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Schuldenerlass durch Restschuldbefreiung

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Nach Angaben der Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung gelten in Deutschland rund 7,2 Millionen Menschen als überschuldet.

Von einer Überschuldung spricht man bei Privatpersonen, wenn die laufenden Einnnahmen nicht mehr ausreichen, um die laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen.

Die Ursachen einer Überschuldung sind vielfältig. In Zeiten des Stellenabbaus und hoher Arbeitslosenquoten kann ein Jobverlust bei Darlehensverpflichtungen schnell zum Zusammenbruch der Liquidität führen. Häufig ist auch eine Scheidung und damit einhergehende Unterhaltsverpflichtungen Ursache, dass das finanzielle Budget von Privatpersonen und Unternehmern gesprengt wird.

Fehlt einmal die nötige Liquidität kann dies zum Anfang eines Teufelskreises werden. Häufig werden Löcher gestopft, die zugleich weitere Löcher aufreißen.

Durch die Zahlungsstockungen werden regelmäßig Rechtsanwälte oder Inkassounternehmen von den Gläubigern eingeschaltet. Deren Kosten müssen vom Schuldner im Falle des Zahlungsverzuges übernommen werden. Auf diese Weise erhöhen sich schnell die ursprünglichen Verbindlichkeiten. Wenn dann auch noch Verzugszinsen berechnet werden, reichen Ratenzahlungen meist nicht mehr aus, um die Verbindlichkeiten konstant zu halten, geschweige denn zurückzuführen. Kleine Ratenzahlungen werden zuerst auf Zinsen und Kosten verrechnet, so dass die eigentlichen Schulden nicht zurückgezahlt werden. Zudem können Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht nur zermürben, sondern auch Neuanstellungen auf eine harte Belastungsprobe stellen, wenn für den Arbeitgeber unerwartet Lohn- und Gehaltspfändungen zugestellt werden.

Seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahre 1999 besteht jedoch für alle natürlichen Personen auf legalem Wege die Möglichkeit von ihren Schulden befreit zu werden.

Die Insolvenzordnung sieht vor, dass Restschuldbefreiung erteilt werden kann, wenn der Schuldner selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. 

Der Weg zum Insolvenzantrag gestaltet sich für Verbraucher und Selbständige unterschiedlich.

Selbständig Tätige und ehemals Selbständige, die mehr als 20 Gläubiger oder Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen haben, können beim örtlich zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag auf Insolvenzeröffnung und Restschuldbefreiung stellen, wenn Zahlungsunfähigkeit droht oder bereits eingetreten ist. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Verbindlichkeitn zu begleichen. Musste bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben werden oder sind die Zahlungen bereits eingestellt, wird die Zahlungsunfähigkeit vermutet.

Für Verbaucher ist der Weg zum Insolvenzantrag ein wenig länger. Sie müssen zunächst mit Hilfe eines Rechtsanwalts oder einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle versuchen, eine Einigung mit ihren Gläubigern zu erzielen.

Vielerorts wird den Ratsuchenden hierfür durch das örtliche Amtsgericht ein Beratungshilfeschein ausgestellt, mit dem dann ein Rechtsanwalt mit der Durchführung eines Einigungsversuchs beauftragt werden kann. Der Rechtsanwalt erhält dann über den Beratungshilfeschein seine Vergütung von der jeweiligen Landesjustizkasse. Die außergerichtliche Beratung bleibt dann für den Schuldner bis auf einen Selbstbehalt in Höhe von 10,00 Euro kostenfrei.

Auch in aussichtslosen Fällen, in denen aufgrund von Arbeitslosigkeit zur Zeit kein konkretes Zahlungsangebot an die Gläubiger gerichtet werden kann, sieht das Gesetz vor, dass ein Einigungsversuch unternommen werden muss. Erst im Falle des Scheiterns kann ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.

Nach Eingang des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, prüft das Gericht, ob ein erneuter Einigungsversuch durchgefürt werden soll. Dies ist nur sinnvoll, wenn der außergerichtlich durchgeführte Einigungsversuch an der Zustimmung einzelner Gläubiger gescheitert ist. Das Gericht kann bei Vorliegen der Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger nach Köpfen und Summen die Zustimmung der ablehnenden Gläubiger ersetzen. In der Praxis wird jedoch regelmäßig von der Durchführung eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs abgesehen, was im Ergebnis zu einer Beschleunigung des Verfahrens führt.

Das Gericht entscheidet sodann, ob das Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Dies ist der Fall, wenn neben dem Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit die Deckung der Verfahrenskosten gesichert ist.

Für das Insolvenzverfahren fallen Mindestgebühren beim Gericht und dem Insolvenzverwalter, bzw. beim Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren an, die sich je nach Anzahl der Gläubiger auf rund 3.000,00 Euro belaufen können.

Reicht das Vermögen des Schuldners nicht aus, um diese Kosten zu decken, wird der Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen. Damit wäre auch der Antrag auf Restschuldbefreiung gescheitert. Um auch mittellosen Schuldnern den Weg zur Restschuldbefreiung zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eingeführt, die Verfahrenskosten zu stunden. Die Verfahrenskostenstundung wird erteilt, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist die Kosten ausfzubringen und nicht wegen einer Bankrottstraftat vorbestraft ist, denn die Restschuldbefreiung soll nur dem redlichen Schuldner zugute kommen.

Der Antrag auf Verfahrenskostenstundung ist gesondert zu stellen. Wird die Verfahrenskostenstundung erteilt, kann das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren eröffnen.

Mit dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestellt das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter, im privaten Insolvenzverfahren einen Treuhänder.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird bei Selbständigen und ehemals Selbständigen mit mehr als 20 Gläubigern oder Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen in der örtlichen Tageszeitung veröffentlicht.

Bei Verbrauchern erfolgt lediglich eine Veröffentlichung im Internet. Sämtliche Termine werden auf der Website www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht.

Der vom Insolvenzgericht bestellte Insolvenzverwalter/Treuhänder benachrichtigt sodann die Gläubiger über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt eine sechsjährige Wohverhaltensphase. In dieser Zeit muss der Schuldner seine pfändbaren Bezüge an den Insolvenzverwalter/Treuhänder abtreten und sich um eine bestmögliche Befriedigung seiner Gläubiger bemühen. Hierbei wird vom Schuldner erwartet, dass er jede zumutbare Arbeit annimmt und sich stetig um eine besser bezahlte Tätigkeit bemüht. Diese Bemühungen sollten vom Schuldner durch Sammeln von Rückantworten auf seine Bewerbungsschreiben dokumentiert, sprich aufbewahrt werden. Ferner sind alle persönlichen und finaziellen Veränderungen vom Schuldner umgehend bekannt zu geben.

Die Verpflichtung sich um eine Arbeit zu bemühen ist vergleichbar mit den Anforderungen an Empfänger von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Hartz IV).

Ausreichend ist es daher bei Arbeitslosigkeit nicht, wenn sich der Schuldner lediglich bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend meldet und keine eigenen Bemühungen unternimmt.

Die Gläubiger werden vom Insolvenzverwalter/Treuhänder aufgefordert, sich wegen ihrer Forderungen nur noch an ihn zu wenden und die Forderungen anzumelden.

Die angemeldeten Forderungen werden vom Insolvenzverwalter/Treuhänder in einem Prüfungstermin geprüft. Zu diesem Prüfungstermin können die Gläubiger und der Schuldner erscheinen. Der Insolvenzverwalter/Treuhänder erstattet in diesem Termin einen Bericht über die Gründe der Insolvenz und gibt bekannt, welche Forderungen er für berechtigt hält. In der Praxis ist es immer wieder erstaunlich wie gering das Interesse der Gläubiger an dem Prüfungstermin ist. Regelmäßig bleiben die Gläubiger dem Prüfungstermin fern. Die Amtsgerichte bestimmen daher vorausschauend für die Prüfungs- und Berichtstermine zumeist eine Dauer zwischen 2 und 5 Minuten. Die häufig geäußerte Angst der Schuldner vor dem Gerichtstermin ist daher unbegründet. Zu bedenken ist vielmehr, dass für den Schuldner nur in diesem Termin die Möglichkeit besteht, der Berechtigung einer angemeldeten Forderung zu widersprechen. Diese Möglichkeit sollte aus Angst vor einer Konfrontation mit den Gläubigern nicht verpasst werden.

Neben der Prüfung der Forderungen hat der Insolvenzverwalter/Treuhänder Vermögen des Schuldners zu verwerten, um hiermit vorrangig die Kosten des Insolvenzverfahrens zu berichtigen und sodann die Gläubiger zu befriedigen. Nur die Gläubiger einer festgestellten Forderungen nehmen an einer Verteilung teil. Der Insolvenzverwalter/Treuhänder erstattet nach Abschluss der Verwertung, bzw. der Feststellung, dass kein verwertbares Vermögen vorliegt, einen Schlussbericht. Hierauf folgt ein Schlusstermin in dem für die Gläubiger die Möglichkeit besteht, sich zur Rechnungslegung des Insolvenzverwalters/Treuhänders zu äußern und Gründe vorzutragen, warum dem Schuldner keine Restschuldbefreiung erteilt werden sollte.

Versagungsgründe für die Restschuldbefreiung liegen vor, wenn

1. der Schuldner wegen einer Bankrottstraftat (§§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuches) rechtskräftig verurteilt worden ist.

2. der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag, vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden.

3. in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt oder nach nach § 296 oder § 297 InsO (Obliegenheitsverletzung) versagt worden ist.

4. der Schuldner im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeiträchtigt hat, dass er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat.

5. der Schuldner während des Insolvenzverfahrens Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nachd der Insolvenzordnung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.

6. der Schuldner in den Antragsformularen vorätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat.

Der Schlusstermin findet häufig 1 - 1,5 Jahre nach der Verfahrenseröffnung statt. Wird ein Versagungsantrag in dem Schlusstermin nicht gestellt, wird dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt und das eigentliche Insolvenzverfahren, das zur Feststellung der Forderungen und Verwertung des Vermögens dient beendet.

Die oben dargestellten Verpflichtungen des Schuldners sind dann bis zum Ablauf der 6 jährigen Wohlverhaltensphase einzuhalten.

Nach Abschluss der 6 Jahre spricht das Gericht dem Schuldner durch Beschluss die Restschuldbefreiung aus. Die Gläubiger haben zuvor aus den oben unter 1.-6. genannten Gründen nochmals Gelegenheit die Versagung der Restschuldbreiung zu beantragen.

Der Ausspruch der Restschuldbefreiung gilt gegenüber allen Gläubigern, die vor der Verfahrenseröffnung eine Forderung gegen den Schuldner hatten. Neue Verbindlichkeiten sind hiervon selbstverständlich nicht erfasst. Ferner sind von der Restschuldbefreiung Forderungen nicht erfasst, die auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners beruhen.

Vom Zeitpunkt des außergerichtlichen Einigungsversuchs bis zum Ablauf der Wohlverhaltensphase treten erfahrungsgemäß immer wieder Fragen auf, die den Umfang einer Kurzdarstellung sprengen würden. Hier gilt: Fragen Sie einen Anwalt.

Unwissenheit und falsche Informationen können den Weg zur Restschuldbefreiung verbauen.   

Rechtsanwalt Max Postulka, Bergheim, 01.06.2007

www.schuldennavigator.com


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