Schenkung vor dem Tod - Pflichtteilsergänzung im Erbrecht

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Das deutsche Erbrecht ist ein ziemlich weites und unübersichtliches Rechtsgebiet. Einer der ziemlich komplizierten Zusammenhänge ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch unter Erben.

Dieser ist für den Fall vorgesehen, dass im Erbfall ein Erbe mit seinem gesetzlichen Pflichtteil weniger erhält, als ihm eigentlich zustünde, da der Erblasser vor seinem Tod bereits Teile seines Vermögens durch Schenkungen an andere Erben verteilt hat.

Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie in aller Kürze das Wichtigste zum Thema Pflichtteilsergänzung:

- Was der Pflichtteil ist

- Wer pflichtteilberechtigt ist

- Was Pflichtteilsergänzung ist

- Wem gegenüber Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht

- Wie die Höhe der Pflichtteilsergänzung bestimmt wird

- Welche Fristen es zu beachten gilt


Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist der Mindestanteil eines Gesamterbes, auf den die nächsten Angehörigen eines Verstorbenen gesetzlichen Anspruch haben. Er errechnet sich aus dem Gesamtvermögen des Erblassers.


Wer ist Pflichtteilsberechtigt?

Pflichtteilsberechtigt sind in erster Linie Ehepartner und Kinder des Erblassers. Gibt es keine Kinder, so fällt deren theoretischer Pflichtteil an die Eltern des Erblassers. Sind die Kinder verstorben, und haben ihrerseits Kinder, also die Enkel des Erblassers, so sind auch diese pflichtteilsberechtigt.


Was ist Pflichtteilsergänzung?

Wenn der Erblasser zu Lebzeiten einen Teil seines Vermögens oder Vermögenswerte an einen oder mehrere seiner Erben verschenkt hat, also durch das vorzeitige „Geben mit warmen Händen“ das nach seinem Tode zu verteilende Erbe zum Nachteil der Nicht-Beschenkten geschmälert hat, haben die Pflichtteilberechtigten gemäß § 2325 BGB den Anspruch, dass ihr Pflichtteil um den Betrag ergänzt wird, der ihnen zusteht, wenn der Schenkungswert dem Nachlass hinzugerechnet wird.

Dieses Verfahren nennt sich Pflichtteilsergänzung.


Wem gegenüber besteht der Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Die Pflichtteilsergänzung muss durch den bevorteilten Erben oder die Gesamtheit der Erbgemeinschaft beglichen werden. Eine zu hohe finanzielle Belastung der Zahlungspflichtigen kann gemäß § 2331 a BGB durch Stundung verhindert werden.

Wenn der Nachlass insgesamt zu gering, oder gar überschuldet sein sollte, muss der Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht beglichen werden. In diesem Fall haftet der Beschenkte.


Wie errechnet sich die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruches?

Nachdem die Höhe des Nachlasses und der sich daraus ergebende Pflichtteil der Pflichtteilsberechtigten festgestellt ist, muss der rechtmäßige Anteil der Pflichtteilsberechtigten am Wert der Schenkung ermittelt werden. Hierzu wird der Wert der Schenkung zum Schenkungszeitpunkt mit dem Wert der Schenkung zum Zeitpunkt des Erbfalles verglichen. Der niedrigere der beiden Werte ist für die Pflichtteilergänzung ausschlaggebend (Niedrigstwertprinzip). Die Pflichtteilsergänzung beläuft sich dann auf den Anteil der Pflichtteilsberechtigten an diesem Niedrigstwert der Schenkung. Der Pflichtteilsberechtigte hat zur Berechnung seiner Ansprüche gemäß § 2314 Abs. 1 BGB gegenüber dem Beschenkten Anspruch auf umfassende Auskunft.

Hierzu empfiehlt es sich, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.


Wann verjährt der Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Grundsätzlich verjährt der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung nach 30 Jahren. Diese Frist hat in der Praxis jedoch wenig Bedeutung, da die Fristen des sogenannten „Abschmelzmodells“, die seit 2010 gelten, dafür sorgen, dass nach 30 Jahren sowieso nichts mehr zu holen ist.


Welche Fristen regelt das „Abschmelzmodell“ im Zusammenhang mit der Pflichtteilsergänzung?

Je länger der Abstand zwischen der Schenkung und dem Tod des Erblassers ist, umso weniger fällt sie bei der Berechnung einer Pflichtteilsergänzung ins Gewicht. Die Schenkung gilt  als vollzogen, wenn der Schenkende alle Vorbehalte, wie Nutzungs- und Eigentumsrechte am Geschenk aufgibt. Ab dem ersten Jahr nach erfolgter Schenkung reduziert sich deren Gewicht für die Pflichtteilsergänzung um 10%. Nach 10 Jahren exisitert also praktisch keine Pflichtteilsergänzung mehr.

Einzige Ausnahme sind nach § 2325 Abs.3 Satz 3 BGB Schenkungen unter Eheleuten. Hier beginnt die Frist erst mit dem Ende der Ehe, also entweder durch Scheidung oder den Tod des Erblassers.


Bei Fragen kontaktieren Sie uns!

Der Themenkomplex Pflichtteilsergänzung ist sehr komplex und über diese grundlegenden Dinge noch mit einer Vielzahl von Sonderregelungen und Stolperfallen bewährt, die man als Laie unmöglich durchschauen kann.

Daher ist in jedem Fall, wenn Sie als Pflichtteilsberechtigter Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung haben (oder zu haben vermuten) ein Gang zum Anwalt ratsam.

Die Kanzlei De Leve & Kersten ist auf Erbrecht spezialisiert.

Nutzen Sie gerne unser Angebot einer unverbindlichen kostenlosen Erstberatung per Telefon oder Email, in der Sie uns Ihre Situation schildern und eine erste fachliche Einschätzung Ihrer Lage erhalten können.


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