Schuldunfähigkeit bei Kindern (§ 19 StGB)

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Der mutmaßliche Mord an einer 12-jährigen durch ihre zwei minderjährigen Mitschülerinnen hat in Deutschland erneut die Diskussion darüber entfacht, ob man das Alter der Strafmündigkeit herabsetzen sollte. Doch was ist die Strafmündigkeit, wo sind ihre Grenzen und welche Folgen hat es, wenn man strafunmündig ist?

Die Strafmündigkeit bezieht sich auf das Alter, ab dem eine Person nach Ansicht des Gesetzgebers in der Lage ist, die Konsequenzen seiner Handlungen bewusst zu überblicken, so dass er wissentlich anderen Schaden zufügen kann. 

Strafmündigkeit ist somit die Fähigkeit strafrechtlich verantwortlich zu sein und belangt zu werden. Nach § 19 StGB ist eine Person, die zum Zeitpunkt der Tat das 14. Lebensjahr vollendet hat, schuldfähig und damit auch strafmündig. Der § 19 StGB bezieht sich auf die Schuldfähigkeit, die im Rahmen jeder Straftat berücksichtigt werden muss. Dabei handelt es sich bei dem § 19 StGB um einen Schuldausschließungsgrund ebenso wie die §§ 20, 21 StGB, die sich mit der Schuldunfähigkeit bei seelischen Störungen und der verminderten Schuldfähigkeit befassen. 

Bei der Strafmündigkeit handelt es sich also um eine positive Prozessvoraussetzung. Das heißt, dass ein Täter oder eine Täterin zum Zeitpunkt eines gegen sie durchgeführten Verfahrens, strafmündig sein muss. Liegt diese Strafmündigkeit nicht vor, handelt es sich um ein Prozesshindernis, sodass das Verfahren einzustellen ist.

Kinder unter 14 Jahren sind somit also nicht strafmündig und können auch nicht wegen einer Straftat belangt werden. Das heißt allerdings nicht, dass Täter*innen unter 14 Jahren keine Konsequenzen drohen. 

Bei straffälligen Kindern unter 14 Jahren ist in Deutschland das Jugendamt für die Unterstützung der Kinder und die Prävention weiterer Straftaten zuständig. 

Dem Jugendamt stehen dabei verschiedene Maßnahmen zur Verfügung. Zum einen gibt es die Erziehungsberatung nach § 28 SGB VIII, die der Unterstützung von Eltern und Kindern dient und bei der Klärung der Ursachen für das Verhalten sowie bei der Bewältigung dieser helfen soll.

Zum anderen besteht die Möglichkeit eines Erziehungsbeistandes nach § 30 SGB VIII oder der Sozialpädagogischen Familienhilfe nach § 31 SGB VIII, die die Familie bei der Bewältigung von Alltagsproblemen sowie der Lösung von Konflikten unterstützen soll.

Darüber hinaus können ambulante Hilfen nach § 27 SGB VIII iVm § 29 SGB VIII in Anspruch genommen werden, um die Entwicklung des Kindes positiv zu beeinflussen.

Des Weiteren können nach § 32 SGB VIII straffällige Kinder in Tagesgruppen untergebracht werden, in denen sie strukturierte Förderung und Betreuung erhalten.

Abschließend besteht zudem die Möglichkeit einer stationären Hilfe nach § 34 SGB VIII, bei der die Kinder vorübergehend oder dauerhaft in einer stationären Einrichtung, beispielsweise einem Heim oder einer psychiatrischen Klinik, untergebracht werden, soweit andere Maßnahmen nicht ausreichen. 

Die Inobhutnahme eines Kindes durch das Jugendamt ist ebenso gesetzlich geregelt und hängt von den individuellen Gegebenheiten des Einzelfalles ab. Es ist also falsch anzunehmen, dass straffällige Kinder konsequenzlos „davonkommen“ und „einfach so“ weiterleben können, wie es viele Laien aktuell behaupten. 

Vielmehr gibt es viele Möglichkeiten solche Kinder zu unterstützen und dabei den Grundsatz der Resozialisierung nicht außer Betracht zu lassen.  Auch wenn es sich um eine schwerwiegende Tat handelt, darf nicht vergessen werden, dass nicht die Vergeltung der Tat im Vordergrund steht, sondern vor allem der Erziehungsgedanke.

Foto(s): pixabay.com

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