?

5. Wie bestimmt unser Vermögen den Verfahrenswert?

6. Wie berechnen Gericht und Anwalt ihre Gebühren?

7. Wie kann ich die Scheidungskosten negativ beeinflussen?

8. Wie kann ich die Scheidungskosten positiv beeinflussen?

9. Braucht jeder Ehepartner wirklich einen eigenen Rechtsanwalt?

1. Lassen sich Scheidungskosten beeinflussen?

Lassen Sie sich scheiden, zählt jeder Euro. Es versteht sich, dass Sie dann die Scheidungskosten so gering halten möchten wie möglich. Ihren guten Vorsatz können Sie aber nur umsetzen, wenn Sie wissen, nach welchen Kriterien Scheidungskosten entstehen und wie Gericht und Anwalt ihre Gebühren berechnen. Ganz entscheidend ist, dass Sie auch wissen, wann und warum die Scheidungskosten in die Höhe steigen und wo Sie selber den Hebel ansetzen können, um die Scheidungskosten auf ein Minimum zu halten. Entscheidend kommt es dabei auf Ihre emotionale und mentale Haltung an. Wir erklären Ihnen, worauf Sie achten sollten.

2. Was sind die Verfahrenswerte im Scheidungsverfahren?

Bevor wir strategische Empfehlungen aussprechen, müssen Sie wissen, was die Verfahrenswerte im Scheidungsverfahren eigentlich sind. Die Scheidungskosten berechnen sich nämlich nach sogenannten Verfahrenswerten. Die Verfahrenswerte wiederum bestimmen die Gebühren für Gericht und Anwalt. Um für die Berechnung der Gebühren eine Grundlage zu schaffen, bestimmt das Gesetz die Verfahrenswerte. Der Verfahrenswert drückt aus, welchen Gebührenwert Ihre Scheidung hat. Der Verfahrenswert bei einer Scheidung bedeutet das gleiche wie der Streitwert im Prozess.

3. Welche Verfahrenswerte sollte ich kennen?

Das Prozessrecht bestimmt für Ihr Scheidungsverfahren und für jede einzelne Scheidungsfolge, über die Sie sich mit Ihrem Ehepartner auseinandersetzen, einen Verfahrenswert. So benennt das Gesetz jeweils Mindestverfahrenswerte, die sich in Abhängigkeit von Ihrem Einkommen und Ihrem Vermögen erhöhen. Zugleich setzt das Gesetz unabhängig von Ihren Eigentumsverhältnissen für einzelne Scheidungsfolgen Regelwerte fest, die im Regelfall unveränderlich sind.

3.1. Welche Mindestverfahrenswerte gibt es?

Der Mindestverfahrenswert für Ihre Scheidung, bei der das Gericht lediglich die Scheidung beschließen muss, beträgt 3.000 EUR. Für die Durchführung des Versorgungsausgleichs ergibt sich ein Mindestverfahrenswert von 1.000 EUR.

3.2. Welche Regelwerte gibt es?

Streiten Sie sich über die Nutzung Ihrer ehelichen Wohnung, beträgt der Regelwert 3.000 EUR. Geht es um die Aufteilung des Hausrats, beträgt der Regelwert 2.000 EUR. Die Regelung des Sorgerechts oder Umgangsrechts für Ihr gemeinsames Kind schlägt mit 3.000 EUR Regelwert zu Buche. Regelwert bedeutet, dass das Gericht durchaus auch einen höheren Verfahrenswert ansetzen kann, wenn Sie sich besonders heftig streiten oder Ihre Verhältnisse komplexer Natur sind.

3.3. Gibt es noch andere Verfahrenswerte?

Streiten Sie sich um den Zugewinnausgleich oder den Ehegattenunterhalt, bemisst sich der Verfahrenswert nach der Höhe Ihrer Forderung. Fordern Sie beispielsweise 10.000 EUR Zugewinnausgleich, beträgt der Verfahrenswert hierfür 10.000 EUR.

4. Wann bestimmt unser Einkommen den Verfahrenswert?

Übersteigt Ihr Einkommen eine bestimmte Grenze, bemisst sich der Verfahrenswert für Ihr Scheidungsverfahren nicht mehr allein nach dem Mindestverfahrenswert von 3.000 EUR. Vielmehr ist Ihr gemeinsames Monatsnettoeinkommen mit dem Faktor drei zu multiplizieren. Daraus ergibt sich dann der maßgebliche Verfahrenswert für Ihr Scheidungsverfahren. Haben Sie Kinder, dürfen Sie für jedes Kind einen Freibetrag von 250 EUR abziehen.

5. Wie bestimmt unser Vermögen den Verfahrenswert?

Auch Vermögenswerte erhöhen den Verfahrenswert für Ihr Scheidungsverfahren. Verbindlichkeiten werden nicht berücksichtigt. Hat Ihr Wohnhaus einen Verkehrswert von 300.000 EUR, dürfen Sie die laufende Bankfinanzierung in Höhe von 150.000 EUR abziehen. Ferner ziehen Sie einen Freibetrag für jeden Ehepartner in Höhe von 30.000 EUR ab. Von dem verbleibenden Betrag in Höhe von 90.000 EUR werden dann 5 % als Vermögenswert angerechnet und fließen in die Bezifferung des Verfahrenswertes ein. Im Beispiel ergäbe sich ein Verfahrenswert in Höhe von 4.500 EUR, der auf den sich aus Ihrem Einkommen ergebenden Verfahrenswert hinzugerechnet wird.

6. Wie berechnen Gericht und Anwalt ihre Gebühren?

Stehen die Verfahrenswerte fest, berechnet das Gericht nach Maßgabe des Familiengerichtskostengesetzes die Gerichtsgebühren. Ihr Anwalt berechnet seine Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Je höher der Verfahrenswert, desto höher die Gebühren. Informieren Sie sich bei Ihrem Rechtsanwalt, mit welchen Gebühren Sie rechnen müssen, insbesondere wenn Sie sich streitig oder besser einvernehmlich scheiden lassen.

7. Wie kann ich die Scheidungskosten negativ beeinflussen?

Verläuft Ihre Scheidung streitig, berechnen das Gericht und die beiden zwangsläufig beteiligten Anwälte ihre Gebühren nach dem Verfahrenswert für Ihr Scheidungsverfahren und für jede Scheidungsfolge, über die Sie sich gerichtlich mit Ihrem Ehepartner auseinandersetzen. Es ist ganz einfach: Jede streitige Auseinandersetzung über eine Scheidungsfolge treibt die Scheidungskosten in die Höhe. Insoweit ist es naheliegend, dass Sie Ihre Streitigkeiten möglichst nicht vor dem Gericht verhandeln und entscheiden lassen.

Sollten Sie sich also wegen einer Scheidungsfolge gerichtlich mit Ihrem Ehepartner auseinandersetzen wollen, verursachen Sie für jede einzelne Scheidungsfolge einen zusätzlichen Verfahrenswert. Dieser Verfahrenswert wird auf den Verfahrenswert für das Scheidungsverfahren aufgerechnet. Naturgemäß erhöhen sich dadurch die Gebühren, die Gericht und Anwalt berechnen. Streiten sich beispielsweise über den Zugewinnausgleich und fordern 20.000 EUR, ergibt sich ein zusätzlicher Verfahrenswert von 20.000 EUR!

8. Wie kann ich die Scheidungskosten positiv beeinflussen?

Sie sollten von vornherein alles daransetzen und sich emotional und mental danach ausrichten, Ihre Scheidung als einvernehmliche Scheidung durchzuführen. Eventuelle Scheidungsfolgen regeln Sie kostengünstig außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Dafür zahlen Sie lediglich die Notargebühren. Bei der einvernehmlichen Scheidung fallen nur die Verfahrenswerte für Ihr Scheidungsverfahren und für den eventuell von Amts wegen durchzuführenden Versorgungsausgleich an. Da das Familiengericht mit einer einvernehmlichen Scheidung wenig Arbeitsaufwand hat, belohnt es die Parteien gerne damit, dass es den Verfahrenswert für das Scheidungsverfahren zusätzlich reduziert und dadurch die Gebühren nach unten fährt.

9. Braucht jeder Ehepartner wirklich einen eigenen Rechtsanwalt?

Lassen Sie sich streitig scheiden, muss jeder Ehepartner einen eigenen Rechtsanwalt beauftragen. Wegen des Anwaltszwangs kann er sonst keine Anträge stellen und nichts vor Gericht verhandeln. Die Einbeziehung des zweiten Anwalts verdoppelt also die Anwaltsgebühren, von denen jede Partei den gleichen Anteil trägt. Lassen Sie sich jedoch einvernehmlich scheiden, genügt es, wenn nur ein Ehepartner den Scheidungsantrag stellt. Dann erklärt der andere einfach nur seine Zustimmung zur Scheidung, für die er selbst keinen Anwalt benötigt. Allein dieser Aspekt sollte Grund genug sein, Streitigkeiten nicht vor Gericht auszutragen und das viele ersparte Geld in den Aufbau neuer Lebensperspektiven zu investieren. Wenn sich Ihr Ehepartner dann noch fair verhält und sich an Ihren Anwaltsgebühren beteiligt, können Sie bestenfalls Ihre Anwaltskosten halbieren.

Fazit

Streitige Scheidungen sind kein Dogma. Es geht auch anders. Spätestens, wenn Sie sich wegen der Scheidungskosten vor Augen führen, wie viel Geld, aber auch Zeit und Nerven, Sie in einen meist ungewissen Ausgang des Gerichtsverfahrens investieren müssen, sollten Sie alles daransetzen, Ihre Scheidung als einvernehmliche Scheidung zu betreiben. Die dafür notwendigen Voraussetzungen schaffen Sie mit Abschluss einer außergerichtlichen Scheidungsfolgenvereinbarung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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