Schlussrechnungszahlung als Teilabnahme?

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Der Fall:

Im Jahr 2009 hat eine Gemeinde einen Architekten mit Leistungen zur Planung und Überwachung der Errichtung eines Anbaus für einen Kindergarten (Vollarchitektur: Leistungsphasen 1 bis 9 nach HOAI) beauftragt, dies unter anderem mit folgender Regelung: „Der Auftragnehmer ist berechtigt, nach Erreichung eines jeden Teilleistungserfolgs, spätestens nach Abschluss der Ausführung des Bauobjekts, eine Abnahme der bis dahin erbrachten Leistungen zu verlangen ...“ Die Fertigstellung des Bauwerkes erfolgt im Jahr 2010. Zu Beginn des Folgejahres übergibt der Architekt seine Schlussrechnung über alle Leistungsphasen; die Gemeinde leistet am 10. März 2011 eine vorbehaltlose und vollständige Zahlung. Im Jahr 2016 ereignet sich ein Wasserschaden im Anbau. Darauf verklagt die Gemeinde den Architekten nach dem 11. März 2016 auf Leistung von Schadenersatz in Höhe von ca. 167.000 €.

Die Entscheidung:

Die Gemeinde verliert den Prozess in beiden Instanzen. – Das Berufungsgericht bestätigt die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, dass die fünfjährige Verjährungsfrist für Mangelansprüche vor der Klagerhebung abgelaufen gewesen sei. Diese setze nach § 634 Abs. 2 BGB grundsätzlich mit der Abnahme der Architektenleistungen ein. Zwar fehle eine ausdrückliche Abnahme; jedoch komme eine konkludente Abnahme durch schlüssiges Verhalten in Betracht, dies durch den vorbehaltlosen Ausgleich der Schlussrechnung. Voraussetzung hierfür ist, dass der Architekt sämtliche beauftragten Leistungen unter Einschluss derer aus der Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) – diese endet fünf Jahre nach der letzten Abnahme eines Ausführungsgewerkes (Leistungsphase 8: Objektüberwachung) – vollständig und mangelfrei erbracht habe. Diese Vorgabe war am 10. März 2011 ausweislich des späteren Schadenseintritts zwar nicht erfüllt.

Allerdings sei – sogar in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – die Vereinbarung einer Teilabnahme nach Abschluss der Leistungsphase 8 zulässig. Deswegen sei in dem ohne jede Bedingung oder einen Vorbehalt erfolgten Ausgleich der Schlussrechnung die konkludente Teilabnahme der bis zum Abschluss der Objektüberwachung erbrachten Architektenleistungen zu sehen.

(OLG Stuttgart, Urteil vom 11. Dezember 2018 – Az.: 12 U 91/18; BGH, Beschluss vom 6. November 2019 über Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde – Az.: VII ZR 9/19)



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